Der Super Bowl hat 2018 in den USA über 100 Millionen Zuschauer vor den Fernseher gelockt. Das birgt für Marken ein unglaubliches Werbepotenzial, zumal im Football alle paar Minuten durch Unterbrechungen (Auszeit, Ballbesitzwechsel, Verletzungen) Werbung geschaltet wird und das Publikum eher dranbleibt, um nichts zu verpassen.
Der Sender NBC verlangte vergangenes Jahr für einen Werbespot von 30 Sekunden ganze 5,24 Millionen Dollar (statista.de). Für Werber ist der Super Bowl ein Schaulaufen und so versucht man sich mit immer innovativeren Ads von der Konkurrenz abzuheben. Viele der Clips sind in der Regel schon im Netz verfügbar.
Wir haben Johann Tischewski, Creative Director der Berliner Werbeagentur "Torben, Lucie und die gelbe Gefahr" (TLGG) gebeten, vier Ads des diesjährigen Super Bowls zu bewerten. Außerdem erklärt er, was die amerikanischen Werber anders machen als die deutschen.
"Werbung funktioniert immer über Emotionen, man kann immer Mitgefühl oder ein Verlangen erzeugen. Aber Humor ist die höchste Kunst. Und wenn man sich beim Super Bowl das Schaulaufen der Eitelkeiten seitens der Werbenden anschaut, dann will man in dieser Paradedisziplin, der Komik, natürlich glänzen.
Im Vergleich mit deutscher Werbung trauen sich Amerikaner mehr. Deutsche Marken nehmen sich häufig zu ernst.
So ein Spot von Pepsi, in dem man selbstironisch mit dem Spruch 'Would a Pepsi be ok?' wirbt, wäre hier kaum möglich, weil die Leichtigkeit fehlt. Das würde man sich hierzlande nie trauen.
In Deutschland ist der Werbemarkt viel parlamentarischer und mehr auf Konsens ausgelegt. In den USA gibt es eher das Modell des Einzelkämpfers an der Spitze, der alles bestimmt. Und so sind Entscheidungen möglich, die etwas radikaler sind.
Außerdem hat der Clip etwas, was es in der deutschen Werbekultur sehr selten gibt: Die Referenz zur Popkultur.
Die Rapperin Cardi B mit einer diamantenbesetzten Dose reinzubringen ist so drüber, funktioniert aber super gut. Steve Carrell kann als Charakter natürlich so einen Spot ganz alleine tragen. Und in den Clip kommt sogar noch eine Meta-Ebene rein, als der Kellner Dan sagt, dass er nur ein Schauspieler sei. Wahnsinnig gut."
"Werbeclips sollen nicht 100 Prozent aller Amerikaner erreichen. Manchmal werden nur Millennials targetiert.
Hier funktioniert das natürlich gut. Es werden junge Menschen angesprochen, die als Kids die Backstreet Boys gehört haben, jetzt ein wenig Fremdscham dafür empfinden und mittlerweile Chance The Rapper cool finden. Damit wird ein nostalgisches Gefühl aus der Kindheit neu aufgeladen.
In der Werbung ist der Second Screen wichtiger geworden. Es gibt ja nicht nur die kurzen Teaser, sondern noch viel mehr Videos, so sprichst du die Millennials an. Die Werbung muss gar nicht klassisch zu ihnen gebracht werden, wenn sie die Clips feiern, dann suchen sie selbst danach im Netz."
"Ich glaube, dass sich Stella Artois da ein wenig verspekuliert hat. Vorher wurde ja mit einem Teaser eine Andeutung gemacht, dass eventuell ein neuer Big-Lebowski-Film kommen könnte. Das ist so, als würde man Kindern sagen, dass morgen Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen.
Aber dann ist es auf einmal nur eine Werbung. Das nehmen die Fans nicht so gut auf.
Von der Mechanik ist die Werbung klassisch. Es wirkt so, als ob die Werber auch mit Selbstironie spielen wollten. Nach der Idee: 'Was, in so einem schönen Restaurant wird ein Bier bestellt?' Die Werbung ist nicht komplett schlecht, aber sie geht nicht so gut auf. Vielleicht war die Entscheidung, Sarah Jessica Parker reinzuholen, die Falsche. Der 'Dude' aus The Big Lebowski funktioniert als Kult-Charakter alleine etwas besser."
"Das ist eine klassische Pointe. Du hast das Gefühl, du bist im Wilden Westen, erst zum Schluss merkst du durch die Windräder, dass du im hier und jetzt bist. Der Twist wird auch durch den Wild-West-Song von Bob Dylan verstärkt.
Bob Dylan für eine Bierwerbung einzukaufen, ist auch ein harter Move. Das wird sehr viel gekostet haben. Es funktioniert aber wunderbar hier. Und die Kameraführung ist auch Wahnsinn. Dadurch, dass nicht geschnitten wird, wirkt es sehr cineastisch. Du fühlst dich komplett hineingezogen in die Szene, obwohl der Clip nur ein paar Sekunden geht. Sowas versuchst du, mit Werbung immer zu erreichen."