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DFB-Frauen vor EM-Start: Umfrage zeigt, was die Deutschen denken

Herzogenaurach, Deutschland 29. Juni 2025: DFB - Fu
Die Stimmung bei den DFB-Frauen ist gut, die Vorfreude steigt.Bild: imago imago /Fotostand
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DFB-Frauen vor EM-Start in der Schweiz: Doch wer guckt zu?

Der Countdown zur Frauen-EM in der Schweiz läuft. Die Vorfreude bei Spielerinnen und Uefa steigt. Aber auch bei den Deutschen?
02.07.2025, 16:5702.07.2025, 16:57
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Am 2. Juli beginnt die Fußball-Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz. In acht Städten – von Basel bis Sion – werden 16 Nationen um den Titel kämpfen.

Die Spielerinnen hoffen auf ein Sommermärchen, ebenso wie Gastgeberland Schweiz und die Uefa. Die Chancen dafür stehen besser denn je. Wie der Verband mitteilte, ist ein Zuschauerrekord zu erwarten. 600.000 der insgesamt 673.000 Tickets für die 31 Partien seien bereits verkauft.

Das Interesse sei groß. Fans aus Deutschland, England, Frankreich und sogar aus den USA werden kommen. "Ich denke, wir stehen derzeit bei 114 Ländern" verrät Nadine Keßler, Direktorin Frauenfußball der Uefa, bei einem Medientermin, "das gab es im Frauenfußball noch nie".

Trotz der wachsenden Euphorie stellt sich allerdings eine unbequeme Frage: Ist die Begeisterung in Deutschland genauso groß wie in den Uefa-Statistiken?

Eine exklusive Umfrage von watson und dem Meinungsforschungsinstitut Civey zeigt ein überraschend klares Bild – und das fällt für das Team von Bundestrainer Christian Wück ernüchternd aus.

EM 2025: Mehrheit der Deutschen hat kein Interesse

Nachdem das Trainingslager in Herzogenaurach und die letzten Generalproben gut verlaufen waren – Ergebnisse und Videos ließen es erahnen – könnte die Stimmung im Team nicht besser sein. Für Bundestrainer Wück, ist das Grund genug, um groß zu denken. Sein Ziel: nichts anderes als der EM-Titel.

Auf große Unterstützung aus der Heimat dürfen die Fußballerinnen kurz vor EM-Start allerdings nicht hoffen. Denn: Laut der Umfrage haben 52 Prozent der Deutschen aktuell kein Interesse an der Frauen-Nationalmannschaft.

Dennoch geben 18 Prozent der 5.005 Befragten an, ein großes Interesse zu haben. Weitere 18 Prozent sind "weniger interessiert", während zwölf Prozent unentschieden bleiben. Heißt im Umkehrschluss auch: 48 Prozent interessieren sich – in welcher Form auch immer – für die DFB-Frauen.

Und gerade der Anteil der Fans, bei denen das Interesse groß ist (18 Prozent) dürfte hochgerechnet rund 14 Millionen Menschen entsprechen. Würden diese Interessierten alle einschalten und kämen noch Fans durch eine mögliche Euphorie hinzu, sind die TV-Quoten von der EM 2022 vermutlich wieder möglich.

EM 2022: Ein Turnier, das Hoffnung machte

Denn im Sommer vor drei Jahren schien die Stimmung rund um den Frauenfußball noch an einem Wendepunkt. Die EM 2022 in England war ein sportliches und mediales Highlight.

Die DFB-Frauen erreichten das Finale gegen Gastgeber England – ein Spiel, das im Schnitt 17,9 Millionen Zuschauer:innen in Deutschland verfolgten, in der Spitze waren es sogar 21,8 Millionen. 5,4 Millionen der Zusehenden waren dabei zwischen 14 und 49 Jahren alt.

An den Hype von damals erinnert sich Mittelfeldspielerin Sara Däbritz im Interview mit der "Mittelbayerischen Zeitung". "Am Ende haben wir es nicht gewonnen. Jeder war enttäuscht und traurig. Aber was wir in Deutschland bewegt haben, war riesig", sagt sie.

Trikots wurden getragen, auf der Rückseite nicht nur Musiala, Kroos und Kimmich, sondern die Namen von den Frauen: Brand, Gwinn und Frohms. Das mediale Echo war gewaltig und erstmals wurde der Begriff "Sommermärchen" nicht nur mit 2006 assoziiert.

Däbritz' Hoffnung für 2025 ist deshalb nicht nur sportlicher Natur. An erster Stelle stehe ihr zufolge nicht nur die Platzierung: "Wir wollen darüber hinaus auch viele Menschen begeistern."

DFB-Frauen: Das EM-Hoch verpuffte schnell

Die Euphorie war da, aber sie hielt nicht lange. Bereits zur WM 2023 in Australien und Neuseeland flaute das Interesse deutlich ab. Zeitverschiebung, schwache mediale Präsenz, ein frühes Ausscheiden – all das trug dazu bei, dass nur etwa 20 Prozent der Deutschen starkes Interesse an der WM zeigten. Ein Rückschritt, der sich in der aktuellen Umfrage nun bestätigt.

Eine Langzeitbetrachtung von Civey zeigt: Nur im Sommer 2022 war das Interesse an den DFB-Frauen spürbar gestiegen. Seitdem: Stagnation. Der Anteil derjenigen, die gar kein Interesse haben, ist seitdem kontinuierlich gestiegen – von unter 40 Prozent auf nun über 50 Prozent.

Vergleich mit DFB-Männern: Desinteresse auf beiden Seiten

Doch auch der Blick auf die DFB-Männer zeigt: Die Zahlen sind ähnlich im Vergleich zum Frauenfußball. In einer parallelen Umfrage zur Männer-Nationalmannschaft äußerten 63 Prozent der Befragten ein "niedriges Interesse". 18 Prozent gaben an, hoch interessiert zu sein – exakt der gleiche Wert wie bei den Frauen und damit rechnerisch auch etwas mehr als 14 Millionen Menschen.

EM 2025: Erwartungen hoch, aber nicht euphorisch

In Sachen Erwartungen halten sich die Deutschen zurück, sind aber optimistisch. 36 Prozent von ihnen glauben an den Einzug ins Halbfinale, 22 Prozent tippen sogar auf das Finale. Nur ein Bruchteil (zwei Prozent) erwartet ein Aus in der Gruppenphase.

Christian Wück und sein Team stehen nun vor der doppelten Herausforderung: sportlich erfolgreich sein und die Menschen im eigenen Land noch mehr für den Frauenfußball begeistern.

Ob das gelingt, entscheidet sich nicht nur auf dem Rasen in der Schweiz, sondern auch in den Wohnzimmern der Deutschen.

Methodische Hinweise: Civey hat für Watson vom 25.06. bis 30.06.2025 online rund 1.500 Fußball-Fans sowie rund 5.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 2,5 - 5,0 Prozentpunkten beim jeweiligen Gesamtergebnis. Weitere Informationen zur Methodik finden Sie hier.

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