Im Sommer 2023 erlebte die deutsche Frauennationalmannschaft ein echtes Debakel. Bei der WM in Australien und Neuseeland schied sie erstmals in ihrer Historie bereits in der Gruppenphase aus. Das lag auch an Catalina Pérez, die das DFB-Team mit starken Paraden zur Verzweiflung brachte und so den 2:1-Sieg Kolumbiens im zweiten Gruppenspiel sicherte.
Für die Südamerikanerinnen ging es bis ins Viertelfinale, die Torhüterin wusste das Turnier als Sprungbrett zu nutzen. Sie unterschrieb einen Einjahresvertrag bei Werder Bremen.
Mit watson hat sie nun über ihre ersten Monate in Deutschland, die Unterstützung von Landsmann Rafael Borré und kleinere Tore in Frauen-Wettbewerben gesprochen.
Hinweis: Wir haben das Gespräch am 23. Januar geführt. Zwei Tage später teilte Werder Bremen mit, dass sich Catalina Pérez im Training einen Kreuzbandriss zugezogen hat. Wir wünschen ihr an dieser Stelle eine schnelle Genesung.
Watson: Catalina, du hast seit 2019 für sechs verschiedene Klubs in fünf verschiedenen Ländern gespielt. Warum bist du so oft gewechselt?
Catalina Pérez: Ich bin abenteuerlustig und jede Station hat mir die Gelegenheit gegeben, als Mensch sowie als Spielerin zu wachsen. Ich bin dankbar für all die Orte, die ich dank des Fußballs kennenlernen durfte. Ich bin überall auf unglaubliche Spielerinnen und Menschen getroffen, jede Station hat mich positiv beeinflusst.
In Brasilien hast du letztes Jahr sogar nur vier Monate gespielt.
Die Chance ergab sich für den Rest der Saison, das hat dann für den Moment gut gepasst. Es hat mir geholfen, mich auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten. Für mich war aber von Anfang an klar, dass ich anschließend nach Europa zurückkehren möchte.
Das hat geklappt, du bist in Bremen gelandet. Kannst du dich schon auf Deutsch verständigen?
Ich nehme Deutschunterricht und versuche, die Sprache so schnell wie möglich zu lernen. Es geht leider nicht so schnell, wie ich mir das vorgestellt habe, weil es herausfordernd ist, aber ich gebe mir Mühe. (lacht) Pro Woche habe ich vier oder fünf Stunden Unterricht.
Kannst du die Kenntnisse in der Kabine schon anwenden?
Ich versuche, so viel wie möglich auf Deutsch zu verstehen. Wenn das nicht klappt, bieten aber alle ihre Hilfe an. Es sprechen alle Englisch und übersetzen dann für mich.
Welchen Eindruck hast du bisher von der Bundesliga, gerade im internationalen Vergleich?
Die Bundesliga ist sehr professionell, das Niveau sehr hoch. Alles ist gut organisiert, ich bin sehr beeindruckt von der Liga.
Das klingt ein bisschen klischeehaft.
Aber es ist wahr, alles ist gut strukturiert. Das ist bewundernswert. (lacht)
Du hast zuvor schon in vier anderen Ligen gespielt. Fällt dir im direkten Vergleich ein Alleinstellungsmerkmal der Bundesliga auf?
Der Fußball hier ist auf jeden Fall physischer, gerade in den direkten Duellen merkt man das.
Nimmst du auch Unterschiede in puncto Fans wahr?
Überall, wo ich gespielt habe, ist die Fußballkultur stark ausgeprägt. Ich möchte auch hier gerne noch mehr mit den Fans interagieren, um ein besseres Gefühl zu entwickeln. Es ist alles noch sehr neu und ich konnte bisher noch nicht alles vollständig aufsaugen.
Die Bundesliga hat in der jüngeren Vergangenheit viele Bestmarken bei der Stadionauslastung aufgestellt, erfreut sich einer gewissen Euphorie.
