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Sport
18.06.2018, 14:0618.06.2018, 17:19
constantin eckner
Um
während der WM mit dem eigenen Fußballwissen zu glänzen, braucht es schon etwas
mehr als nur auswendig gelernte Geburtsdaten von Neymar und Lionel Messi.
Gerade die grandiosen Defensivspieler kennt nicht jeder – und das völlig zu
unrecht. Die folgenden vier Könner ihres Fachs stehen im Schatten der ganz
großen Stars, sind aber für den Erfolg ihrer Nationalteams evident.
Taktik-Experte Constantin Eckner von Spielverlagerung.com erklärt, wer die Stars hinter den Stars sind.
Casemiro: Ein Bulldozer, der seine Schwächen kennt

Casemiro doing Casemiro things: das gegnerische Spiel zerstören Bild: eibner/imago
Auch wenn die Brasilianer mit Neymar, Coutinho oder Jesus ein wahnsinnig gutes Offensiv-Trio aufbieten – Trainer
Tite möchte sich viel eher zum Titel mauern. Dafür hat
er drei robuste Mittelfeldspieler aufgestellt. Hinter Fernandinho und Paulinho agiert Casemiro als Absicherung. Ähnlich
wie in Diensten von Real Madrid, wo er zwischen beziehungsweise hinter Toni
Kroos und Luka Modrić spielt, regiert der 26-Jährige im Zentrum des
brasilianischen Teams.
Wie ein
gefühlloser Bulldozer zerstört Casemiro das Offensivspiel des Gegners. Ständig grätscht
er im richtigen Moment rein oder fängt den eigentlich entscheidenden Pass ab. Dabei
wartet er aber nicht einfach auf seiner Position und lässt das Geschehen auf
sich zukommen. Casemiro wird selbst aktiv, rückt im richtigen Moment nach vorn
und setzt den Gegner unter Druck. Oder lässt sich bis in die Abwehr
zurückfallen und unterstützt an der Abseitsgrenze.
Das macht ihn im Vergleich zu
anderen zentralen Mittelfeldspielern im WM-Turnier so wertvoll. Es ist die
Mischung aus Athletik und Spielverständnis. Und Casemiro weiß um seine eigenen
Schwächen. Er beteiligt sich nur im Notfall am Passspiel und produziert somit wenig
Ballverluste. Der ehemalige Barcelona-Regisseur Xavi brachte es einmal auf den
Punkt:
"Bei Barça verstehen wir den Fußball im Kontext von Raum und Zeit. Busquets, (Andrés) Iniesta, (Lionel) Messi, sie alle beherrschen diese Dimensionen. Mittelfeldspieler wie Casemiro können das nicht. Auf der anderen Seite könnte Busquets nie so absichern oder Eins-gegen-Eins-Duelle bestreiten wie Casemiro.“
Xavi
Mit 3,6 Tacklings und zwei abgefangenen Pässen pro Partie gehört er zu den besten in der spanischen Liga
wie auch im internationalen Fußball. Der 26-Jährige ist vor allem ein
Defensivspezialist, wie es ihn nur noch selten auf diesem Niveau gibt, wie ihn
aber Brasiliens Trainer Tite für das eigene Defensivbollwerk benötigt.
Joshua Kimmich: Die wohltuende Ausnahme

Joshua Kimmich, FlankengottBild: team 2/imago
Nach
der WM 2014 beendete Philipp Lahm seine Karriere und riss unweigerlich ein Loch
auf der rechten Abwehrseite der deutschen Nationalmannschaft. Das wusste Joshua Kimmich rasch zu schließen wusste. Kimmich hält nicht
nur Thomas Müller auf der Seite den Rücken frei, er setzt oftmals selbst
Akzente im Offensivspiel – ob nun mit Flankenläufen oder klugem Passspiel.
Gerade weil der deutsche
Spielaufbau zumeist über Toni Kroos läuft und sich dieser mit Vorliebe zur
linken Seite bewegt, bringt sich Kimmich auf dem anderen Flügel in Position. Er
stiehlt sich vom gegnerischen Defensivverbund weg und wird dann mit einem
langen Diagonalball von Kroos bedient. Plötzlich hat Kimmich jede Menge
Freiraum für eine Flanke oder ein Dribbling. Und genau dann unterlaufen ihm
wenige Fehler. Seine Zuspiele kommen an. Eine Flankengenauigkeit von knapp 27
Prozent ist ein Top-Wert.
Zusätzlich ist sein Verständnis
für die richtige Positionierung auch weit abseits des Geschehens
außergewöhnlich. All das hebt ihn beispielsweise von Jonas Hector, dem zweiten
deutschen Außenverteidiger, wie auch vielen anderen seiner Zunft ab. Deshalb
schenkt ihm Joachim Löw auch derart viel Vertrauen. Denn würde der
Bundestrainer fürchten, dass Kimmich die Anspiele auf seiner Seite nicht
verarbeiten könnte, würde er ihn eher wie einen Hector schützen. Aber Kimmich
ist ein wichtiger Part des Offensivspiels und fordert diese Rolle auch für sich
ein. Bei einer WM, die an chronischer Außenverteidigerschwäche leidet, ist
Kimmich eine wohltuende Ausnahme.
Raphaël Varane: Die Mauer aus
Lille

