In seinem wahrscheinlich letzten Formel-1-Rennen hat Daniel Ricciardo noch einmal für Aufsehen gesorgt. Nicht nur wurde er von den Fans zum Fahrer des Tages gewählt – obwohl er beim Rennen in Singapur auf Position 18 und damit als Letzter über die Ziellinie fuhr – er griff auch vom Ende des Fahrerfeldes in den WM-Kampf ein.
Denn der Racing-Bulls-Pilot holte sich kurz vor Schluss noch einmal frische Reifen und fuhr damit die schnellste Rennrunde. Dadurch entriss er dem Sieger, McLaren-Fahrer Lando Norris, den Extrapunkt für die schnellste Runde. Brisant daran: Norris kämpft derzeit mit Max Verstappen um den Titel. Und Verstappen fährt für Red Bull, dem Schwesterteam von Racing Bulls.
Viele im Fahrerlager witterten hier eine geheime Absprache. Auch Red Bull und Racing Bulls machten keinen Hehl daraus, dass sie einander mit dem Manöver geholfen haben.
"Wenn Max die WM mit einem Punkt holt, werde ich sicher ein schönes Weihnachtsgeschenk bekommen von ihm", sagte Ricciardo. Verstappen, der die Fahrerwertung mit 52 Punkten bei sechs noch ausstehenden Rennen vor Norris anführt, funkte noch im Auto in Richtung seines Helferleins: "Danke, Daniel."
Beim WM-Gegner McLaren ist man allerdings alles andere als happy über den Freundschaftsdienst im Red-Bull-Lager.
"Es ist aus sportlicher Sicht enttäuschend", sagte Geschäftsführer Zak Brown nach dem Rennen in Singapur gegenüber dem ORF. "Es sollte keine A- und B-Teams oder sportliche Zusammenarbeit auf der Strecke geben. Und genau das war es. Hoffentlich macht dieser Punkt am Ende nicht den Unterschied aus."
Auch Teamchef Andrea Stella sagte: "Wir müssen hart dafür arbeiten, dass es am Ende eben nicht um den einen Punkt geht." Der Hauptleidtragende Lando Norris nahm den umstrittenen Move der Racing-Bulls-Strategen wiederum gelassener: "So war es schon immer in der Formel 1. Hier gibt es nichts, worüber man sich beschweren kann. Es ist nur logisch, das so zu machen. Sie haben es klug gespielt und ich freue mich für Daniel."
Red Bulls Teamchef Christian Horner gab sich im Anschluss unwissend: "Er wollte das Rennen offenbar auf einem Höhepunkt beenden", sagte er zu Journalist:innen über Ricciardo. Es soll bereits feststehen, dass der Australier schon beim anstehenden Rennen in Austin in gut einem Monat sein Cockpit abgeben muss und der Neuseeländer Liam Lawson den Platz einnehmen wird.
"Es war mir klar, dass das mein womöglich letztes Rennen ist und ich habe deshalb versucht, es zu genießen", sagte der achtfache Rennsieger, dem es seit Jahren nicht gelingt, an seine frühere Form anzuknüpfen.
Bei den TV-Interviews nach dem Rennen war Ricciardo sichtlich berührt und kämpfte mit den Tränen. "Ich durchlebe gerade viele Emotionen. Denn mir ist bewusst, dass es das gewesen sein könnte", sagte Ricciardo.