Drei Treffer von Serge Gnabry, drei Scorerpunkte von Neuzugang Leroy Sané, ein Volleytor von Thomas Müller.
Bei so viel Spektakel der Bayern-Superstars verkam das erste (und ebenfalls äußerst sehenswerte) Bundesligator von Jamal Musiala zum 8:0-Endstand gegen den FC Schalke 04 am späten Freitagabend fast zur Randnotiz.
Eingesetzt von Robert Lewandowski zog der 17-Jährige bei einem Konter von der linken Seite mit schnellen Schritten nach innen und traf mit einem Flachschuss ins untere linke Eck.
Musiala brach bei seinem erst zweiten Einsatz sogar einen Rekord, er löste Roque Santa Cruz als jüngsten Pflichtspiel-Torschützen des FC Bayern München ab. Seit seinem Debüt am 33. Spieltag der vergangenen Saison ist Musiala außerdem bereits jüngster Bayern-Debütant aller Zeiten, stieß damit unter anderem David Alaba und Toni Kroos einen Platz in dieser Rangliste nach unten, die ebenfalls mit 17 Jahren debütierten, aber ein paar Tage älter waren.
Zwei Einsätze (19 Minuten), zwei Rekorde. Der 17-Jährige offensive Mittelfeldspieler ist ein großes Versprechen für die Zukunft.
"Er ist ein ausgezeichneter Fußballspieler", sagte FCB-Trainer Hansi Flick über den Youngster nach dem Abpfiff. "Wir werden versuchen, ihn behutsam dahin zu führen, dass er noch besser wird und uns noch mehr helfen kann. Aber das ist ein weiter Weg", ergänzte Flick, der außerdem dem DFB empfahl, um Musiala zu werben. "Ich würde mich auf jeden Fall um ihn bemühen. Aber das ist seine Entscheidung, er hat da auch klare Vorstellungen", sagte der Coach.
Musiala, 2002 als Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers in Stuttgart geboren, aufgewachsen in Fulda, zog, als er sieben war, mit seiner Familie nach England. Er spielte dort in den Jugendmannschaften des FC Southampton (2010-2011) und FC Chelsea (2011-2019). Er hat einen englischen und einen deutschen Pass, nach zwei Länderspielen für die deutsche U16-Nationalelf wechselte er zurück zum englischen Verband, wo er zuletzt für die U17 spielte.
Im vergangenen Sommer ging Musiala zurück nach Deutschland. Gemeinsam mit dem ebenfalls 17-jährigen Verteidiger Bright Akwo Arrey-Mbi wechselte er aus der Jugendabteilung des FC Chelsea an die Säbener Straße.
Der "Welt" erklärte Hansi Flick im Sommer dieses Jahres, warum er auf den jungen Mann setzen will, der eigentlich noch in der Jugend spielen könnte: "Er ist technisch sehr gut und entwickelt Dynamik, wenn er im Ballbesitz ist." Flick ist froh, "dass wir solche Qualität haben."
Sein ehemaliger Trainer aus Bayerns Drittliga-Reserve, Sebastian Hoeneß, schwärmte damals, ebenfalls in der "Welt", in noch höheren Tönen von Musiala: "Der Junge ist eiskalt. Wenn man vor dem Spiel mit ihm spricht, wirkt er fokussiert, ruhig und zurückhaltend. Aber wenn er auf den Platz kommt, explodiert er förmlich", sagte Hoeneß, der seit dieser Saison Trainer der TSG Hoffenheim ist. In der 3. Liga durfte Musiala in der vergangenen Saison achtmal spielen (244 Minuten), erzielte dabei zwei Tore.
"Er ist clever, schnell, technisch stark und kann auf der Zehn aber auch auf der Neun spielen", sagte im vergangenen Sommer Bradley Hudson-Odoi im Gespräch mit "Sport 1" über Musiala. Der Bruder von Chelsea-Profi Callum Hudson-Odoi war damals an der Vermittlung seines Transfers aus London zum FC Bayern beteiligt.
Seit Ende des Jahres 2019 vertritt eine renommierte Münchener Anwaltskanzlei das 17-jährige Talent. Es ist die gleiche Kanzlei, die auch den ehemaligen Bayern-Star Mehmet Scholl während und nach seiner Karriere begleitete. Und auch auf dem Platz gibt es Parallelen zwischen den beiden Edeltechnikern: Offensives Mittelfeld, Schnelligkeit, Dribblings; dazu ein schlanker Körperbau, mit dem er durch gegnerische Abwehrreihen gleiten kann, und ein kraftvoller Schuss. Manche Experten fühlten sich bei Jamal Musialas leichtfüßiger, raffinierter Spielweise und seinen physischen Voraussetzungen nach seinem Bundesliga-Debüt vergangene Saison schon an den jungen Mehmet Scholl erinnert.
Der heute 49-jährige Ex-Nationalspieler wechselte 1992 vom Karlsruher SC zu Bayern München und erreichte dort Legendenstatus. 2007 beendete er nach 15 Jahren beim Rekordmeister seine Karriere. Für Musiala fängt die Karriere gerade erst an. Bis zum Legendenstatus eines Mehmet Scholls ist es noch ein weiter Weg.
Doch möglicherweise werden für ihn auf diesem Weg schon diese Saison weitere Schritte in Form von Einsätzen hinzukommen. Die Spielzeit wird coronabedingt kurz und knackig, der FCB spielt in drei Wettbewerben, möglich sind bis zu 57 Pflichtspiele binnen 260 Tagen.
Bayern-Vorstand Oliver Kahn betonte am Freitagabend nach dem Auftaktspiel, dass die hohe Belastung durch den engen Spielplan auch in Transfer-Überlegungen eine Rolle spielt: "Natürlich machen wir uns Gedanken", sagte Kahn im ZDF, "es sind unglaublich viele Spiele, die auf uns zukommen. Wir werden in aller Ruhe weitere Überlegungen anstellen, wir sind ständig im Austausch mit Hansi Flick."
Allerdings seien Einkäufe vielleicht gar nicht nötig, betonte Kahn vielsagend: "Man muss aber nicht immer gleich von Neuverpflichtungen reden, sondern schauen, was wir selbst noch in der Hinterhand haben."
(as)