Wer sich im europäischen Fußball auskennt weiß, dass die allgemeine Gefahrenlage bei Spielen in Belgrad für Auswärtsfans angespannt ist. Teile der Fanszene sind kriminell und nationalistisch motiviert. Mitunter wird verlautbart, dass deren Geschäfte und Aktionen – zumindest im historischen Rückblick – von offiziellen Stellen gedeckt würden.
Es gilt sich also gut vorzubereiten, wenn man als Fan bei Auswärtsspielen seines Teams in diesem Hexenkessel dabei sein möchte. Für Viel- und Allesfahrer ist auch das ein lösbares Problem.
Es sei denn, man trifft im Gastgeberland auf Polizeieinheiten, die in ihrer Schutz- und Sicherheitsfunktion vollends überfordert sind. Dieses Pech hatten Fans des VfB Stuttgart, die sich ordnungsgemäß in den vom Verein vorgeschlagenen Routen mit Reisebussen auf den Weg in die serbische Hauptstadt gemacht hatten.
Während der Grenzkontrollen wurden Fans stichprobeartig auf Pyrotechnik und andere gefährliche Gegenstände kontrolliert. Im Grunde war die Aktion gut vorbereitet, denn der Verein lotste seine Fans – nach Absprache mit den serbischen Sicherheitsbehörden - an die beiden Grenzübergänge Batrovci (Kroatien - Serbien) und Horgos (Ungarn - Serbien). Gegenüber den Fans wurde klar kommuniziert, dass dort gründliche Sicherheitskontrollen vorgenommen würden.
Es war deshalb zu erwarten, dass über diesen Weg weder Gewalttäter noch gefährliche Gegenstände ins Land kommen würden.
Dieser Idee wollten sich die serbischen Sicherheitsbeamten nicht anschließen. Fans wurden schikaniert und gedemütigt. Einzelne VfB-Anhänger mussten sich komplett entkleiden. Nach Informationen der Plattform "Faszination Fankurve" hätten die Kontrollen teilweise unter Gewaltandrohung stattgefunden.
Die zuvor getroffene Absprachen wurden lediglich von Seiten des VfB eingehalten. Die Grenzpolizei fühlte sich nicht mehr daran gebunden. Aufgrund der nervenaufreibenden Schikane entschieden sich deshalb einige der Ultragruppen aus Stuttgart, die Heimreise anzutreten.
Die Strategie scheint klar: Ohne Auswärtsfans ist es für überforderte Sicherheitsorgane leichter, Ruhe und Ordnung im Stadion zu bewahren. Hierbei handelt es sich auf europäischer Ebene um ein altbekanntes Muster. Immer wieder werden Gästefans pauschal und aufgrund fadenscheiniger Gefahrenanalysen draußen gelassen, weshalb die betroffenen Teams auswärts ohne Support um Punkte und Titel kämpfen müssen.
Liebe UEFA: Das ist peinlich und als Wettbewerbsverzerrung höchst unsportlich.
Es gibt bereits zahlreiche Beispiele hierfür. Zum Spiel zwischen dem SSC Neapel und der Frankfurter Eintracht im März 2023 wurden vom damaligen italienischen Innenminister und – wie sich später herausstellte – Neapel-Fan Matteo Piantedosi Gästefans kollektiv mit einem Einreiseverbot belegt.
Das war unfair, unbegründet und dünnhäutig. Die Eintracht war zu dieser Zeit bekannt dafür, aus Auswärtsspielen dank ihrer Fans Heimspiele zu machen. Da schwang auf Seiten der Neapolitaner die Angst mit, dass man dann das Spiel deshalb nicht gewinnen kann.
Auch wenn die Voraussetzungen beim Spiel in Belgrad andere waren, so gilt es doch darüber zu diskutieren, wie wir Gefahrenlagen analysieren und realistisch einschätzen lernen, damit die daraufhin getroffenen Sicherheitsvorkehrungen nicht ausschließlich auf Kosten der Gäste geht.
Das Problem wurde im Nachgang zum berüchtigten Spiel von Eintracht Frankfurt in Neapel auch vom Präsidenten der UEFA erkannt. Aleksander Čeferin hatte damals nach Protesten angekündigt, die Regeln ändern zu wollen: Wer kein Spiel mit Gästefans durchführen kann, verliert sein Heimrecht.
Dann nehmen wir ihn mal beim Wort und erwarten Konsequenzen für den Fußball und die Sicherheitsorgane in Serbien. Aus sportlicher Sicht käme das nach der 1:5-Klatsche für den VfB Stuttgart zu spät, aber mit Blick auf die kommenden Spieltage im europäischen Fußball wäre so eine Maßnahme ein fruchtbares Zeichen.