Der FC St. Pauli engagiert sich wie kaum ein anderer Verein im Profi-Fußball für politische und gesellschaftliche Belange auch außerhalb des Fußballplatzes. Der Verein und seine Fans schreiben sich nicht nur auf die eigene Fahne, gegen Faschismus, Sexismus und Homophobie vorzugehen und Weltoffenheit und Queerness zu unterstützen. Auch Umwelt- und Klimaschutz stehen weit oben auf der außersportlichen Agenda des Zweitliga-Vereins.
Dieses selbstbewusste Engagement kann für St. Pauli aber auch zur Stolperfalle werden. Wer als Unternehmen – auch als Fußballclub – einen derartigen Moralanspruch kommuniziert, kommt früher oder später in Bedrängnisse, wenn es um wirtschaftliche beziehungsweise sportliche Entscheidungen geht.
Genau das geschieht nun bei den Hamburgern. Nach den intensiven Regenfällen in den letzten Monaten haben sie ihren Trainingsstandort für die nächste Woche verschoben – und kassieren dafür heftige Kritik von den Fans.
Was die Fans so aufregt: Die Mannschaft von Trainer Fabian Hürzeler zieht nicht etwa auf einen Trainingsplatz in der Umgebung oder in einer anderen Region Deutschlands um. Weit gefehlt. Wie der Verein am Mittwochnachmittag auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) verkündete, werden die Spieler vom 12. bis 16. Februar auf Mallorca trainieren.
Zur Begründung heißt es lediglich: "Die enormen Niederschlagsmengen der vergangenen Monate setzen den Fußballplätzen in Norddeutschland zu." In einer zeitgleich auf der Vereinswebsite veröffentlichten Pressemitteilung betont auch Sportchef Andreas Bornemann die Strapazen durch Regen, Schnee und Eis für die Plätze. Er danke den Greenkeepern "für ihren unermüdlichen Einsatz. Doch irgendwann stoßen auch sie an ihre Grenzen."
Verständlich ist ein Standortwechsel natürlich. Dass es aber für nur wenige Tage im Flieger nach Spanien geht, ist für viele Fans inakzeptabel. Schließlich heißt es auf der Vereinswebsite in einem Eintrag zur Nachhaltigkeitsstrategie:
Weiter heißt es dort, dass man auf ein "aktives Mitwirken von Menschen im und rund um den Verein angewiesen" und ein nachhaltiges Agieren "alternativlos" sei.
Vor diesem Hintergrund stößt der Mallorca-Trip sowohl bei Anhänger:innen des Vereins als auch bei Fans anderer Teams sauer auf. Sie spotten, die Aktion sei "sehr umweltfreundlich" beziehungsweise "sehr nachhaltig" oder fragen süffisant: "Was darf Satire"? Auf Kritik stößt auch, dass der Mallorca-Plan nicht mit den selbstgesetzten Klimavorhaben Paulis zusammengeht.
Ein Account bringt die Einwände der meisten gegen das Reiseziel Mallorca auf den Punkt: "Wäre ja auch zu schwer im Hamburger Umland einen geeigneten Platz zu finden." Bei der harten Kritik wird es für den Verein in den nächsten Tagen wohl schwierig sein, sich nicht ein weiteres Mal für die Reise nach Spanien zu erklären.