"Scheiße", dachte Florian Kohfeldt, als Marvin Ducksch sich in der 94. Minute den Ball zum Freistoß hingelegt hatte. Seine Hereingabe verwertete Anthony Jung zum 1:0-Sieg für Werder Bremen über Darmstadt 98 im DFB-Pokal-Achtelfinale. Damit vermieste er Kohfeldt die Rückkehr an seine ehemalige Wirkungsstätte.
Groll hegte der 42-Jährige jedoch überhaupt nicht. Viel mehr attestierte er seiner Mannschaft ein "heraustragendes Spiel" gegen seinen langjährigen Arbeitgeber und Nach-Nachfolger Ole Werner.
Von 2017 bis 2021 hatte Kohfeldt in 142 Spielen in Bremen an der Seitenlinie gestanden. Nach einem starken Beginn, der eine Auszeichnung zum Trainer des Jahres beinhaltet hatte, mündete seine Amtszeit im zweiten Abstieg der Vereinsgeschichte.
Die Rückkehr war für ihn "sehr emotional". Er wurde von den Werder-Fans mit Applaus empfangen, konnte sich nach dem Spiel jedoch einen kleinen Seitenhieb in Richtung Umfeld des Klubs nicht verkneifen.
Denn Kohfeldt wurde natürlich auch auf die aktuelle Entwicklung beim Tabellenzwölften der Bundesliga unter Ole Werner angesprochen. Dazu hatte sich bereits Nationalspieler Niclas Füllkrug vor einer Woche geäußert. "Es gibt keinen Werder-Spieler, der unter ihm nicht besser geworden ist. Das ist verrückt", sagte er dem "Kicker".
Kohfeldt, der fast 25 Jahre in Bremen in verschiedenen Funktionen tätig war, wollte in diese Lobeshymnen nicht mit einstimmen. "Als ich auf seinem Platz saß, war das, worüber ich mich am meisten aufgeregt habe, wenn irgendwelche Leute von außen, die mal irgendwann hier waren, öffentlich ihren Senf dazugegeben haben", sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Daher folgte ein Ratschlag an seinen Trainerkollegen: "In Ruhe weiterarbeiten, all die Energie reinstecken und mehr habe ich dazu nicht zu sagen." Mit einem Lächeln wandte er sich Richtung Werner und sagte: "Ich hoffe, das ist in deinem Sinn." Von Ole Werner gab es dazu ein kurzes und zustimmendes "zu 100 Prozent".
Fast genauso einig waren sich die beiden in der strittigsten Szene des Spiels: Darmstadts Isac Lidberg war von Bremens Torhüter Michael Zetterer außerhalb des Strafraums heftig von den Beinen geholt worden. Schnell wurden Vergleiche zur Aktion von Manuel Neuer im Spiel gegen Bayer Leverkusen gezogen, doch Schiedsrichter Martin Petersen zeigte nur die Gelbe Karte.
Die Entscheidung des Unparteiischen konnte Ole Werner nachvollziehen. "Ich glaube, dass noch zwei Spieler tiefer stehen als Zetterer und dass der Ball vom Tor weg geht, deshalb kann man Gelb geben." Mit dem Verhalten seines Torhüters war er hingegen nicht zufrieden. "Trotzdem eine unnötige Situation. Ich glaube nicht, dass er da rauskommen muss."
Florian Kohfeldt stimmte der Einschätzung seines Trainerkollegen zu, gab aber zu Bedenken: "Trotzdem hat Isac eine freie Schussbahn aufs Tor und man muss vielleicht auch über die Höhe des Kontaktes reden, wo er ihn trifft."
Das spielt für Peter Sippel, sportlicher Leiter der Bundesliga-Schiris, jedoch weniger eine Rolle. "Er legte sich den Ball in Richtung Seitenauslinie vor, als er vom Bremer Torwart Michael Zetterer gefoult wurde. Der Torabschluss stand nicht unmittelbar bevor, somit wurde noch keine offensichtliche Torchance verhindert", sagte er dem "Kicker".