Pressekonferenzen mit Thomas Tuchel sind immer ein Vergnügen. Wenn der deutsche Trainer von Paris Saint-Germain auf Französisch referiert, – er spricht die Fremdsprache fließend, aber mit deutschem Akzent – dann mag man meist gar nicht aufhören, zuzuhören.
Denn Thomas Tuchel hat es nicht leicht beim neureichen Edelklub. Die Kritiker und die französischen Sportgazetten spekulieren (mal wieder) fleißig über seinen Nachfolger. Und das, obwohl er PSG als amtierenden Ligue-1-Meister in der vergangenen Saison bis ins Finale der Champions League geführt hat. Obwohl er das Team nach einem Ligafehlstart mit zwei Pleiten in der jüngst begonnenen Spielzeit mittlerweile wieder auf Tabellenplatz eins geführt hat.
Doch das scheint alles egal zu sein. Tuchel muss weg, lautet der Tenor. Wenn es nach all den selbsternannten Experten und nach vielen Fans geht, müsste der Trainer mit PSG alles und jeden Gegner niederwalzen, hat er doch durch die katarische Investorengruppe Qatar Sports Investments (QSI) einen Geldhahn, den er nach Belieben aufdrehen kann, wenn es ihn nach neuen Stars und Erfolgen dürstet.
Auch nach dem Champions-League-Spiel gegen Underdog Basaksehir Istanbul brannte die PSG-Luft – trotz eines 2:0-Siegs gegen den türkischen Meister. Der Sieg einer ersatzgeschwächten Pariser Mannschaft – unter anderem sind Neymar, Verratti und Icardi verletzt – gegen Erdogans Lieblingsklub ist wie jeder Sieg drei Punkte wert. Dennoch gab es wieder Kritik: zu pomadig, zu uninspiriert, zu späte Tore (64. und 79. Minute) – zu wenig für die Großmachtsansprüche.
Auf der Pressekonferenz nach der Partie gegen Basaksehir holte Thomas Tuchel dann zum großen Rundumschlag aus, machte gegenüber den anwesenden Reportern seinem offensichtlichen Ärger über die maßlosen Erwartungen an ihn und sein Team Luft.
Tuchel verglich die aktuelle Leistung seines Teams auch mit Großklubs aus anderen europäischen Topligen, die Ende August noch gemeinsam mit PSG in Lissabon beim eng getakteten Finalturnier der Champions League in Lissabon dabei waren:
Es sei so, "dass alles, was mein Team macht, 'normal' sei – sogar, wenn sie 'nicht gut spielen'", schimpfte Tuchel. Und weiter: "Immer nur negativ, negativ, negativ – wir können uns nicht immer auf die negativen Kommentare fokussieren, es gibt auch Positives."
Es gebe im Spiel von Paris "Dinge, die wir verbessern müssen, und wir werden auch nie aufhören, das zu tun", gab der gebürtige Kulmbacher zu Protokoll. Aber immer, und dafür zog er seine Mund-Nasen-Maske kurz unter sein Kinn: "Mit einem Lächeln!"
Und so gab es vor lauter Wut und Enttäuschung doch noch ein versöhnliches Ende. Wie gesagt, Pressekonferenzen mit Thomas Tuchel sind immer ein Genuss.
(as)