Keiner kommt aus Rapha Varane vorbei – außer vielleicht Stan LibudaBild: imago sportfotodienst
Die
Franzosen sind momentan gesegnet mit Granaten in der Offensive. Doch der
Turniersieg führt wie immer über eine stabile Defensive. Deshalb kann Trainer
Didier Deschamps froh sein, dass er Raphaël Varane in seinem Kader hat. Der
25-Jährige gewann in den vergangenen drei Saisons dreimal die Champions League mit
Real Madrid und hat sich klammheimlich zu einem der besten Innenverteidiger der Welt entwickelt. Varane wirkt wie ein Abwehrspieler aus einem Versuchslabor: das
Auge eines Falken, die Athletik eines Pumas und die Präzision eines Schweizer
Uhrwerks.
Doch
zu seinem Erfolg gehört mehr. Er scheut das Risiko nicht, sondern sucht den
Zweikampf mit den Stürmern. Andere Innenverteidiger gehen zurück in der Angst,
den Gegner ansonsten passieren zu lassen. Varane hingegen rückt, wenn er den richtigen
Moment erkennt, aus der Abwehrkette heraus.
"Raphaël gehört genau wie Paul Pogba zu einer Generation, die keine Angst vorm Scheitern hat. Sie bleiben dran, schauen nach vorn und verlieren nie ihre Fassung"
Frankreichs Co-Trainer Guy Stéphan
Varane
ist ein proaktiver Verteidiger, wie es im Fußball-Jargon heißt. Er klärt
Situationen frühzeitig und muss nur selten zu Grätsche oder Tackling greifen –
rund einmal pro Partie. Gegner kommen statistisch gesehen jedoch nur alle zwei
Partien mal mit einem Dribbling an ihm vorbei. Ein absoluter Spitzenwert.
Kyle Walker: Mehr als nur ein Flügelläufer

Kyle Walker will in große Fußstapfen tretenBild: imago sportfotodienst
Von Gary Neville über Stuart
Pearce bis Alf Ramsey – die Liste großer englischer Außenverteidiger ist lang. Der
Arbeitsethos und die Ehrlichkeit des physischen Spiels auf den Flügeln stehen schon immer stellvertretend für Englands Verständnis von Fußball, dem
Sport der Arbeiterklasse. Einer, der die illustre Liste weiterführt, ist Kyle
Walker. Der Rechtsfuß von Manchester City mag nicht unbedingt die Schlagzeilen
füllen, wie es Harry Kane und Raheem Sterling tun, aber seine fußballerische
Klasse ist über alle Zweifel erhaben.
Zumal
Walker im letzten Jahr noch einen Sprung machte. Unter Anleitung von
Pep Guardiola läuft er nun nicht mehr nur schnurstracks die Außenbahn entlang,
sondern schaltet sich auch regelmäßig ins Mittelfeld ein. Walker ist das
Komplettpaket, das sich Englands Trainer Gareth Southgate wünscht. Deshalb ist
der 28-Jährige auch sowohl für die Außen- als auch die Zentralverteidigung
vorgesehen.
„Mit der Dreierabwehr hast du
etwas mehr Absicherung in der Mitte und er hat die Physis. Er ist schnell vorn,
er ist intelligent, gut im kurzen und langen Passspiel“, sagte Guardiola im
März über seinen Schützling und zog einen interessanten Vergleich:
"Eric Abidal und Philipp Lahm konnten auf unterschiedlichen Positionen spielen und sich sofort anpassen, so schnell, weil sie so gut waren. Kyle ist recht ähnlich."
Pep Guardiola
England fehlt es gerade in der
Abwehr an qualitativer Dichte. Umso wichtiger ist Walkers Flexibilität. Er kann
außen spielen, wenn sich weder Kieran Trippier noch der junge Trent
Alexander-Arnold behaupten. Oder eben innen aushelfen, wenn beispielsweise ein
Gary Cahill erneut Böcke schießt. Und das macht es für Nationaltrainer
Southgate auch einfacher, mitten im Spiel von Dreier- auf Viererabwehr
umzustellen. Walker würde sich umgehend in einer neuen Rolle zurechtfinden. Das
können nicht viele Verteidiger.
Noch mehr richtig gute Spieler: Die besten 20 Torschützen Europas
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Der Goldene Schuh: Die besten 20 Torschützen Europas
Rang 1: Lionel Messi (Barcelona/34 Tore)
quelle: imago sportfotodienst / urbanandsport
Der FC Bayern drängt auf einen Vertragsabschluss mit Leroy Sané. Und Alphonso Davies? Der streamt auf Twitch und hat einen Wirtz-Transfer schon längst vollzogen – zumindest virtuell.
Der FC Bayern ist deutscher Meister. Am Sonntagabend, drei Spieltage vor Saisonende, zelebrierten die Münchener den Titel auf dem Sofa. Einer, der seinen Anteil am Erfolg hatte, elf Tore und vier Assists beisteuerte, ist Leroy Sané.