Die Olympischen Winterspiele in Peking sind neigen sich an diesem Sonntag dem Ende zu. Für viele Wintersportler waren die Wettkämpfe der Höhepunkt ihrer Karriere, auf den sie viele Jahre hintrainiert haben. Es gab ein Feuerwerk an Emotionen und Höchstleistungen – und Skandalen.
Diese Olympischen Winterspiele waren besonders: Denn selten gab es vor und während der Wettkämpfe so viele Themen abseits der Wettbewerbe. Die Menschenrechtslage vor Ort, die wenig nachhaltigen Veranstaltungsorte und natürlich Chinas strenge Zero-Covid-Strategie. Ein positiver Test und schon konnte der Traum von einer olympischen Medaille für eine Athletin oder einen Athleten geplatzt sein.
Am Ende waren die deutschen Athletinnen und Athleten sehr erfolgreich und konnten insgesamt 27 Medaillen gewinnen. Erfolgreicher war nur Norwegen.
Das deutsche Team hat die Olympischen Winterspiele von Peking auf Platz zwei des Medaillenspiegels abgeschlossen. Am Tag der Schlussfeier holte Pilot Francesco Friedrich im Viererbob das insgesamt zwölfte deutsche Gold in China, Johannes Lochner gewann Silber. Zuvor hatten die Alpinen am Sonntag im Mixed-Teamwettbewerb ebenfalls Platz zwei belegt. Mit zwölfmal Gold, zehnmal Silber und fünfmal Bronze lagen die Athletinnen und Athleten aus Deutschland nur hinter Norwegen (16-8-13).
Dritter wurde Gastgeber China mit neunmal Gold, viermal Silber und zweimal Bronze. Die 16 Goldmedaillen der Skandinavier bedeuten einen Winterspiele-Rekord, zuvor hielten Norwegen und Deutschland mit jeweils 14 Olympiasiegen vor vier Jahren in Pyeongchang die Bestmarke. Mit 27 Medaillen blieb die deutsche Mannschaft hinter der Gesamtausbeute von 2018 mit 31 Mal Edelmetall.
Die Abteilung Bob, Rodeln und Skeleton hat die deutsche Mannschaft in Peking zu ihrem drittbesten Ergebnis in der Geschichte Olympischer Winterspiele geführt. Im Yangqing Sliding Centre gewannen Francesco Friedrich, Natalie Geisenberger und die anderen Athleten neunmal Gold, sechsmal Silber und einmal Bronze und damit rund 60 Prozent aller deutschen Medaillen. Deutschland hatte bei den zuvor 23 Winterspielen nur zweimal besser abgeschnitten: 2002 in Salt Lake City (12-16-8) und 2018 in Pyeongchang (14-10-7), jeweils als Zweiter hinter Norwegen.
Zur Abschlussfeier am Sonntag wird der Bob-Anschieber und zweifacher Gold-Medaillist Thorsten Margis die deutsche Fahne tragen.
Die deutschen Medaillen nach Sportarten:
Der schwedische Eisschnellläufer Nils van der Poel gewann in Peking über 5.000 sowie 10.000 Meter die Goldmedaille. Nach seiner Rückkehr in die Heimat, kritisierte der 25-Jährige die Olympische Spiele in Peking hart und verglich sie mit den Nazi-Sommerspielen 1936 in Berlin.
Gegenüber der schwedischen "Sportbladet" sagte er: "Die Olympischen Spiele sind großartig, sie sind ein fantastisches Sportereignis, weil sie die Welt vereinen und weil die Nationen sich treffen. Aber das tat auch Hitler, bevor er Polen überfiel, und auch Russland, bevor es in die Ukraine einmarschierte."
Er erklärte er auch: "Ich halte es für äußerst unverantwortlich, die Spiele einem Land zu geben, das die Menschenrechte so eklatant verletzt, wie es das chinesische Regime tut."
Van der Poel spielte damit auf die Behandlung der Uiguren und Tibeter durch das chinesische Staatsregime an. Jedoch nahm er die chinesische Bevölkerung von seiner Kritik aus: "Die Chinesen, die ich getroffen habe, waren absolut fantastisch. Ich habe sehr schöne Erfahrungen gemacht." Sein Gesamteindruck der Spiele fiel jedoch ganz anders aus: "Es war fürchterlich."
