Es galt bereits als logische Konsequenz, am Montag hat Bundestrainer Julian Nagelsmann nun Tatsachen geschaffen. Joshua Kimmich beerbt den aus der Nationalmannschaft zurückgetretenen İlkay Gündoğan als Kapitän, und Marc-André ter Stegen ersetzt den ebenfalls DFB-pensionierten Manuel Neuer.
"Josh war einer der drei Kapitäne bei der EM, daher ist es logisch, dass er Kandidat Nummer eins war und ist für die Nachfolge von İlkay Gündoğan", sagte Nagelsmann auf einer Pressekonferenz in Herzogenaurach. In der Art und Weise, wie er den Job ausfüllt, sei er "ein Vorbild für die gesamte Gruppe".
Bereits im Vorfeld waren die meisten von einer Beförderung Kimmichs ausgegangen. Der Bayern-Profi ist nach den Rücktritten der vier Rio-Weltmeister um İlkay Gündoğan, Manuel Neuer, Toni Kroos und Thomas Müller mit 91 Länderspielen der erfahrenste Spieler der Nationalmannschaft.
Er selbst verwies am Sonntagabend bereits darauf, dass er bereits bei der zurückliegenden Europameisterschaft Gündoğans Stellvertreter gewesen sei – und der habe ja nun aufgehört.
Auch für Lothar Matthäus ist Joshua Kimmich "die logische und richtige Wahl", wie er in seiner Sky-Kolumne schreibt. "Sein Standing, seine Leistung und seine Erfahrung sprechen für sich. Er legt auch verbal mal den Finger in die Wunde und das darf er jetzt als Kapitän erst recht." Als dessen Stellvertreter wurden Antonio Rüdiger und Kai Havertz festgelegt. Auch das sei für Matthäus "völlig in Ordnung".
Allerdings äußert der frühere DFB-Kapitän auch Kritik an der Entscheidung von Julian Nagelsmann. Denn mit der neuen Hierarchie ist auch ein neuer Mannschaftsrat gebildet worden, der sich aus Jonathan Tah, Pascal Groß, Niclas Füllkrug und Marc-André ter Stegen zusammensetzt.
Ihm falle auf, schreib Matthäus, "dass kein richtig junger Spieler mit mehr Verantwortung ausgestattet wurde". Wie etwa Jamal Musiala. "Ein Spieler dieser Generation spricht eine andere Sprache als die knapp Dreißigjährigen."
Eine solche Berufung wäre auch mit Blick auf die Zukunft "eine sehr wertvolle Erfahrung" gewesen, schreibt der 63-Jährige weiter, Musiala "hätte Themen aus den Sitzungen in den Kreis der Jüngeren getragen". Das finde er "etwas schade", ansonsten könne er die Wahl aber "grundsätzlich nachvollziehen".
Nagelsmann sieht sich nun mit der Aufgabe konfrontiert, einen erneuten Umbruch zu moderieren. In Abwesenheit von Spielern wie Thomas Müller muss sich auch intern ein neues Gefüge bilden. Mit seinem 710. Spiel ist er am Wochenende zum Bayern-Rekordspieler avanciert. Dass Müller noch dazu wieder seine Leistung bringt, hat für Lothar Matthäus vor allem mit dem Trainer zu tun.
"Müller hatte nur ein Problem und das war Thomas Tuchel und sein Satz, dass das 'Kein Thomas-Müller-Spiel' sei", schreibt der Sky-Experte. "Entweder Kompany hat das von alleine mitbekommen oder man hat ihm gesagt, dass er sowohl Thomas als auch alle andere besser mitnehmen muss, wenn die generelle Stimmung wieder gut werden soll."
Matthäus zufolge habe eben jene Stimmung in den vergangenen Jahren "gelitten". Der ehemalige Sportvorstand Oliver Kahn sowie Tuchel "waren einfach nicht die Menschenfänger, die es bei Bayern braucht, damit 'Mia-san-Mia' gelebt wird und nicht nur auf dem Trikot steht". Sowohl den Mitarbeitern als auch den Spielern mache der Tag an der Säbener Straße "jetzt wieder mehr Freude als noch vor kurzem".