Der Fall Shon Weissman: Wenn Fanproteste Transfers verhindern
In Düsseldorf haben Fan-Proteste den Transfer des israelischen Fußballers Shon Weissman verhindert. Dieser war zuvor durch Social-Media-Beiträge aufgefallen, die im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 entstanden waren. Medienberichten zufolge hatte Weissman sogar Beiträge mit "Gefällt mir" markiert, in denen zur Auslöschung Gazas aufgerufen wurde.
Die Fortuna kann einen Stürmer dieser fußballerischen Qualität durchaus gebrauchen. Allerdings brachte bereits das Gerücht seiner anstehenden Verpflichtung eine heftige Debatte über deren moralische Vertretbarkeit mit sich.
Die Verhandlungen mit dem israelischen Spieler waren sehr weit fortgeschritten. Die "Rheinische Post" vermeldete sogar, dass der Medizincheck erfolgreich bestanden worden sei. Trotzdem zog der Verein im letzten Moment die Reißleine und teilte der Öffentlichkeit über X Folgendes mit: "Wir haben uns intensiv mit Shon Weissman beschäftigt, uns aber final entschieden, von einer Verpflichtung abzusehen."
Fußball-Fans: Ohne Stimmrecht, aber mit Macht
Selbstverständlich tragen die Gremien des Vereins die Verantwortung für Spielertransfers und all die anderen Geschäfte unserer Profiklubs. Fans haben bei solchen Entscheidungen keine Stimme und in keinem Gremium eine Mehrheit.
Außerhalb der offiziellen Strukturen sieht das jedoch anders aus: Die Stimmung in der Kurve steuert die Entscheidungen in den Vorstandsetagen des deutschen Fußballs – nicht immer, aber in den letzten Jahren immer häufiger.
Deshalb fragen wir uns: Wie viel Macht haben die Fans? Ist diese Macht wichtig und gut? Sollte sie institutionalisiert werden? Oder wäre das Gegenteil zu empfehlen? Sollten die gewählten Vereinsgremien in den Entscheidungen zum Wohle des Vereins hart bleiben – und Fanproteste ignorieren?
Von DFL bis Qatar Airways: Wenn Proteste Wirkung zeigen
Das Spektrum des wirksamen Fanprotests ist breit. Der bislang größte Erfolg war die Verhinderung des Investoreneinstiegs bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) Ende Februar vergangenen Jahres.
Auch das Sponsoring von Qatar Airways beim FC Bayern war nach den Fanprotesten und dem Eklat auf der legendären Mitgliederversammlung am 25. November 2021 für die Klub-Bosse nicht mehr zu halten – und wurde wenig später beendet.
Der Fall Shon Weissman ist ein weiteres Beispiel auf einer langen Liste von Transfers, die wegen Fanprotesten nicht zustande gekommen sind. Bei der Verpflichtung von Spielern, die von lokalen Rivalen abgeworben werden und deshalb bei den eingefleischten Fans in Misskredit stehen, übergehen die Vereinsführungen den Fanprotest häufig.
Im Falle moralischer Verfehlungen der Spieler, die auf der Einkaufsliste stehen, ist das anders: Hier zeigen die Profiklubs kein Pardon – und neigen dazu, dem Fanprotest nachzugeben.
Auch die Rückkehr von Jérôme Boateng zu den Bayern war im Herbst 2023 gescheitert – obwohl er bereits ein Probetraining absolviert hatte und der damalige Trainer Thomas Tuchel ihn wegen bestehender Personalnot in der Defensive haben wollte.
Damals lief ein Verfahren wegen häuslicher Gewalt gegen den Spieler – was bei Fans zu Protesten führte und sehr wahrscheinlich einer Verpflichtung des einstigen Leistungsträgers und Weltmeisters entgegenstand.
Shon Wiessman: Reue zeigen geht anders
Shon Weissman zeigte im laufenden Verfahren öffentlich Reue – allerdings nur indirekt. Das Management des Spielers teilte im Laufe dieser Woche mit, dass der Spieler "die Likes und Kommentare aus tiefstem Herzen" bereue.
Aus meiner Sicht hätte er das selbst und in authentischer Form tun sollen. Schließlich gibt es auch Beispiele, in denen die Verpflichtung eines von Fanprotesten betroffenen Spielers trotz anfänglicher Kritik gelungen ist.
Im Juni 2025 bezog Benedict Hollerbach öffentlich Stellung zu früheren Social-Media-Aktivitäten, die ihm – so der Vorwurf – homophobe und sexistische Tendenzen unterstellten. Der Spieler, bei Teilen der Mainzer Fanszene deshalb in die Kritik geraten, äußerte sich klar: Er bedauere seine damaligen Likes und sei sich der Verantwortung bewusst, die mit seiner Rolle als Profifußballer einhergehe.