Er ist der erfolgreichste Fußballer seiner Generation, doch sein Abschied erfolgt ohne Titel: Toni Kroos. Der Mittelfeldstratege bestritt am Freitagabend, beim dramatischen Aus der deutschen Nationalmannschaft gegen Spanien, sein allerletztes Spiel als Fußballprofi. Der Traum vom EM-Titel im eigenen Land, er ging nicht in Erfüllung.
Nach dem Spiel trat Kroos niedergeschlagen, aber aufgeräumt vor die Mikrofone. Bei MagentaTV sagte er: "Es war ein Spiel, in das wir alles reingelegt haben. Wir waren sehr nah dran. Umso bitterer ist es."
Über sein eigenes Karriereende wollte er zu diesem Zeitpunkt nicht sprechen: "Jetzt im Moment überwiegt das Turnier-Aus, weil wir alle gemeinsam ein großes Ziel hatten. Dieser Traum ist einfach ein Stück weit geplatzt, auch wenn wir in den nächsten Tagen wahrscheinlich schon realisieren, dass wir ein gutes Turnier gespielt haben."
Im Podcast "Toni Kroos – The Underrated One" beleuchten wir die Karriere des DFB-Stars. Hier gibt es Folge 1:
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Kroos war nach seinem Comeback als Hoffnungsträger und Leader ins Turnier gegangen, Trainer Julian Nagelsmann hatte sein Gesamtkonstrukt auch auf Kroos ausgerichtet. Und die Rechnung ging über weite Strecken der fünf Partien auf.
"Ich denke, dass wir alle stolz sein können, weil wir alle eine Schippe draufgelegt haben. Ich bin froh, wenn ich da ein bisschen mithelfen konnte, dass wir in Fußball-Deutschland wieder die Hoffnung haben und den Anspruch haben, weiterzukommen. Und ich bin auch überzeugt, dass die Mannschaft das in Zukunft schafft", sagte Kroos bei MagentaTV nach der Partie.
Bewegend war zuvor auch sein Abschied auf dem Rasen. Mehrfach hatten die Fans in Stuttgart "Toni, Toni" während der Partie gesungen, auch dann, als er von Krämpfen geplagt auf dem Boden lag. Nach dem Abpfiff jedoch schien es, als brauche Kroos für einen Moment seine Ruhe.
In den ersten Sekunden nach dem Ende der Begegnung humpelte er langsam in Richtung Mittelkreis, einsam, ohne seine Mitspieler. Er spendete keinen Trost und bekam auch keinen. Er war einfach nur für sich.
Das beendeten ausgerechnet die Spanier, also die Gegenspieler. All jene, die ihn so gut kennen aus seiner Zeit als Ausnahmespieler von Real Madrid. Die ersten, die Kroos nach seinem Karriereende umarmten, waren die Gewinner. Zuerst Nacho, dann Carvajal, dann Joselu. Es waren bewegende Szenen nach einer aufreibenden Partie. Fast die ganze spanische Mannschaft kam zum Trost, ehe sie geschlossen zu ihren Fans ging. Zum Feiern.
Auf der anderen Seite gab es lange Gesichter, aber auch tröstenden Applaus vom deutschen Publikum. Und einen Stadionsprecher, der die sonst so heiligen Uefa-Regeln einfach mal missachtete. Der Mann am Mikrofon dankte dem deutschen Team für das ganze Turnier. Und schob nach: "Und auch wenn es nicht im Protokoll steht – danke an unsere Nummer 8 in seinem letzten Länderspiel: Toni Kroos!"
Vorgesehen war das nicht. Denn die Stadionsprecher müssen bei der EM neutral sein und dürfen sich nicht auf eine Seite schlagen. Für Kroos brach er diese so wichtige Vorgabe.
Kurze Zeit später war Kroos auf der Tribüne bei seiner Frau Jessica und seinen drei Kindern. Es gibt Fotos, die wir aus Respekt vor der Privatsphäre seines Nachwuchses nicht zeigen, auf denen er das Stadioninnere verlässt. Hand in Hand mit einem seiner Kinder.
Ab sofort hat Toni Kroos mehr Zeit für seine Familie. Es gibt Wichtigeres als Fußball. Auch wenn man's an diesem Abend noch nicht hören wollten.