Die deutsche Nationalmannschaft blickt auf eines ihrer schwierigsten Länderspieljahre in der langen Geschichte des DFB zurück. Unter Hansi Flick gab es in sechs Partien lediglich einen Sieg, der Trainer musste daher gehen. Unter Interimslösung Rudi Völler gab es prompt wieder einen Erfolg, gegen Frankreich setzte sich die DFB-Elf mit 2:1 durch.
An diesen zarten Aufschwung schien die Mannschaft unter Neu-Bundestrainer Julian Nagelsmann zunächst anknüpfen zu können. Im ersten Spiel unter dem 36-Jährigen setzte sich die Nationalmannschaft gegen die USA durch, es folgte ein Remis gegen Mexiko. Im November setzte es dann aber den doppelten Rückschlag: erst die Heimpleite gegen die Türkei (2:3), dann die Niederlage in Österreich (0:2).
Am Ende dieses enttäuschenden Jahres 2023 stehen satte sechs Niederlagen in elf Partien, gerade dreimal ging die DFB-Elf als Sieger vom Feld. Es sind denkbar ungünstige Voraussetzungen vor einem großen Turnier, erst recht wenn dieses im eigenen Land stattfindet.
Am 14. Juni wird die deutsche Nationalmannschaft die Heim-EM in München eröffnen, es wird dann gegen Schottland gehen. In den vier verbleibenden Vorbereitungsspielen, die das DFB-Team aller Voraussicht nach im März sowie Juni bestreiten wird, muss sich einiges tun. Gerade der Bundestrainer ist hier gefragt.
Laut Sky-Experte Didi Hamann werden speziell die Partien im März einen richtungsweisenden Charakter haben. "Wenn die schiefgehen, dann wird Julian Nagelsmann bei der Europameisterschaft kein Trainer sein. Das geht gar nicht, das können wir uns gar nicht erlauben", legte er sich bei "Sky90 – die Fußballdebatte" fest.
Der frühere Nationalspieler ärgerte sich dabei über die Experimente, die Nagelsmann gegen die Türkei und in Österreich gewagt hatte. "Egal, was er macht, es funktioniert nichts. Er weiß jetzt genauso viel, wenn nicht sogar weniger als vor den vier Spielen", schimpfte Hamann.
Ein Kernproblem sei demnach die fehlende Stabilität in der Defensive. 2023 ist die deutsche Nationalmannschaft lediglich ein einziges Mal ohne Gegentreffer geblieben, unter Nagelsmann sind es im Schnitt genau zwei pro Partie.
Gegen Österreich hat der 50-Jährige neben Mats Hummels, Antonio Rüdiger sowie Jonathan Tah weitere Defensivspieler vermisst: "Wie willst du da irgendeine Stabilität oder Kontrolle in dein Spiel bringen? Da brauchst du kein Kernphysiker zu sein."
Mehr Verständnis für die Defensivarbeit wünscht sich Hamann aber nicht nur in der Viererkette sowie auf der Trainerbank, sondern auch im zentralen Mittelfeld. Dort brauche es einen echten Sechser, der fürs Grobe verantwortlich ist. Der Ex-Profi nennt dabei mit Stuttgarts Angelo Stiller, Hoffenheims Grischa Prömel sowie Leverkusens Robert Andrich drei Kandidaten.
Letztlich sei für Nagelsmann entscheidend, sich nicht von der großen Klasse der vielen begnadeten Künstler zu einer zu offensiven Aufstellung verleiten zu lassen. "Du kannst nicht eine Mannschaft um deine Offensive herumbauen", mahnte Hamann eindringlich: "Die elf besten Spieler machen nie die beste Mannschaft."