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"Football Manager 26": Videospiel verändert Blick auf Trainer dramatisch

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Tayfun Korkut war zuletzt bei Hertha BSC als Cheftrainer angestellt. Bild: IMAGO images / Revierfoto
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"Football Manager 26": Bundesliga-Trainer haben eine ehrliche Entschuldigung verdient

Im Fußball kann man zahlreiche Perspektiven einnehmen: als Spieler auf dem Platz, als Fan auf der Tribüne oder als Coach vom Seitenrand. Das Videospiel "Football Manager 26" lässt unseren Redakteur besonders tief ins Trainerdasein eintauchen.
04.11.2025, 20:0004.11.2025, 20:00

Der Fußball ist so unberechenbar wie kaum eine andere Sportart. Kleinigkeiten entscheiden über den Ausgang eines Spiels, manchmal gar über den Ausgang einer gesamten Saison. Mal ist es die Tagesform, mal ein abgefälschter Schuss, mal eine Fehlentscheidung des Schiedsrichterteams. Unwegbarkeiten ebnen den Weg des täglichen Geschäfts.

Und doch gibt es Dinge, die mindestens in meiner persönlichen Wahrnehmung als Fußballfan und Sportredakteur unverrückbar sind. Geld schießt sehr wohl Tore, die Bayern holen doch irgendwie immer die Meisterschaft, Lionel Messi ist als Spieler über jeden Zweifel erhaben und manche Trainer taugen einfach nichts.

Tayfun Korkut wird unter deutschen Fans gerne als ein solches Beispiel herangezogen. Ihr holt den? Das ist doch ein Fehlgriff mit Ansage. So habe ich auch gedacht, als Hertha BSC ihn im Winter 2021 verpflichtet hat. Zugegebenermaßen spricht die sportliche Bilanz, die in etwas mehr als drei Monaten folgte, auch nicht für ihn. Fünf Pleiten am Stück, ein katastrophaler Punkteschnitt von 0,64.

"Die Scheiße", stellte er vor seinem letzten Spiel als Hertha-Trainer völlig zu Recht fest, stand ihm bis zum Hals. Der Rausschmiss und die Tatsache, dass Korkut seither nicht mehr als Cheftrainer gearbeitet hat, bestätigten viele Kritiker:innen.

Gut dreieinhalb Jahre später muss ich nun wieder an Korkut denken, denn in den vergangenen Tagen bin ich selbst zum Übungsleiter geworden. Schon vor dem offiziellen Release am 4. November durfte ich den "Football Manager 26" testen. Die wesentliche Erkenntnis zur Fußballsimulation aus dem Hause Sports Interactive: Trainersein ist verdammt schwer.

"Football Manager 26" punktet mit Liebe zum Detail

FM26, wie der neueste Ableger der Kultserie abgekürzt wird, macht im Grunde nichts anderes als seine Vorgängerteile. Es lässt die Nutzer:innen vollumfänglich in die Trainerwelt eintauchen. Man erstellt Trainingspläne für sein Team, führt Einzelgespräche mit den Profis, nimmt an Pressekonferenzen teil, feilt an der Taktik für das nächste Spiel und fädelt Transfers ein.

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Es gibt noch weitaus mehr Bereiche, die Liebe zum Detail ist atemberaubend. Dank einer unfassbaren Vielzahl an Optionen entsteht eine Tiefe, die das Spiel real erscheinen lässt. In manchen Momenten glaube ich gar, den Duft von nassem Rasen und vollgeschwitzten Schienbeinschonern zu vernehmen.

Nun dürften diese grundlegenden Besonderheiten von FM einigen nicht neu sein. Ich aber habe die Reihe seit gut 15 Jahren nicht mehr gespielt. Und selbst wenn es nur fünf Jahre gewesen wären, hätte ich wohl Ähnliches empfunden. "Wir haben so viel verändert, es fühlt sich wie ein komplett neues Spiel an", sagt Rémy Boicherot, Head of Design bei FM, im watson-Gespräch.

Der Frauenfußball feiert bei FM26 sein Debüt

Der Grundgedanke sei zwar weiterhin derselbe, er wird in diesem Jahr aber noch bunter ausgeschmückt. Der Frauenfußball erhält mit vielen großen Ligen Einzug und wird ebenso detailliert abgebildet wie das männliche Pendant. Für die Entwickler galt es dabei aber, so manche Besonderheit zu beachten.