Dass er mit seiner harschen Kritik bis nach seiner Rückreise wartete, begründet van der Poel so: "Ich weiß nicht, ob es schlau gewesen wäre, vorher China zu kritisieren, wenn ich da erst noch hin muss".
Kamila Valieva hat es nicht geschafft: Nachdem das 15-jährige Eiskunstlauftalent in den vergangenen Tagen immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hatte, hat sie es im Einzelwettbewerb der Frauen nicht auf das Siegertreppchen geschafft. Trotz einiger Stürze und Beinahe-Stürze wurde die 15-jährige Russin Vierte, hinter ihren beiden Teamkolleginnen Anna Shcherbakova (Gold) und Alexandra Trusova (Silber) sowie der Japanerin Kaori Sakamoto (Bronze).
Als nach der Live-Übertragung ins ARD-Studio geschaltet wurde, war die Kommentatorin und Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt sichtlich aufgelöst. Mit Tränen in den Augen drehte sie sich von der Kamera weg und weinte vor Mitgefühl mit der 15-Jährigen. Witt meint: "Das ist nicht zu ertragen."
Katarina Witt, die bei den Olympischen Winterspielen 1984 und 1988 jeweils Gold für die DDR gewonnen hatte, kritisierte:
Witt meint weiter: "Valieva ist ein Jahrhunderttalent. Ich hoffe, dass sie das übersteht. Ob wir sie je wiedersehen werden... Ich könnte verrückt werden. Es gibt keinen Gewinner. Die größte Verliererin ist sie."
Katarina Witt spricht außerdem die Möglichkeit einer Altersgrenze beim Sport an. Wenn die Trainer darauf achten müssten, dass die Sportler auch noch mit 18 Jahren antreten können, würden sie sie anders schonen, meint Witt. Vierfachsprünge, wie sie viele russische Sportlerinnen vorführen, seien oft nur in einem sehr jungen Alter möglich.
Die deutsche Freestyle-Skierin Daniela Maier ist nach einem Video-Beweis überraschend vom vierten Platz aufs Treppchen aufgerückt. Beim Skicross-Finale der Frauen in Beijing war die 25-Jährige als vierte nach der Schweizerin Fanny Smith ins Ziel eingefahren. Dann folgte jedoch eine minutenlange Videoüberprüfung des Laufs, woraufhin ihre Konkurrentin Smith disqualifiziert wurde und Maier somit die Bronze-Medaille erhielt.
Die nun viertplatzierte Fanny Smith diskutierte anschließend mit den Schiedsrichtern und erhielt Zustimmung von Daniela Maier. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass Smith bei dem Zusammenstoß der beiden einen Schritt zur Seite gemacht habe und Maier somit absichtlich behindert habe.
Der sportliche Leiter der ARD, Heli Herdt, sagte später zu der Entscheidung: „Fanny hat durch ihr Manöver auf der Zielgeraden die Gelbe Karte bekommen. Es gibt ein relativ klares Regelheft. Wenn einer Fahrerin Absicht unterstellt wird und die andere Fahrerin dadurch deutlich verlangsamen muss, dann ist das eine Gelbe Karte". Und weiter:
Maier wirkte mit der Entscheidung nicht gerade glücklich und sagte: "Das war ganz normales Skicross". Letztlich nahm sie die Entscheidung der Jury an. Gold ging an die Schwedin Sandra Näslund, Silber an Marielle Thompson aus Kanada.
Die deutschen Skilangläuferinnen Katharina Hennig und Victoria Carl haben die Goldmedaille im olympischen Teamsprint-Wettbewerb gewonnen. Es ist bereits die zweite Medaille, die die beiden mit nach Hause bringen: Am Samstag hatten sie sich in der Staffel gemeinsam mit Katherine Sauerbrey und Sofie Krehl Silber erkämpft. "Ich bin voller Adrenalin. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich laufe herum wie Falschgeld", sagte Carl, die ihren Sieg nicht richtig glauben konnte. Hennig erzählte: "Gefühlt sind wir im falschen Film. Wir können es noch gar nicht richtig fassen, was wir gemacht haben."
