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Tom Brady bis Ronaldo: Experte erklärt Geheimnis der ewig jungen Ü30-Stars

Gut gealtert: Tom Brady, Cristiano Ronaldo und LeBron James (v.l.n.r.).
Gut gealtert: Tom Brady, Cristiano Ronaldo und LeBron James (v.l.n.r.).Bild: imago images / ZUMA Press / ULMER Pressebildagentur / UPI Photo / Unsplash
Interview

Ronaldo bis Tom Brady: Experte erklärt Geheimnis der ewig jungen Ü30-Stars

20.01.2020, 10:3420.01.2020, 11:30
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Er will einfach nicht aufhören. Tom Brady wird in dieser NFL-Saison zwar nicht den Super Bowl gewinnen, doch ans Karriereende denkt der mittlerweile 42 Jahre alte Quarterback noch lange nicht. Auf Instagram verkündete der Football-Superstar: "Ich habe noch etwas zu beweisen." Und niemand zweifelt daran, dass der Oldie auch weiterhin zu den besten Quarterbacks der Welt gehören wird.

Brady ist nicht alleine: LeBron James, 35 Jahre alt, legt mit den Los Angeles Lakers gerade den besten Saisonstart seiner Karriere hin, und Cristiano Ronaldo, 34, war in den vergangenen sieben Jahren sechs Mal Torschützenkönig der Champions League. In diesem Alter noch solche Erfolge verbuchen zu können, wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Diese Superstars bleiben eine Ausnahme.

Alle drei Athleten haben Erfolg bis ins, für Leistungssportler, hohe Alter, gehören zu den besten Sportlern ihrer Sportart aller Zeiten und sind nahezu nie verletzt. Außerdem schwören sie alle auf außergewöhnliche Trainings- und Regenerationsmethoden sowie Diäten:

  • Cristiano Ronaldo zum Beispiel schläft fünfmal pro Tag für jeweils 90 Minuten und schwört unter anderem auf bis zu sechs Mahlzeiten pro Tag, vor allem steht viel Fisch auf dem Speiseplan.
  • Tom Brady isst keine Nachtschattengewächse wie Kartoffeln oder Auberginen, um eine angebliche Übersäuerung des Körpers zu vermeiden.
  • Der Fitnesstrainer von LeBron James verriet mal, dass der strenge Fitnessplan seines Schützlings schon mit dem Abendessen beginne: James nehme ein nährstoffreiches Essen zu sich, danach sei ausreichend Schlaf wichtig. Morgens setze er eine halbe Stunde vorm Aufwärmen auf einen Eiweißshake.

Doch sind diese Methoden wirklich der Schlüssel für den Erfolg der Stars? Und sollten wir auch fünfmal eineinhalb Stunden am Tag schlafen und aufhören, Kartoffeln zu essen? watson hat sich mit dem Sportmediziner Dr. med. Michael Lehnert getroffen, um herauszufinden, was wirklich dran ist an dem Selbstoptimierungswahnsinn und wie sich die Sportmedizin in den vergangenen Jahren verbessert hat.

watson: Herr Dr. Lehnert Sie haben beruflich viel mit Leistungsportlern zu tun, würden Sie sich kurz vorstellen?

Michael Lehnert: Ja gern, ich bin seit 25 Jahren selbstständig in der Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin. Unter anderem betreute ich das Frauenfußballteam des VfL Wolfsburg und wurde mit ihnen Pokalsieger und Deutscher Meister sowie mit dem 1. FFC Turbine Potsdam Champions-League-Sieger.

Wie können Sie sich erklären, dass Sportler wie LeBron James, Cristiano Ronaldo und Tom Brady auch in einem hohen Alter noch solche Leistungen bringen können?

Ich denke, am besten kann man diese enorme Leistung über viele Jahre hinweg mit ihrem kontinuierlichen Trainingszustand erklären. Außerdem bringen gewisse Sportler von Haus aus eine gute Voraussetzung mit, um bis ins hohe Alter sehr leistungsfähig zu sein. Schaut man sich aber die Einzelfälle genau an, stellt man bei jedem fest, dass mit zunehmendem Alter die Spritzigkeit doch etwas verloren geht, da verändert sich schon auch im physiologischen Sinne einiges.