Es ist sehr aufregend, dass jedes Mal mehr Leute kommen und für eine tolle Atmosphäre sorgen. Das bleibt hängen und macht die Erfahrung noch schöner.
Das Jahr 2023 endete für dich enttäuschend. Gegen Wolfsburg hast du über 80 Minuten die Null gehalten, ehe eine vermeintlich harmlose Flanke von Dominique Janssen ins Netz gesegelt ist.
Ich glaube nicht, dass sie den Ball aufs Tor bringen wollte, das sollte eher eine Flanke sein. Die Flugbahn war so schwer zu berechnen. Ärgerlicherweise ist er reingegangen.
Dein Trainer Thomas Horsch meinte nach dem Spiel, dass dich dieser Treffer nicht brechen werde. Hat er dich in den vergangenen Wochen dennoch verfolgt?
Nein, es war enttäuschend, aber das Gegentor hat mich während der Winterpause nicht verfolgt. Es war eher Ansporn, noch härter zu trainieren. Schlaflose Nächte hatte ich also nicht. Das Spiel hatte auch Positives. Das will ich behalten, vom Negativen will ich lernen.
Rund um die Frauen-Wettbewerbe gibt es immer mal wieder lose Diskussionen um eine Verkleinerung der Tore. War dieser Treffer ein Argument dafür?
Ich finde nicht, dass wir darüber diskutieren sollten. Wir wollen für Gleichberechtigung kämpfen und zeigen, dass wir unter denselben Bedingungen spielen können. Ich glaube, dass die Mehrheit meiner Kolleginnen das genauso sieht. Wir wollen keine Reduzierung der Torgröße oder einen anderen Ball. Es ist das Gegenteil von dem, wofür wir im Frauenfußball einstehen wollen.
Vor der Saison hattest du angekündigt, Werders Nummer Eins werden zu wollen. In der ersten Saisonhälfte hat aber zumeist Livia Peng gespielt.
Meine Verletzung in der Hinrunde hat mir etwas Zeit mit dem Team genommen. Ich lerne, wie alles hier in Deutschland funktioniert: die Liga, die Sprache. Ich bin in einer Phase des Adaptierens. Jetzt fokussiere ich mich auf das, was kommt, und trainiere weiterhin hart.
Das Ziel bleibt also dasselbe?
Ich möchte gerne die Nummer Eins in Bremen sein und bei den Olympischen Spielen für Kolumbien im Tor stehen.
Im vergangenen Sommer ist auch deine Landsfrau Ana María Guzmán in die Bundesliga gewechselt, sie hat bei den Bayern unterschrieben. Schreibt ihr regelmäßig?
Ich hatte ein bisschen Kontakt mit ihr. Ich freue mich für sie, dass sie bei einem so großen Klub gelandet ist. Sie ist auch sehr glücklich darüber. Aktuell ist sie leider verletzt, aber ich bin mir sicher, dass sie stärker zurückkommen und ihrem Team viel geben wird. Sie ist diese Art von Mensch und Spielerin.
Eine "Colombian Connection" gibt es auch in Bremen, mit Rafael Borré spielt schließlich ein Kolumbianer für Werders Männerteam.
Er und seine Familie waren sehr lieb zu mir, haben mich hier willkommen geheißen. Da ist eine gute Freundschaft gewachsen. Ich habe ihn auch schon bei seinen Spielen unterstützt.
Haben sie dir geholfen, sich in Bremen einzuleben?
Er und seine Frau kannten sich hier schon besser aus, waren das Leben in Deutschland bereits gewohnt. Sie haben mir geholfen, haben meine Fragen beantwortet. Es ist sehr schön, sie hier zu haben.
Wie steht es um deine Zukunft: Sehen wir dich nach so vielen Transfers in den vergangenen Jahren auch nächste Saison im Bremen-Trikot?
Ich fühle mich hier wohl, beschäftige mich momentan aber noch nicht mit der nächsten Saison. Ich habe mit dem Klub noch nicht darüber gesprochen.