Mehr denn je gilt es in Hollywood derzeit, den schönen Schein aufrechtzuerhalten. Die verheerenden Brände rund um die kalifornische Metropole Los Angeles sind gerade erst gelöscht, tausende Menschen verloren ihre Existenz.
Gleichzeitig wird zu dieser Jahreszeit in Hollywood so viel gefeiert wie sonst nie. Es ist Award-Season: Jedes Wochenende findet eine neue Preisverleihung statt, bevor Anfang März die Oscars vergeben werden. Die Filmwelt präsentiert sich von ihrer glamourösesten Seite. Alle putzen sich heraus.
Viele der schicken Anzüge und Kleider dürften geliehen sein. Denn Tatsache ist: Schon vor den Bränden konnten sich große Teile der Filmindustrie das Leben in Los Angeles nicht (mehr) leisten. Darauf wirft mit Brady Corbet nun einer der prominentesten Teilnehmer der Oscar-Saison ein grelles Schlaglicht.
Brady Corbet geht mit seinem Migrations-Epos "Der Brutalist" ins Rennen um den Oscar für den Besten Film. Insgesamt erhielt das Werk zehn Nominierungen für eine der goldenen Trophäen. Der 36-Jährige ist ein Independent-Filmemacher, er dreht seine Filme nicht für eines der mächtigen Studios und geht so bei seinen Arbeiten ein größeres finanzielles Risiko ein.
Mit dem Comedian Marc Maron sprach der Regisseur über seine aktuelle wirtschaftliche Situation. Er und seine Partnerin Mona Fastvold hätten mit ihren "letzten beiden Filmen, die wir gemacht haben, null Dollar verdient", zitiert ihn der "Hollywood Reporter". Auf Nachfrage bekräftigt der Regisseur:
Erschwerend kommt hinzu: Bei der Pressetour für "Der Brutalist", die nun seit sechs Monaten läuft, leiste er quasi sieben Tage die Woche unbezahlte Arbeit. Freie Tage kann er sich kaum leisten. Stattdessen muss er sich mit kleineren Regie-Gigs über Wasser halten:
Brady Corbet ist mit diesem Problem nicht allein, auch nicht im Teilnehmerfeld der Oscars. "Ich habe mit vielen Filmemachern gesprochen, deren Filme dieses Jahr nominiert sind und die ihre Miete nicht bezahlen können. Ich meine, das ist ein echtes Problem.“
Erfolgreiche und gefeierte Filmschaffende, die am Existenzminimum leben: Wie kann das eigentlich sein?
Die Milliarden sprudeln zwar, wenn auch auf rückläufigem Niveau, aber der nordamerikanischen Branche geht es seit Jahren schlecht. Das System ist fehlerhaft.
Durch die Streaming-Revolution verloren Schauspieler:innen und Autor:innen die Aussicht auf die wichtige Tantiemen, die nur bei Fernsehausstrahlungen ausgeschüttet werden.
Ohnehin sickert von den enormen Profiten, die die nordamerikanische Film- und TV-Industrie noch immer erwirtschaftet, zu wenig zum unteren Drittel der Industrie durch: den etwas unbekannteren Schauspieler:innen, den Arthouse-Regisseur:innen, den Gewerken, also den Kameraleuten und so weiter. Studio-Bosse wie Warner Discoverys CEO David Zaslav erhalten hingegen hohe Millionen-Gehälter.
Von den Filmschaffenden selbst wird nur das oberste Prozent wirklich reich. 2022 beschwerte sich die damals schon gut beschäftigte Schauspielerin Sydney Sweeney ("Euphoria") über ihre – relativ gesehen – geringen Einnahmen. Eine Karrierepause könne sie sich nicht leisten.
Das sind die realen Verhältnisse und auf diese Probleme wies die gesamte Branche vorletztes Jahr bei ihrem Doppelstreik hin, der die Industrie erschütterte. Aber auch nachhaltig veränderte? Die Studios blieben stur. Die Streikenden fuhren nur kleinere Feldgewinne ein. Es ging vor allem darum, das zu behalten, was man gerade noch besitzt.