In der englischen Premier League geht es in diesen Tagen in dem wahrscheinlich größten Sportgerichtsverfahren aller Zeiten um die Rettung der Glaubwürdigkeit des professionellen Fußballs. Manchester City steht wieder einmal in Verdacht, Gelddoping im ganz großen Stil zu betreiben.
Die Premier League hatte gegen den Club der Scheichs aus Abu Dhabi Anklage in sage und schreibe 115 Punkten erhoben. Mit Blick auf diese gigantische Liste schaut es so aus, als hätte sich der erfolgreichste Fußballverein der Liga gegen die Regeln des Financial Fairplay gestellt und seine vielen Titel quasi gekauft.
Der Imageschaden ist bereits jetzt riesengroß. Die Vorwürfe wirken erdrückend. Sollten sie sich bewahrheiten, müssen harte Strafen her. Ansonsten würde sich die Liga der Lächerlichkeit Preis geben. Brisant, denn mit Geld allein lässt sich die Sache diesmal nicht regeln.
Wir werden in den kommenden Monaten sicherlich über Sperren, Ausschluss aus den Wettbewerben und möglicherweise sogar über den Rausschmiss aus der Premier League und die Aberkennung von Titeln sprechen.
Zurecht, denn die Liste der Vorwürfe legt die Vermutung nahe, dass es den Skyblues herzlich egal ist, ob oder welche Regeln in der finanziellen Organisation von Fußballklubs gelten. Ansonsten hätten die Verantwortlichen spätestens, nachdem sie vor vier Jahren von der Uefa wegen massiver Verstöße gegen das Financial Fairplay verurteilt und für zwei Jahre aus der Champions League ausgeschlossen wurden, reagieren und ihren Kurs verändern müssen.
Damals zogen die Manager von Manchester City allerdings vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS, der das Uefa-Urteil einkassierte und damit deren System des Financial Fairplay der Lächerlichkeit Preis gab.
Die Macher des Geldklubs wanden sich rasch aus der Affäre, auch weil die damaligen Anschuldigungen von einer knapp bemessenen Verjährungsfrist betroffen waren.
Dieser doppelte Boden in Form eines erneuten Berufungsdeals mit der CAS ist diesmal nicht gegeben, denn die Premier League sieht diese Möglichkeit in ihren Statuten gar nicht vor. Deshalb wird in den kommenden zwei bis drei Monaten hinter verschlossenen Türen über die 151 Anklagepunkte gesprochen.
Wie auch immer die Konsequenzen ausfallen werden, die Verantwortlichen haben enorm viel zu tun und müssen prüfen, ob alle Vereine der Liga gleiche Rechte genießen.
Welchen Wert hat das Financial Fairplay im englischen Fußball? Wie verbindlich sind die Regeln beim Herstellen von Transparenz im Finanzsektor der Klubs? Wie viel verdienen Spieler und Trainer wirklich? Gibt es verdeckte Zahlungen? Wird alles korrekt versteuert? Sind die Nachhaltigkeitsregeln der Premier League ein zahnloser Papiertiger? Oder meint die Liga es mit ihren eigenen Regeln Ernst?
Wir erwarten Anfang nächsten Jahres ein Urteil in diesem ebenso spektakulären wie bedeutsamen Prozess. Es geht um viel: Fußball fasziniert uns Sportler nur solange, wie die Grundlagen des sportlichen Wettbewerbs gewahrt bleiben.
Chancengleichheit, transparente Regeln und Fair Play sind Werte, die dem Fußball als Unterhaltungsthema einen unverwechselbaren Rahmen geben. Sollte dieser Wertekanon beschädigt werden oder gar wegfallen, stürzt der Fußball als Medienthema in die flachen Sphären der Billigunterhaltung ab. Er wird austauschbar und durch andere Formen medialer Berieselung ersetzt.