Rodri gewann den Ballon d'Or für den besten Fußballer des Jahres.Bild: AP / Michel Euler
Meinung
29.10.2024, 13:0229.10.2024, 13:14
Mimimimimi. Auch wenn man es sich mit der wohl empfindlichsten Spezies im Fußball – Real Madrid und seinen Anhänger:innen – nicht verscherzen sollte, muss ein bisschen Hohn an dieser Stelle kurz erlaubt sein. Was fällt dem Verein und seinen Fans ein, rund um die Ballon-d'Or-Verleihung von einer Verschwörung zu sprechen und das Event zu boykottieren?
Nicht nur, dass die Madrilenen die Leistungen ihres Spielers Vinícius Jr., dem sie die Auszeichnung eher gegönnt hätten, leicht überschätzen – sie disrespecten auch die Leistungen von Gewinner Rodri. Die Verleihung an ihn ist zum einen richtig – und zum anderen auch gut für den kompletten Sport, weil Rodri den Preis so ganz anders gewonnen hat als die meisten seiner Vorgänger:innen.
Rodri beim Ballon d'Or: Herz und Seele des Spiels hat gewonnen
Denn mit Rodri gewinnt jemand, der statt Toren, Tricks und Theater vor allem Ruhe, Beständigkeit und Spielintelligenz als seine besten Eigenschaften nennen kann. Er war über die komplette Saison das Herz und die Seele oder auch der Motor des englischen Meisters Manchester City.
Auch bei der spanischen Nationalmannschaft hat Rodri diese Position inne. Der Sieg bei der Europameisterschaft in Deutschland im Sommer ist daher zu großen Teilen auch ihm zu verdanken. Folgerichtig wurde er nach dem Turnier als bester Spieler ausgezeichnet. Dass nun der Ballon d'Or folgte, mag so manchen Real-Fan zwar aufregen.
Warum Rodri die Auszeichnung aber verdient hat, zeigt sich spätestens bei einem Blick auf seine Statistiken: In der Premier League wies er die meisten angekommenen Pässe sowie die höchste Quote angekommener Pässe auf. Beim Statistikportal Sofascore wird er als bestbewerteter Spieler der Saison gelistet.
Und obwohl er eigentlich ein defensiver Mittelfeldspieler ist, ist er mittlerweile auch ein Weltklasse-Offensivspieler. So spielte er in der Liga die meisten Pässe ins letzte Spielfelddrittel. In allen Wettbewerben erzielte er in 56 Pflichtspielen zehn Tore und 14 Vorlagen – das sind mehr Vorlagen als etwa Reals favorisierter Vinícius Jr., der viel weiter vorne spielt.
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Tore, Tricks und Theater sind nicht alles
Und außerdem übersehen viele Madridista, dass "Vini" zum einen in der brasilianischen Nationalmannschaft ein katastrophales Jahr hatte. Bei der Copa América erzielte er zwar zwei Tore gegen Paraguay. Bei den Unentschieden gegen Costa Rica und Kolumbien konnte er aber nicht viel ausrichten. Bei der Viertelfinalniederlage gegen Uruguay fehlte er wegen einer Gelbsperre.
Auch in der spanischen Liga lief es in der Hinrunde nicht rund, in der Zeit schoss der Angreifer dort gar weniger Tore als Rodri in der Premier League. Glänzen konnte Vinícius Jr. vor allem in der Champions League, dort verhalfen seine sechs Tore Real Madrid zu wichtigen Siegen und letztendlich auch zum Titel. Dennoch sind auch das keine Fabelwerte.
Bisher haben vor allem reihenweise Torjäger, Flügelflitzer und Ballkünstler den begehrtesten Individualpreis der Fußballwelt gewonnen. Seit 2000 wurden neben Messi und Ronaldo, die sich in einer goldenen Ära zwischen 2008 und 2023 bis auf zwei Ausnahmejahre alle Trophäen unter sich aufgeteilt haben, etwa Karim Benzema, Kaká, Ronaldinho, Andriy Shevchenko, Pavel Nedved, Ronaldo, Michael Owen und Luís Figo ausgezeichnet.
Die einzigen beiden Spieler, deren Hauptgeschäft nicht aus Toren und Vorlagen besteht, waren in dem Zeitraum Luka Modrić und Fabio Cannavaro.
Auch wenn es individuell alle Spieler verdient hatten, so wird eine Schieflage offensichtlich: Während im Fußball, auf Amateur- wie auf Weltklasse-Niveau, Mannschaften gewinnen, indem eine Produktionskette aus herausragenden Spielern in Defensive, Offensive und allem dazwischen zusammenarbeiten, werden meist nur die Endverbraucher des Prozesses – die Stürmer – für ihr Können gewürdigt.
Dass gerade in diesem Jahr Rodri gewinnt und nicht etwa der Zweitplatzierte "Vini", ist somit nicht nur individuell verdient, sondern auch wichtig für den Sport.
Rodri wird indes beim nächsten Ballon d'Or gewiss nicht gewinnen. Er hat sich im September einen Kreuzbandriss zugezogen und wird für viele Monate ausfallen. In aller Munde bleibt er dennoch: Vor seiner Verletzung hat er die Pfeilspitze einer Bewegung gebildet, die die Ausmaße der Spielerbelastung kritisiert. Und das Thema wird in den Monaten sicher nicht kleiner.
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