Verletzungen und Finanzen seien etwa Themen gewesen, die eine andere Herangehensweise verlangten. Auch die grundsätzliche Entwicklung war laut Boicherot ein zentrales Thema:

"Das Standing wird in fünf Jahren ein anderes sein als jetzt. So, wie wir bei einzelnen Spielern neben den aktuellen Fähigkeiten auch das zukünftige Potential bewerten, mussten wir das auch für den gesamten Frauenfußball machen."

Es war womöglich einer der Gründe, warum FM im vergangenen Jahr ausgesetzt hat. Die Vermutung liegt nahe, dass diese große Neuerung lieber fertig präsentiert werden sollte, als erst nach und nach mit Updates spielbar zu sein. Boicherot äußert sich zu dem Thema nicht, außergewöhnlich ist diese Release-Pause in der vom Fokus auf Erlöse gezeichneten Branche aber allemal.

FM26: Das neue Interface stößt auch auf Kritik

Der Design-Chef verweist stattdessen noch auf das User Interface, also die Benutzeroberfläche. "Wir haben das Interface komplett überarbeitet", erklärt er nüchtern, was die treue Fangemeinschaft in den vergangenen Tagen tief gespalten hat. Denn wo es zu Veränderungen kommt, ist Ärger selten weit.

Essenzielle Bereiche seien teilweise zu versteckt, für viele Unterpunkte sei langes Scrollen und viel Klicken gefragt. So kritisieren es einige Fans auf Reddit, X und Youtube. Andere vermissen ganze Features der Reihe, etwa den Social-Media-Screen oder die Möglichkeit, als Nationaltrainer zu arbeiten.

Einige Aspekte dürften damit zu tun haben, dass vorab eine Beta-Version zur Verfügung gestellt wurde. "Ich kann leider nicht zu viel verraten, aber allein heute hatte ich fünf Meetings bezüglich zeitnaher Änderungen und Anpassungen", deutet Boicherot im Interview an, dass an FM26 auch nach dem offiziellen Release noch ein paar Nachjustierungen vorgenommen werden.

Dass sich einige Anhänger:innen der Serie mit dem neuen Interface noch schwertun, kann er nachvollziehen. Es sei aber auch "eine Frage der Gewohnheit. Wir haben Tutorials und weitere Hilfestellungen implementiert, um die Spieler zu unterstützen".

Der Co-Trainer ist bei FM26 immer zur Stelle

Tatsächlich fühle ich mich beim Spielen von Beginn an gut beraten. Schon bei der Erstellung des eigenen Charakters gibt es zahlreiche Hinweise, bei der eigentlichen Trainerarbeit fühlt es sich später im Spiel nicht anders an. Hier ist es meistens der Co-Trainer, der sich mit nützlichen Vorschlägen meldet.

Es fühlt sich weniger wie ein mehrstündiges Tutorial, als vielmehr wie der authentische Austausch mit meinem Assistenten an. Eine noch coolere Version von Windows-Legende Clippy.

Gemeinsam erarbeiten wir ein holistisches Konzept für Hertha BSC. Mit einem ballbesitzorientierten Ansatz und jungen Spielern wollen wir den Hauptstadtklub zurück in die Bundesliga führen. Die Vorbereitung läuft gut, über unsere Gegner rollen wir hinweg. Dann aber folgt der Saisonstart.

Gegen Schalke gelingt plötzlich gar nichts mehr, mein In-Game-Coaching bleibt wirkungslos und hinterlässt ein Gefühl der Machtlosigkeit. Die verdiente Niederlage wirft gleich mehrere Fragen auf: Habe ich von Taktik weniger Ahnung als gedacht? Habe ich meine Spieler zu sehr gestreichelt? Und drücke ich meinen Ansatz nun weiter durch?

Es rattert und rattert, ich spüre den Erfolgsdruck. Dabei ist es ja nur ein Videospiel. Ein äußerst realistisches zwar, aber immer noch ein Spiel, das ich mit dem Zuklappen meines Laptops beenden kann. Anders als die Trainer im realen Fußballalltag muss ich keine Beschimpfungen von Fans, keine fiesen Berichte aus den Medien oder die Begegnung mit wutentbrannten Spielern befürchten.

Meinen Blick auf die Trainerwelt hat FM26 damit schon nach wenigen Spielstunden verändert. Wenn ich also das nächste Mal die Arbeit eines Trainers hochnäsig kritisieren will, werde ich innehalten und an meine eigenen, vergebenen Mühen zurückdenken. Ganz so einfach ist es eben doch nicht. Es ist sogar verdammt schwer.

Stellvertretend für alle Coaches, auf die ich schon geschimpft habe, bleibt nur noch eins: Es tut mir leid, Tayfun Korkut!

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