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FC Bayern: Die zwei Impf-Missverständnisse von Joshua Kimmich

FC-Bayern-Profi Joshua Kimmich hat sich bislang noch nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen
FC-Bayern-Profi Joshua Kimmich hat sich bislang noch nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen.Bild: www.imago-images.de / MIS
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Die zwei Missverständnisse des Joshua Kimmich: Weshalb der Bayern-Spieler seine Impf-Entscheidung überdenken sollte

25.10.2021, 13:5725.10.2021, 18:42
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Über 90 Prozent der Bundesliga-Angehörigen sind geimpft. Das zumindest sagte Liga-Chef Christian Seifert vor gut zwei Wochen der "Bild". Dazu zählte er nicht nur die Spieler, sondern auch Trainer und Betreuerstab.

Joshua Kimmich fällt nicht unter diesen gesamtgesellschaftlich betrachtet sehr hohen Prozentsatz. Wie die Öffentlichkeit mittlerweile weiß, zweifelt der 26-Jährige noch, ob er sich impfen lässt oder nicht. Vergangenen Freitag hatte die "Bild" das enthüllt, was eigentlich reine Privatsache von Kimmich ist. Auch als Profi-Fußballer muss er nicht über persönliche medizinische Daten sprechen. Trotzdem tat er es.

Kimmich-Missverständnis um Langzeitfolgen

Am Sky-Mikrofon nach dem 4:0-Sieg gegen Hoffenheim antwortete Kimmich auf die Frage von Reporter Patrick Wasserzieher, dass er noch Bedenken habe, "was fehlende Langzeitstudien angeht." Doch hier liegt das größte Missverständnis in seiner Rechtfertigung: Die Wissenschaft ist sich einig, dass es bei Impfungen keinerlei Langzeit-Folgen gibt.

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, sagte beispielsweise: "Was offensichtlich viele Menschen unter Langzeitfolgen verstehen, nämlich dass ich heute geimpft werde und nächstes Jahr eine Nebenwirkung auftritt, das gibt es nicht, hat es noch nie gegeben und wird auch bei der Covid-19-Impfung nicht auftreten."

Hier könnte Kimmich also beruhigt sein. Natürlich kann er aber auch andere Gründe haben, sich nicht impfen zu lassen. Und diese könnten sogar nachvollziehbar sein. Bloß: Er hat sie nicht ausgesprochen – und so passt das Verhalten des Nationalspielers nicht mit seinem bisherigen Bild in der Öffentlichkeit zusammen. Auf der einen Seite steht der sozial engagierte Fußball-Profi, der im Frühjahr 2020 die Initiative "WeKickCorona" gründete, die nun auch für Impfstoff in ärmeren Regionen der Welt sorgt. Auf der anderen Seite lässt er sich selbst nicht impfen. Auch, "weil es ja Impf-Durchbrüche" gebe und man trotz Impfung erkranken könne, führte Kimmich an.

Genau hier kommt aber sein nächste Missverständnis an die Öffentlichkeit. Er vergisst einen ganz wichtigen Effekt der Impfung: Sie verhindert in den allermeisten Fällen schwere Verläufe einer Corona-Infektion. Die "Deutsche Krankenhaus Gesellschaft" führt beispielsweise auf, dass 85 bis 90 Prozent der Covid-Intensivpatientinnen und -patienten ungeimpft waren. Selbst, wenn es Durchbrüche gibt, landen die meisten Erkrankten dann nicht im Krankenhaus, haben einen leichten Verlauf.

"Jedem muss klar sein, dass die Impfung der einzige Weg aus der Corona-Pandemie ist!"
Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen

Natürlich muss auch klar gesagt werden, dass Kimmich das Recht hat, sich nicht impfen zu lassen. Wenn allerdings jeder so denkt, dann endet die Pandemie erst in etlichen Jahren. Es ist das bekannte "Trittbrettfahrer-Problem": Kimmich profitiert von den Lockerungen, wie beispielsweise Restaurant-Öffnungen oder Beendigung des Lockdowns, ohne etwas dafür zu tun. Dabei erklärte es Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen, schon im Sommer klar: "Jedem muss klar sein, dass die Impfung der einzige Weg aus der Corona-Pandemie ist!"

Kimmichs Aussagen sind dafür definitiv nicht förderlich. Vielmehr könnten die Statements nun bei hin- und hergerissenen Menschen die Gedanken auslösen: "Wenn Kimmich nicht geimpft ist, dann brauche ich es ja auch nicht." Eine fatale Botschaft, die durch den Nationalspieler gesendet wird und den sowieso schon stark verlangsamten Impffortschritt weiter negativ beeinflussen könnte.

Bei Infektion würde Quarantäne drohen

Dabei müsste Kimmich wohl auch aus eigenem Antrieb ein Interesse an einer Impfung haben. Mit den vielen Reisen, die er mit dem FC Bayern unternimmt, sind auch soziale Kontakte verbunden – beispielsweise am Flughafen oder mit dem Hotel-Personal. Dadurch ist mit zunehmenden Inzidenz-Zahlen auch das Risiko einer Infektion höher. Als junger Leistungssportler ist ein schwerer Verlauf dann zwar nicht wahrscheinlich, aber dennoch eine reale Gefahr – das zeigt etwa die Erkrankung von Hertha-BSC-Torhüter Rune Jarstein, der erst sechs Monate nach seiner Infektion wieder ins Teamtraining eingreifen konnte.

Ein so langer Ausfall von Kimmich wäre für die Bayern fatal. Noch dazu könnte er auch weitere Teamkollegen mit in eine Quarantäne ziehen, die dann dem Rekordmeister fehlen würden. Beim FSV Mainz 05 fehlten beispielsweise zu Saisonbeginn zeitweise elf Spieler. Drei waren infiziert, acht mussten in Quarantäne.

Neben den genannten Irrtümern kann man Kimmich allerdings eine Sache zugutehalten. Sowohl er, als auch Wasserzieher führten eine sachliche Diskussion. Beide haben ihre Meinungen deutlich gemacht, ohne ausfällig zu werden. Besonders auch, dass Kimmich nicht kategorisch ausschloss, sich impfen zu lassen, zeugt davon, dass er sich mit dem Thema immer wieder intensiv beschäftigt. Und hoffentlich bald seine Meinung ändert, damit er weiter ein Vorbild sein kann.

HSV profitiert von Bayers Meisterschaft – weitere Millionen könnten folgen

Der Sonntag begann für den HSV äußerst unschön. Beim Auswärtsspiel in Magdeburg gerieten die Hamburger erst früh in Unterzahl und dann auch noch in Rückstand. Zur Pause stand es bereits 0:2, das Spiel schien schon durch zu sein.

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