Es waren absurde Bilder, die am Sonntagabend beim Pokalspiel in Chemnitz die Aufmerksamkeit vom Platz auf die Ränge zogen: Sowohl die Fans vom HSV als auch die Chemnitzer hatten aussagekräftige Banner und Plakate im Gepäck.
Die angereisten HSV-Fans hängten noch vor dem Anpfiff den Schriftzug "Bakery, no matter what, we got your back" auf. Sinngemäß übersetzt bedeutet das "Egal was passiert, wir stehen hinter dir". Mit diesem Banner solidarisierten sich die Hamburger Fans mit dem 2015 nach Deutschland geflüchteten Stürmer Bakery Jatta. Dieser muss sich aktuell einem Mediensturm samt Verfahren aussetzen, da an seiner Identität gezweifelt wird.
Auf der Seite der Chemnitzer Gastgeber dagegen waberten vor dem Anpfiff Plakate, auf denen die Rückennummer 11 zu sehen war, es wurden hellblaue Trikots hochgehalten und als die Stadionsprecherin die Mannschaftsaufstellung verlas, tönte zwölfmal "Frahn – Fußballgott" von den Rängen. Auch hier solidarisierten sich die Fans – allerdings in eine vollkommen andere Richtung.
Denn die Fans des Chemnitzer FC protestierten mit der Choreo gegen den Rausschmiss des Kapitäns Daniel Frahn, der am vergangenen Montag vom Verein fristlos entlassen wurde.
Der Grund: Zum wiederholten Male zeigte Frahn seine Nähe zu rechtsradikalen Fans. Furore schlug der 32-jährige bereits im März, als er beim Gedenkspiel für den verstorbenen Hool und Neonazi Thomas Haller sein Tor mit dem, aus der rechten Szene bekannten, Schriftzug "Support your local Hools" bejubelte.
Es folgte eine Stellungnahme des Stürmers, in der er sich von der rechten Szene distanzierte, sowie eine Geldstrafe.
Beim Spiel gegen Halle Anfang August, brachte Frahn dann die angespannte Lage zum Explodieren: Der verletzte Stürmer musste das Geschehen von der Tribüne aus beobachten und wählte den Platz zwischen bekannten Mitgliedern der rechten Szene. Er soll auch mit ihnen zusammen angereist sein, berichtet der "Spiegel".
Bei Frahns Kontaktpersonen handele es sich wohl um die Mitglieder zweier Gruppen: die "NS Boys", die sich zwar offiziell aufgelöst haben, aber weiter existieren, und "Kaotic Chemnitz", so der "Spiegel".
Die Entlassung des nun ehemaligen Kapitäns und Top-Torschützen erhitzt die Gemüter der Chemnitz-Anhänger immens. Schon vor dem Spiel gegen Hamburg liefen einige Tausende Fans zum Protestmarsch auf – entgegen der Erwartungen blieb die Demonstration allerdings weitestgehend friedlich. So blieb die Lage auch nach dem brisanten Spiel, welches die Hamburger nach einem 2:2 per Elfmeterschießen gewannen, ruhig.
Auch der Verein lässt sich von den Protesten bislang nicht irritieren und findet zu Frahns Entlassung klare Worte. Worte, die vielleicht nach dem Vorfall im März schon fällig gewesen wären:
(kre)