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Tom Brady ohne Helm.bild: imago images/upi photo

Glauben Sie, diese besonderen Diäten und Regenerationsmethoden wirken?

Am wenigsten lässt sich die besondere Leistung mit einer speziellen Diät oder einem bestimmten Schlafrhythmus erklären. Für mich ist insbesondere die 'Tom-Brady-Diät' eine Diät, die auf einer kommerziellen Grundlage, einer Vermarktung seiner Bücher und Nahrungsergänzungsmitteln, basiert. Natürlich, wenn man sich seine Diät anguckt, ist es aber immer gut für einen Leistungssportler wenig normalen Industriezucker zu essen, keinen Alkohol zu trinken und ausreichend Wasser zu sich zu nehmen.

Wie schätzen Sie die Entwicklung der Sportmedizin in den vergangenen Jahren ein?

Aus meiner Sicht hat sich die Sportmedizin in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Es gibt zwar wenige neue bahnbrechende Methoden, aber die Sportmedizin wird von den Athleten und Trainern mehr akzeptiert und mehr genutzt. Die Trainingspläne und Trainingsmethoden orientieren sich viel mehr an sportmedizinischen Gesichtspunkten, an Untersuchungstechniken und auch Blutwerten, anhand derer dann ein Trainingsplan erstellt wird. Der Sportler ist näher an die Medizin herangerückt.

Glauben Sie, es gibt noch Spielraum für künftige Steigerungen in diesem Bereich?

Ja, ich glaube es gibt immer noch einen Spielraum für Steigerungen, er ist aber im Wesentlichen von den biomechanischen Vorrausetzung des einzelnen Athleten abhängig. Wenn es zum Beispiel jemals einen 100-Meter-Läufer gibt, der noch bessere Voraussetzungen hat als Usain Bolt, dann wird sein Rekord auch nach unten geschraubt werden können.

Soccer Football - Serie A - Juventus v Cagliari - Allianz Stadium, Turin, Italy - January 6, 2020 Juventus' Cristiano Ronaldo celebrates scoring their second goal REUTERS/Massimo Pinca
Cristiano Ronaldo hat den Körper eines 20-Jährigen. Das ergaben Fitness-Tests, die der heute 34-Jährige im Sommer 2018 nach seinem Wechsel zu Juventus Turin absolvierte.Bild: reuters / massimo pinca

Sehen Sie dieses Streben nach Selbstoptimierung auch kritisch?

Ja, denn wie immer schwingt bei diesen Rekorden natürlich mit, dass wir nie wissen, wie viel auch unerlaubte Mittel eine Rolle spielen. Aus diesem Grund glaube ich, darf es nicht immer nur das Ziel sein, Steigerung ins Unermessliche zu treiben, sondern man sollte sicher wissen, dass die Leistung sauber und ohne verbotene Hilfsmittel erbracht wird.

Was lernen wir aus den Diäten und Programmen der ewig jungen Sportler?

Nicht jeder von uns könnte also bis ins höhere Alter Spitzenleistungen bringen, wenn er sich nur richtig ernähren würde. Die Genetik spielt eine entscheidende Rolle und Cristiano Ronaldo bis Tom Brady sind Ausnahmeerscheinungen.

Wenn man sich die Einzelfälle genau ansieht, stellt man dennoch fest, dass auch unsere Megastars allmählich erste Altersanzeichen zeigen, LeBron James zum Beispiel war in der vergangenen NBA-Saison zum ersten Mal in seiner Karriere ernsthaft verletzt. Cristiano Ronaldo, zwar immer noch einer der besten Fußballer der Welt, liefert auch nicht mehr die unfassbaren Leistungen wie vor ein paar Jahren. Auch bei Tom Brady lassen sich ähnliche Beobachtungen machen.

Bis zu einem gewissen Punkt kann ein Trainingsplan, der auf medizinische Erkenntnisse aufgebaut ist, und ein kontinuierliches Training über Jahre allerdings Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Athleten haben. Also: Hut ab vor den Ü30-Stars dieser Welt, vor ihrem Trainingspensum über die Jahre und einen Glückwunsch an ihre außerordentliche Genetik.

(ph)

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