Bei McLaren wird sich gern auf eine tropische Nutzpflanze berufen, um ihre Fahrer daran zu hindern, ineinander zu krachen. Die sogenannten "Papaya-Regeln" werden seit neuestem dann über Funk durchgegeben, wenn Lando Norris und Oscar Piastri um dieselbe Position kämpfen – im Sinne des Teams aber bitte aufeinander Rücksicht nehmen sollten.
Die Notwendigkeit der Regel ergibt sich aus dem besonderen Umstand, dass in der Formel 1 prinzipiell 20 Fahrer gegeneinander fahren, die allerdings trotzdem in Teams gegliedert sind. Das führt zu der Situation, dass die individuellen Interessen (der Gewinn der Fahrermeisterschaft) mitunter mit denen der Rennställe (der Gewinn der Konstrukteursmeisterschaft) kollidieren.
Die "Papaya-Regeln" bei McLaren sind eine direkte Folge aus dem Großen Preis von Ungarn, bei dem sich Lando Norris lange geweigert hat, seine Position wie von seinem Team angeordnet mit Oscar Piastri zu tauschen. Nach 25 Runden ging er dem dann außerordentlich widerwillig nach. Die "Papaya-Regel" erlaubt es also den Fahrern, gegeneinander zu fahren – allerdings fair.
Auch beim jüngsten Rennen in Monza wurde die Regel nach Belieben auf ihre Standfestigkeit hin abgeklopft. Schon in der ersten Runde setzte Piastri zu einem riskanten Überholmanöver gegen Norris an, das letzteren auf Position drei zurückgeworfen hatte. Letztlich blieb Piastri vor seinem Teamkollegen, auch als dieser keine Chance mehr auf den Sieg hatte.
Das Problem: Lando Norris befindet sich in der Tabelle mit 62 Punkten Rückstand hinter Max Verstappen auf dem zweiten Platz. Piastri ist nur auf Rang vier mit 106 Punkten Differenz. Möchte McLaren also Angriff auf Verstappen und Red Bull nehmen, hätte Lando Norris bessere Chancen. Und einen größeren Bedarf an Punkten.
Eine solche Order hält Mercedes-Teamchef Toto Wolff für wenig sinnvoll. "Wenn man die Positionen einfriert und Teamorder ausgibt, bekommt man vielleicht nicht, was die Renn-Seele will, aber die Vernunft muss sich durchsetzen", sagte Wolff in Richtung der McLaren-Chefs Zak Brown und Andrea Stella. "Am Ende will man nicht eine WM wegen drei oder fünf Punkten verlieren, die man leicht hätte holen können."
Mittlerweile sind aber auch bei McLaren Zweifel an der bestehenden Regelung aufgekommen.
"Wir müssen die Situation gemeinsam mit den Fahrern überprüfen, uns die Videos ansehen, ihren Standpunkt verstehen und dann gemeinsam beurteilen, ob sie die Regeln vollständig einhalten oder nicht", sagte Teamchef Stella nach dem Italien-GP. Er erklärt:
Die anhaltende Schwäche von Red Bull hat die Zielsetzung bei McLaren offenbar verändert. Lando Norris wird sich freuen.