Mit seinem überraschenden Winter-Wechsel zum VfL Wolfsburg hatte Max Kruse Anfang des Jahres Fußball-Romantikern einmal mehr die eigene Naivität vor Augen geführt: Anstatt mit Union Berlin eine außergewöhnliche Saison zu vergolden, wählte Kruse den Weg des Geldes und spielte in der Rückrunde stattdessen mit Wolfsburg gegen den Abstieg.
Der VfL hat sich den Heilsbringer viel kosten lassen. Fünf Millionen Euro Ablöse zahlte der Werksklub für den damals schon 33-Jährigen, dazu ein Jahresgehalt von 3,6 Millionen Euro. Mit Erfolg: Am Ende stand Wolfsburg ganze neun Zähler vor dem Relegationsrang und Kruse hatte mit sieben Toren einen erheblichen Anteil daran.
In der aktuellen Saison läuft es nun gar nicht für Kruse: Nach einem lausigen Saisonstart (zwei Unentschieden, drei Niederlagen) stand der VfL letzte Woche schon wieder auf einem Abstiegsplatz. Trainer Niko Kovac, der es zunächst offenbar ehrlich mit dem trainingsfaulen Ex-Nationalspieler versuchen wollte, zog am Wochenende die Reißleine und schmiss Kruse entgültig aus dem Kader.
"Wir verlangen von jedem Spieler eine hundertprozentige Identifikation und Konzentration mit Fokus auf den VfL. Das Gefühl hatten wir bei Max nicht", erklärte Kovac die Entscheidung gegenüber Sky. Sie war wohl mit Geschäftsführer Jörg Schmadtke abgesprochen. "Der Einfluss von Max [war] nicht mehr gewollt und nicht förderlich", bestätige Schmadtke dem "Kicker".
Ohne Kruse holte Wolfsburg am Samstag in Frankfurt direkt den ersten Saisonsieg (1:0) und verließ die Abstiegsränge. Max Kruse befand sich derweil schon wieder in Berlin.
Gemeinsam mit seiner Frau "frühstückte" er am Samstagnachmittag in der Hauptstadt. Am Sonntag kommentierte er via Instagram erstmals seine Suspendierung: "Das kam [...] nicht nur für mich überraschend, sondern wahrscheinlich auch für viele von euch", erklärte er seinen Fans.
"Ich respektiere die Meinung des Trainers", nahm er die Suspendierung hin. Den Vorwurf der mangelhaften Einstellung wollte er jedoch nicht auf sich sitzen lassen. "Ich glaube, [ich habe] in den letzten zehn, zwölf Jahren in denen ich Profi-Fußball spiele – wenn ich auf dem Platz stand – immer alles für den Verein gegeben, für den ich gespielt habe. Und das wird auch weiterhin so sein", kündigte er an.
Viele hatten schon spekuliert, es sei das Ende von Kruses Bundesliga-Karriere. Denen machte er jedoch eine deutliche Ansage: "Ich glaube, ich entscheide selbst, wann meine Zeit in der Bundesliga vorbei ist. Das entscheidet niemand anders für mich."
Exakt zehn Tage nach Schließen des Transferfensters in Deutschland kommt der Rausschmiss jedoch zum scheinbar ungünstigsten Zeitpunkt. Vor dem Winter wird sich Kruse in der Bundesliga keinen anderen Arbeitgeber suchen können.
Geschäftsführer Schmadtke kündigte im "Kicker" jedoch an, ohnehin keine Transfererlöse mit Kruse erzielen zu wollen. "Wir werden das regeln, aber nicht auf dem Marktplatz", deutete er eine einvernehmliche Vertragsauflösung an. Diese wird wohl mit einer stattlichen Abfindung einhergehen.
Der VfL Wolfsburg könnte dadurch Ruhe in die Mannschaft bringen und gleichzeitig einen Teil seines Gehalts sparen. Kruse auf der anderen Seite wäre im Winter ablösefrei zu haben und hätte seinerseits wohl wieder reichlich Optionen in der Bundesliga.
So gab sich beispielsweise Union Berlins Geschäftsführer Oliver Ruhnert im ZDF-"Sportstudio" verständnisvoll: Wenn man sich bewusst sei, dass es sich um einen eigenwilligen Spieler handelt, dann glaube Ruhnert schon, "dass man Max Kruse hinbekommen" und in die Mannschaft integrieren könne. Sollte der Zehner im Winter tatsächlich ablösefrei sein, werden ihn die Eisernen wohl zumindest zu Sondierungsgesprächen einladen.
(kpk)