Der Sieg ist unter anderem deshalb so überraschend, weil Carl sehr spontan als Partnerin von Hennig eingesprungen war. Eigentlich hätte Sauerbrey an der Seite der Sportlerin antreten sollen, doch diese entschied sich aus gesundheitlichen Gründen gegen den Start am Sprint. Der Verband teilte mit, dass die 24-jährige sich nach den harten Tagen "nicht zu 100 Prozent fit" fühle.
Vanessa Voigt, Vanessa Hinz, Franziska Preuß und Denise Herrmann haben sich nach einer guten Mannschaftsleistung die Bronzemedaille erkämpft. Es ist die erste Medaille, die die deutsche Biathlon-Staffel der Frauen seit Olympia 2010 in Vancouver gewonnen hat. Russland schaffte es auf den zweiten Platz und der Olympiasieg ging an Schweden.
"Es haben alle einen richtig, richtig guten Job gemacht. Das hat mich motiviert. Wir sind verdient auf dem dritten Platz", sagte Herrmann stolz, die im ersten 15-Kilometer-Einzelrennen Gold gewonnen hatte. Staffelkollegin Preuß kann den Sieg kaum fassen: "Es ist sehr emotional für das ganze Team, auch das Team hinter dem Team."
Die Doping-Verwirrung rund um die 15-jährige russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa sorgt weiter für Diskussionsstoff rund um die Olympischen Spiele. Walijewa darf trotz eines positiven Dopingbefundes bei Olympia starten. Der Fall der minderjährigen Sportlerin wird erst nach den Spielen abschließend behandelt. Das sorgte nun teilweise für Unverständnis.
Die deutsche Eiskunstlaufmeisterin Nicole Schott fordert nun: "Es wäre gar nicht so schlecht, das Alter mal hochzusetzen. Das finden ganz viele Mädels bei uns." Schott ergänzt: "Eine Frau ist man in dem Alter einfach noch nicht. Man sollte wirklich darüber nachdenken, dann können solche Fälle gar nicht erst aufkommen."
Außerdem sei man mit 18 Jahren volljährig und dadurch "für alles selbst verantwortlich. Das wäre die einfachste Lösung, auch für jegliche Rechtsstreitigkeiten", sagte die 25-jährige Schott. Vorher hatte bereits Katarina Witt gefordert, das Mindestalter für die Olympischen Spiele anzuheben: "Die 15-Jährigen gehören in die Jugendspiele, dafür wurden diese ins Leben gerufen."
Nach seinem letzten Olympia-Wettkampf zog Biathlet Erik Lesser eine ernüchternde Bilanz: "Ich nehme von den Olympischen Spielen genau gar nichts mit. Weder eine Medaille, noch ein gutes Ergebnis, eine gute Zeit hatte man hier jetzt auch so begrenzt". Der DSV-Star hatte zwar einen guten Start in sein Rennen, war dann jedoch zurückgefallen und schaffte am Ende nur den 4. Platz.
Gold ging an Norwegen, gefolgt von Frankreich und Russland. "Wir haben zwar im Team das Beste daraus gemacht. Aber irgendwie beneide ich Arnd Peiffer, der letzte Saison gesagt hat: Tschüssikowski, Peking gebe ich mir nicht mehr", sagte der zweifache Weltmeister. Peiffer, 2018 in Pyeongchang Olympiasieger im Sprint, hatte schon im vergangenen Winter seine Karriere beendet.
Obwohl er "stolz und zufrieden" mit seiner olympischen Karriere ist, möchte Lesser in vier Jahren nicht nochmal in Mailand/Cortina d'Ampezzoan an den Start gehen. Ein Karriere-Aus käme für ihn jedoch noch nicht infrage: "Bei mir geht es noch weiter. Jetzt will ich erstmal nächste Woche nach Hause, dann liegt nochmal der volle Fokus auf den nächsten drei Weltcups", sagte der 33-Jährige. "Da gehe ich von aus, dass ich noch in guter Form sein werde. Das war meistens auch meine Stärke, nach den Höhepunkten weiter Druck zu machen."