Der Investorendeal wurde von der DFL-Spitze am Mittwoch zum zweiten Mal seit Mai vergangenen Jahres begraben. Vor acht Monaten fehlten vier Stimmen und am Mittwoch waren es die nachhaltig wirkenden Fanproteste, die keinen anderen Weg zuließen. Das Thema ist erstmal vom Tisch und der Deutsche Fußball ist um die Erfahrung reicher, dass seine Stärke keinesfalls in seiner Führung, sondern in der Gemeinschaft und einer daraus hervorgehenden glasklaren Haltung liegt.
Spätestens jetzt wissen wir, dass jeder, der Verantwortung für den Profifußball in Deutschland übernimmt, davon ausgehen muss, dass die Fanszenen des Landes, aber auch die Mehrheit die Mitglieder der Fußballvereine keine Investoren in der DFL wollen. Möglicherweise lehnen sie die Überkommerzialisierung und den Einfluss, den die Geschäftemacher auf die Gestaltung des Wettbewerbs und des Spiels haben, ganz grundsätzlich ab.
Diese Einsicht ist seit Langem bekannt, aber die DFL-Spitze konnte aus den Fanprotesten der zurückliegenden Jahre, die während der Pandemie sogar zu einer massiven Abwendung der Fans und Zuschauer führten, nicht wirklich etwas Zählbares lernen. Das tut nun weh.
Die DFL hat in mehrerlei Hinsicht Schaden genommen. Das Vertrauen gegenüber den Fans und Vereinsmitgliedern ist zerrüttet. Sponsoren müssen sich künftig vergewissern, ob die DFL und manche Klubvertreter tatsächlich noch für die Massen stehen, die an den Wochenenden ins Stadion gehen und die Fernseher einschalten. Und potenzielle Partner der Bundesliga wissen – mit Blick auf die Analyse des Protests – dass ihre ersten Ansprechpartner in der Kurve stehen und nicht im Maßanzug am Verhandlungstisch in der Frankfurter DFL-Zentrale sitzen.
Die aktiven Fanszenen haben die Massen mobilisiert und mit Zustimmungswerten von über 75 Prozent beeindruckende Mehrheiten hinter sich versammelt. Die DFL-Spitze ist gescheitert und braucht eine tragfähige Vision und Konzeption zur Zukunft des Profifußballs in Deutschland.
Wer kann da helfen? Die vor dreieinhalb Jahren eingerichtete Taskforce Profifußball war eine ausgezeichnete PR-Idee. Mehr nicht.
Der Weg in die Zukunft des Profifußballs in Deutschland geht nur über die Gemeinschaft derer, die den Fußball lieben und ihn tagtäglich mit ihrem Interesse und ihren Bedeutungsaufladungen wertvoller machen. Die Mitglieder in den Vereinen, die Fans in den Stadien und vor den Fernsehern, die Amateurfußballer und Kinder, sowie deren Eltern und Freunde sind als Kollektiv weitaus wichtiger als die Profitinteressen einzelner Akteure in diesem riesengroßen System.
Ich weiß, das ist eine unbequeme Wahrheit für all diejenigen, die im Fußball das große Geld machen wollen. Gute Geschäfte lassen sich zukünftig dann machen, wenn es gelingt, die Basis für die dahinterstehenden Ideen zu gewinnen.
Wenn die DFL-Spitze bereit und in der Lage dazu ist, das Momentum der gesellschaftlichen Teilhabe als Kern ihres Geschäftsmodells begreifen zu wollen, dann hat die Zukunft des Profifußballs eine wirkliche Chance. Dieser Sport ist nicht vom Himmel gefallen. Fußball ist historisch gewachsen, hat Werte verinnerlicht und hervorgebracht. Wir wissen mit Blick auf die zurückliegenden Wochen, dass Fans und Fußballer an der Basis diese Werte nicht an Investoren verkaufen wollen. Das ist bedauerlich für die, die mit solchen Deals ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Für die große Mehrheit der Fußballliebhaber in diesem Land ist das einfach nur ein gutes Gefühl. Der Teilerfolg sei allen Tennisballwerfern in diesem Land, sowie deren Sympathisanten und Unterstützern, von Herzen gegönnt. Und spätestens ab heute Abend beginnt die nächste Runde in dem großen Spiel: Welchen Fußball wollen wir?