Ein alkoholisches Kaltgetränk verzückt die Zuschauer und ein Politiker verliert die Contenance. Zum letzten Mal in dieser Woche lädt Markus Lanz in seine Sendung. Die Themen reichen vom Impfen über die Wissenschaft allgemein bis zur Lage der Linken vor der Bundestagswahl. Lanz diskutiert mit folgenden Gästen:
Am Anfang hat Dietmar Bartsch noch gut Lachen. Da geht es um Impfstoffmangel, er übt ein bisschen Kritik an der Regierung. Um dann aber wieder freundlich abwägend zu werden. Etwa beim Umgang mit dem Impfstoff Astrazeneca, für den die Empfehlungen mehrfach wechselten. "Da bin ich froh, dass ich Opposition bin und das nicht entscheiden muss", gibt der Fraktionsvorsitzende der Linken ganz offen zu. Doch schon da fängt Markus Lanz an zu sticheln: Ob es denn stimme, dass er gar nicht regieren wolle?
Markus Lanz hat sich vorgenommen, Dietmar Bartsch ordentlich zu grillen. Und dafür hat er sich Verstärkung ins Studio geladen: Die Politik-Journalistin Anna Lehmann von der taz. "Sie waren mal bei 16 Prozent, jetzt sind sie bei zehn – reicht ihnen das?", fragt Lanz Bartsch zu aktuellen Hochrechnungen. "Nein, wenn es nach mir ginge, wäre es 50+1", scherzt Bartsch jovial. Sein realistisches Ziel sei zweistellig in den Bundestag einzuziehen. "Ist das Größenwahn oder Autosuggestion, Frau Lehmann?", übergibt Lanz an seinen Sidekick, mit der er Bartsch in die Zange nehmen will.
Sie antwortet anfangs noch freundlich mit "gesunder Optimismus" um dann zu mutmaßen, dass die Linken nur 7 Prozent holen und Bartsch danach für seine Aussage "verprügelt" werde.
Bartsch, der kleine Sticheleien von Lanz in der Anmoderation weggelächelt hat und sich erst nichts anmerken lässt, kann mit Anna Lehmann offenbar gar nicht gut. Immer wenn sie spricht, schaut Bartsch genervt oder atmet hörbar aus. Lanz möchte "noch richtig Wasser in den Wein gießen", indem er den Abgang des Linken-Wirtschafts-Experten Fabio de Masi thematisiert. "Hört jetzt auf, guter Mann, hat keinen Bock mehr auf die Linkspartei." "Nein, stimmt nicht." "Doch, der hat kein Bock mehr auf Sie!", lacht Lanz und zitiert dann aus einem De-Masi-Interview über die Linken: "Zu abgehoben, zu moralisierend, zu weit weg von den Menschen, die ihr Geld mit den Händen verdienen." Bartsch will die Kritik erst wegreden, aber Lanz liest sie einfach nochmal vor. Und Bartsch gibt auf: "Der Kern stimmt. Wir müssen viel mehr bei denjenigen sein, die in dieser Gesellschaft ausgegrenzt sind. Soziales heißt unsere Kernaufgabe."
Lanz übergibt wieder an seinen Sidekick Anna Lehmann. Sie sieht die Misere der Linkspartei darin, dass sie sich mehr um sich als die Probleme der Leute gekümmert habe. Beispielsweise habe sie sich beim Thema der offenen Grenzen "lustvoll zerstritten", obwohl sie in der Opposition sowieso nichts machen konnten. "Sie kämpfen Lagerkämpfe aus – Prinzip Selbstbeschäftigung." Durch die verschiedenen innerparteilichen Strömungen gebe es "inhaltliche Lähmungserscheinungen".
Die Kamera fängt Bartsch ein, wie er dabei genervt in Richtung Decke guckt. Als er dann antworten darf, poltert er los: "Das ist die Sicht von Frau Lehmann, die ich kenne, sie ist nur dezidiert falsch." Bei der letzten Bundestageswahl sei er Spitzenkandidat gewesen und habe 9,2 Prozent erreicht. "Darauf kann man stolz sein." Lanz fragt ihn nach den innerparteilichen Auseinandersetzungen in der Migrationspolitik und wie er es sehe. Bartsch gibt zu, dass diese "auf machtpolitischer Folie" ausgetragen wurden, erklärt lang, dass er die Ursachen von Flucht und Vertreibung beheben wolle. "Damit kein Mensch flüchten muss." Lanz wirft ihm vor, Nebelkerzen zu werfen. Und nachdem er die Frage zum dritten Mal zugespitzter formuliert ("Einwanderung begrenzen oder nicht?") antwortet Bartsch: "Ich bin für offene Grenzen für Menschen in Not, wir haben uns immer gegen Obergrenzen ausgesprochen." Als Anna Lehmann ihm dann vorwirft, dass er es sich nur nicht mit dem Wagenknecht-Flügel verderben wolle, weil er sonst nicht wiedergewählt werde, ist es um Bartschs Contenance endgültig geschehen:
Allerdings hängt seine Zukunft als Fraktionsvorsitzender wohl auch vom Ergebnis bei der Bundestagswahl für die Linken ab. Die Gute Nachricht: Viel schlechter als bei Lanz können Bartsch und seine Partei dort nicht abschneiden.
Dietmar Bartsch kritisiert die späte Impfstoffbestellung der EU: "Das kostet Leben. Europa hat versagt, weil ewig um Cents gefeilscht worden ist – das ist ein Skandal." Da reißt Wissenschafts-Journalist Harald Lesch den Talk an sich. Er findet: Vor einem Jahr hätte man nicht mit einer so schnellen Impfstoffentwicklung gerechnet. "Eine so hervorragende Leistung der Wissenschaft", sei das, aber sie werde nicht mehr gewürdigt. "Stattdessen reden wir darüber, dass es ein Skandal ist. Das ist ja keine Brühe, wo man ein bisschen was an Nährstoffen reinmacht, ein Impfstoff ist kein Klacks." Bartsch hatte ja auch nur die Langsamkeit der Politik beim Bestellen kritisiert. Egal, Harald Lesch begeistert die Zuschauer. Auch mit dem Abweichen vom stillen Wasser als TV-Standardgetränk.
Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats findet, dass man bei der Impfung für Kinder "vom Turbo runter" gehen sollte. Es gebe ja immer noch genug Menschen über 60, die noch nicht geimpft seien und gleichzeitig noch immer nicht genug verfügbaren Impfstoff. Die Stiko hat bisher noch keine Empfehlung dazu gegeben, Kinder zu impfen. Zu gering ist die Gefahr für Kinder, schwer an Corona zu erkranken, zu wenig aussagekräftig die bisherigen Studien. Ihre Vermutung ist, dass sich die Kommission nach den medizinischen Studien der Hersteller nun auch die Daten der drei Millionen bereits in den USA geimpften Teenagern ansehen will. Zum Thema gravierende Spätfolgen hat sie eine Art Entwarnung parat:
Die Schattenseite: Es sei aber, zum Beispiel bei der Schweinegrippe mit Folge Narkolepsie, vorgekommen, dass man es erst Jahre später wirklich wissenschaftlich zur Kenntnis genommen habe.