Thomas Gottschalk präsentiert aktuell vor Publikum sein Buch.Bild: dpa / Marcus Brandt
Meinung
Nach seinem "Spiegel"-Interview ("Ich habe Frauen im TV nur rein dienstlich angefasst") war es Thomas Gottschalk gelungen, die mediale Aufmerksamkeit voll auf sich und sein neues Buch zu lenken. Links beschwerte man sich über den unverbesserlichen, alten weißen Mann. Rechts machte man ihn zu einer Art Wortführer im Kampf gegen die Wokeness und überzog gottschalk-kritische Stimmen wie Jörg Kachelmann oder Micky Beisenherz mit einem zünftigen Shitstorm.
Was kann man also erwarten, wenn man auf die Gottschalk-Lesung zu seinem neuen Buch "Ungefiltert" geht, die am Donnerstagabend in Berlin stattfand? Einen Saal voller Boomer, die johlen und klatschen, wenn Gottschalk sagt, dass man heutzutage nicht mehr alles sagen darf, die Gen Z faul ist und er das Schnitzel mit Paprikasoße endlich wieder beim Namen nennen will?
Watson ist für euch vor Ort gewesen. Und hat einige Überraschungen erlebt.
Auf einer Thomas-Gottschalk-Lesung wird nicht gelesen
Pünktlich um 20 Uhr enterte Gottschalk die Bühne des Pfefferberg Theaters – und das muss man ihm lassen: Er strahlte auf jeden Fall eine gewisse Präsenz aus, als er den Raum betrat. Zunächst posierte er fünf Minuten für die anwesenden Pressefotograf:innen, bevor er sich an den kleinen Tisch setzte, um aus seinem Buch zu lesen.
Er begann ganz am Anfang – mit dem Vorwort, das den Titel trägt: "Liebe Lesende!" Gelächter im Saal. Höhöhö, gendergerechte Sprache, höhöhö. Er las ein bisschen vor, kam aber nicht weit, weil er sich immer wieder selbst unterbrach, um einfach drauflos zu erzählen.
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Dabei ging es zunächst um sehr viel Selbsterklärung und Selbstrechtfertigung, womit Gottschalk einiges vorwegnahm, was eigentlich im Buch steht: Damals waren es halt andere Zeiten, in denen es das heutige Problembewusstsein noch nicht gab; eine Hand auf dem Knie einer Frau ist noch lange keine Absicht, sich an ihr sexuell zu vergehen; und das mit dem Z-Wort ist doch halb so schlimm, er habe genug Leute kennengelernt, die sich selbst so bezeichneten.
Zwischendurch schweifte er immer wieder ab und gab irgendwelche Anekdoten aus seinem Leben zum Besten. Einen roten Faden hatte das alles nicht.
Beim "Kölner Treff" wurde auch über Schnitzelsoßen gesprochen.Bild: imago images / future image
Thomas Gottschalk in seinem Element
Nach einer halben Stunde, in der Gottschalk also viel schwadronierte und nur etwa die Hälfte des Vorworts und eine Anekdote aus Kapitel drei vorlas, klappte er das Buch endgültig zu, weil er viel lieber direkt zu den Publikumsfragen kommen wollte. Das Licht im Saal ging an und ab da zeigte sich, worum es bei der ganzen Sache hier eigentlich ging.
Es ging nicht um Political Correctness oder ums Gendern oder um Wörter, die mit Z anfangen, sondern es ging nur um eines: um Thomas Gottschalk.
Die Fragen, die die Fans (mehrheitlich Ü50) nun stellten, waren typische Fan-Fragen: Wie war das damals mit diesem oder jenen Promi? Was wer der schönste oder peinlichste Fernsehmoment? Wo hängen eigentlich all die "Wetten dass …?"-Anzüge von früher?
Hier war Gottschalk voll in seinem Element. Er konnte von sich und seiner Karriere erzählen, mit den Anwesenden scherzen und die Aufmerksamkeit auskosten. Gelang ihm eine gute Pointe, wusste er die Kunstpause zu setzen, und während das Publikum applaudierte, lächelte er zufrieden und blickte in die Menge.
Zwei Typen (beide deutlich unter 50) stellten mehrere Fragen und versuchten, den "Man darf nichts mehr sagen"-Gottschalk herauszukitzeln. Aber darauf ließ er sich nicht ein. Dass er von rechter Seite instrumentalisiert wird, wird ihm wirklich nicht gerecht. Ist er aber deshalb von dem Vorwurf des alten weißen Mannes freizusprechen? Man könnte höchstens mildernd anführen, dass er eine seltsame, eigenwillige Naivität an den Tag legt, die in Zeiten, in denen alles und jede:r Haltung zeigen muss, deplatziert ist.
Alt, weiß, männlich – widersprüchlich
Denn Thomas Gottschalk lässt einen mit Widersprüchlichkeiten zurück. Er sagt mitunter bemerkenswerte Dinge, zum Beispiel: "Die jungen Leute, vor denen wir uns heute fürchten, haben wir selbst auf dem Gewissen. Wir haben sie selbst erzogen."
Dann stichelt er aber doch wieder gegen die Gen Z mit ihrer Work-Life-Balance. Er erzählt gerne davon, wie er als Radio- und Fernsehmoderator rebellisch und non-konformistisch war und sich selbst gegen die Moralvorstellungen seiner Elterngeneration auflehnte – aber seiner Enkelgeneration gesteht er das nicht zu?
Er betont immer wieder, dass er so vieles heutzutage nicht verstehe – sei es Influencer-Ruhm, Reality-TV oder hitzige Debatten auf Social Media. Und dass das ja alles nicht so wichtig sei und ihn das gar nicht interessiere. Und dass er ja nur ein Gaukler sei und er die Leute nur unterhalten wolle und dass das, was er sagt, ja auch alles nicht so wichtig sei. Gleichzeitig ist ihm das aber dann doch alles wichtig genug, um darüber zu reden und sogar ein Buch darüber zu schreiben.
Ein Buch voller Nichtigkeiten?Bild: dpa / Marcus Brandt
Seid lieber nostalgisch, nicht ungefiltert
Er sagt selbst, er wolle gar nicht der alte Nörgler sein, für den früher alles besser war. Aber warum dann das Ganze? Letztlich tut sich Gottschalk mit seinen Interviews und seinem Buch keinen Gefallen. Sollte er tatsächlich daran zu knabbern haben, dass die Liebe seines Publikums schwindet oder ihn die Gegenwart irritiert, sollte er nicht auf diese Weise darauf reagieren.
Dafür ist Gottschalk nicht geeignet. Falls er und seine Fans tatsächlich mit der Gegenwart hadern, sollten sie nicht in irgendeinen Angriffsmodus schalten und sich darüber beklagen, was sie alles nicht verstehen. Sie sollten stattdessen das tun, wofür Gottschalk am besten geeignet ist, wie dieser Abend gezeigt hat: die Gegenwart vergessen und in Nostalgie schwelgen.
Mit TV-Krimis kennt Pia Barucki sich aus. In der RTL-Krimi-Reihe "Dünentod" spielt sie seit 2023 die Ermittlerin. Zuletzt war Pia Barucki im "Tatort" aus Bremen zu sehen, allerdings mit einer ganz anderen Rolle, nämlich als Täterin. Viele kennen die Berliner Schauspielerin auch aus der RTL-Serie "Der König von Palma". Doch wie tickt die Schauspielerin privat?