"System, das Egoisten macht" – Lahm teilt gegen DFB, Löw und junge Spieler aus
Das hat gesessen. Philipp Lahm, Ex-Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hat beim sozialen Netzwerk LinkedIn gegen Bundestrainer Joachim Löw ausgeteilt.
Seine Hauptkritikpunkte: Wie der DFB die neue Spielergeneration ausbildet und Löw mit dieser umgeht. Wir haben die wichtigsten Passagen von Lahm herausgesucht:
Das sagte Lahm:
Zur Schwierigkeit einer Titelverteidigung
Zur Generation der älteren Fußballer
Ein wesentlicher Grundstein dieser familiären Prägung ist für mich der Blick fürs Ganze: für die Familie, aber auch für die jeweilige Mannschaft, deren Teil du bist."
Zur neuen Generation Fußballer
Auch die verschiedenen Herkünfte ihrer Familien und deren kulturelle Prägungen mögen eine gewisse Rolle spielen, aber für wichtiger halte ich das Ausbildungssystem, das den jungen Sportler fast zwangsläufig zum Egoisten macht.
Der Blick für das Ganze, die Verantwortung des Einzelnen für die Mannschaft tritt als Leistungsmotiv in den Hintergrund."
Zu Miroslav Klose:
Dass ein 23-jähriger Debütant einmal zum Rekordtorschützen der deutschen Nationalmannschaft aufsteigt, ist eine unwahrscheinliche Erfolgsgeschichte. Sie wirkt wie aus der Zeit gefallen."
Zu den Erdogan-Fotos:
Diese klare Ansprache hätte es zum Beispiel gebraucht, als die Affäre um Mesut Özil und İlkay Gündoğan um das gemeinsame Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hochgekocht ist. Özil (und anfangs auch Gündoğan) sahen keine Notwendigkeit, sich öffentlich zu äußern und zu erklären. Diese Notwendigkeit hätte man ihnen schnell und nachhaltig vermitteln müssen, um nach außen – und nach innen – Identität zu stiften."
Zu Löws Führungsstil:
Ich bin überzeugt davon, dass Jogi Löw seinen kollegialen Führungsstil der letzten Jahre ändern muss, wenn er mit der neuen Generation von Nationalspielern wieder Erfolg haben möchte.
Er muss Individualisten klar machen, dass sie Verantwortung für die gesamte Mannschaft tragen. Er muss eine Kultur strafferer, klarerer Entscheidungen etablieren als er selbst das gewohnt war."
Trotz der ganzen Kritik sieht Lahm aber kein Ende der Löw-Ära: Er hatte zuletzt in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" betont, dass er einen Neustart mit Löw und Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff auf Grundlage einer ehrlichen Analyse für möglich halte.
Titelverteidiger Deutschland war bei der WM bereits in der Vorrunde ausgeschieden, Löw kündigte anschließend an, seinen bis 2022 laufenden Vertrag erfüllen zu wollen. Schon vor den Aussagen Lahms wird erwartet, dass der Bundestrainer das Gesicht der Mannschaft stark verändern wird.
(bn/sid)