Sieht man ein seit Wochen viral gehendes Video von Annett Kaufmann aus diesem Sommer, wirkt sie zunächst wie eine gestresste Abiturientin zwischen Prüfungen und Erwachsenwerden. "Am Dienstag hab ich Prüfung, am Donnerstag hab ich Prüfung und am Freitag hab ich auch Prüfung", zählt die 18-Jährige mit beinahe irrem Blick auf, kurz nachdem sie deutsche Meisterin im Tischtennis geworden ist.
Nur einige Wochen später ist die junge Frau in Paris bei den Olympischen Spielen und wird zur Hoffnung des deutschen Tischtennis. Wie hat es die Sportlerin geschafft, so früh so weit zu kommen? Und was beschäftigt die junge Abiturientin abseits von Olympia?
"Die Person neben mir ist wirklich ein Wunder", erklärte Teamkollegin Shan Xiaona am Mittwoch, nachdem sie mit Annett Kaufmann das indische Team im olympischen Viertelfinale besiegt hatte. In der "Zeit" wird die 18-Jährige schon als der nächste Timo Boll gehandelt, der sich zuletzt aus dem internationalen Tischtennis verabschiedet hat – und Deutschland mehrere Silber- und Bronzemedaillen sowie zahlreiche Titel eingebracht hat.
"Ich würde da echt nicht so schnell rangehen. Timo hat viel erreicht und das über so viele Jahre", schränkt Kaufmann allerdings ein. "Ich will meinen Weg gehen. Und wenn ich am Ende so gut dastehe wie er, dann kann man meinetwegen sagen, dass ich die neue Timo Boll war."
Aber auch sie darf bereits stolz auf einige Titel blicken, viele davon stammen aus Jugendmeisterschaften. 2021 wählten deutsche Sportjournalist:innen sie zur "Newcomerin des Jahres".
Ihr erstes Nationalmannschaftsspiel hatte die Tischtennisspielerin bereits mit 15 Jahren, angefangen hat sie laut "SWR Aktuell" mit vier Jahren. Für die Olympischen Spiele 2024 war die Linkshänderin allerdings nur wegen Krankheitsfällen bei anderen Athletinnen nachgerückt.
Der Sport liegt aber tatsächlich auch in der Familie Kaufmann. Während ihr Vater als Eishockeyspieler aktiv war, nahm ihre Mutter an Wettbewerben im Skiabfahrtslauf teil.
Die Leidenschaft für Tischtennis kommt aber von ihrer älteren Schwester. "Ich wollte natürlich genauso viele Pokale haben wie sie", erklärt Annett Kaufmann grinsend im Gespräch mit "SWR Aktuell".
Von diesen sieht man auf Social Media zwar wenig, ansonsten teilt Annett Kaufmann aber doch immer wieder private Einblicke auf Instagram. Die Storys gleichen denen anderer 18-Jähriger, von Beerpong-Abenden über erste Berlin-Trips und Taylor-Swift-Konzerten bis hin zu BeReals von der Schulbank ist alles vertreten.
Zu ihrem 18. Geburtstag gibt es ein Foto mit einem passenden Luftballon, auch ihre Abiturfeier wird in einem Post festgehalten. "Ein großes Dankeschön geht an die, die mir meine Leistung von einem 2,0er-Abi ermöglicht haben", schreibt Kaufmann dazu.
Bei Olympia in Paris gehört Annett Kaufmann nun zu den zehn jüngsten Athlet:innen im Team Deutschland. Als Stärken werden bei der 18-Jährigen vor allem ihre Präzision, ihr Tempo und ihre gute Konzentration gelobt. Die entsprechende Selbstsicherheit gibt ihr laut eigenen Angaben ihre Familie.
Noch hat sich die Athletin zudem eine besondere Haltung gegenüber dem Sport bewahrt. Denn auf die Frage, was sie am Tischtennis so toll findet, antwortet die 18-Jährige dem SWR: "Dass man das immer spielen kann. Egal wie alt man ist, ob man eine körperliche oder geistige Einschränkung hat."