Über Greta Gerwigs "Barbie"-Film wird spätestens seit dem Release des ersten Trailers heftig diskutiert. Die knallbunte Optik wird dem schrillen Universum rund um die Kultpuppe gerecht, und mittendrin stecken mit Ryan Gosling und Margot Robbie zwei absolute Superstars.
Über die Puppe selbst gibt es natürlich auch einiges zu sagen: Einerseits hat die Idee dahinter feministische Ansätze, andererseits verfestigten sich durch die blonde Standard-Barbie unrealistische Schönheitsideale, die bis heute nachwirken.
Vorweg: Eine bessere Hauptdarstellerin als Margot Robbie ("The Wolf of Wall Street") hätte für den Film kaum gefunden werden können. Ein anderer Star erscheint jedoch umso deplatzierter im Sommer-Blockbuster. Ryan Goslings Auftritt wirkt an manchen Stellen einfach nur unangenehm.
Achtung: Ab hier folgen leichte Spoiler zur Handlung des Films. Wer sich im Kino lieber komplett überraschen lassen möchte, sollte daher vorsichtig sein.
Die Rollen von Frauen und Männern und in der Gesellschaft werden in "Barbie" durchexerziert und auf den Kopf gestellt, fast schon bis zur Ermüdung. Patriarchale Strukturen kritisiert Greta Gerwig dabei deutlich, "Barbie" ist deshalb aber keineswegs ein Anti-Männer-Film.
Am Ende steht vielmehr die Erkenntnis, dass einseitige Macht-Verhältnisse niemals auf Dauer zu einem friedlichen Miteinander führen – worauf sich wohl die meisten einigen können. Zur großen Kontroverse taugt "Barbie" insoweit nicht wirklich.
Umso streitbarer ist jedoch die Figur des Ken, seit jeher nur ein Sidekick der Kult-Puppe. Im Film wird sogar frech betont, dass Ken eigentlich vollkommen irrelevant ist. Zugleich kommt ihm ein doch sehr wichtiger Part in der Handlung zu, denn: So ganz ohne Männer lässt sich nur schwer etwas über die Rolle der Frau erzählen, und Ken liefert an der Stelle natürlich eine Steilvorlage, mit der die Regisseurin auf durchaus amüsante Art arbeitet.
Das Problem: Ryan Gosling ist mit seinen blonden Haaren und seinem prototypisch guten Aussehen nur optisch eine gute Wahl für die Besetzung des Ken. Der 42-Jährige hat sich in den 2010er Jahren durch sein sehr zurückgenommenes Acting selbst zur Marke gemacht, vor allem "Drive" und "Blade Runner 2049" stehen dafür stellvertretend.
Die einen bewundern seine geheimnisvolle Aura auf der Leinwand, andere wiederum bezeichnen seinen Ansatz als "Anti-Schauspiel" und können mit dem Hype nichts anfangen.
"Barbie" zeigt im Vergleich zu seinen früheren Filmen jetzt aber einen Ryan Gosling auf LSD – mal auf Inline Skates, mal in freizügiger Lederkluft, sogar eine Tanzeinlage gibt es. Selten sieht man einen Hollywood-Star so heftig gegen sein Image anspielen, was ja erst einmal absolut keine schlechte Sache ist.
Sehr wohl nachteilig ist dagegen der Umstand, dass "Barbie" eine große Schwäche von Ryan Gosling offenlegt: Er ist kein Comedy-Darsteller. Beim besten Willen nicht. Dafür ist er zu eitel. Umso ungünstiger für ihn, dass der Film zwischen Gesellschaftskritik und (Slapstick-)Humor fröhlich hin und her schwankt. Margot Robbie meistert diesen Spagat, Ryan Gosling hechelt ihr meistens hinterher – genau so, wie es sich auch zwischen Barbie und Ken verhält.
Im Hinblick auf den Lach-Faktor ist es letztlich aber ein ganz anderer Schauspieler, der die Akzente setzt und oft den Unterschied macht: Will Ferrell als überdrehter Mattel-CEO aus der "echten" Welt reißt so manche Szene an sich.
Interessanterweise ist sein Schauspiel-Verständnis konträr zu Ryan Goslings, bei Ferrell ist zu viel an Ausdruck und Körpereinsatz nämlich gerade gut genug, was er in zahlreichen Komödien bewiesen hat.
Positiv gedreht heißt das: Ihm ist keine Szene zu albern, darin geht er sogar erst richtig auf. In einen Film wie "Barbie" passt er daher schon "von Natur aus" viel besser als Ryan Gosling, für den 56-Jährigen ist es spürbar ein Heimspiel.
Auch dank Will Ferrell wird "Barbie" zu keiner Sekunde langweilig, einen seltsamen Nachgeschmack hinterlässt der Film aber schon: Er ist nicht tiefgründig genug, um zum Nachdenken anzuregen und setzt auch keine neuen feministischen Akzente.
Menschen, die die Puppe lieben, können dem Streifen potentiell ebenso etwas abgewinnen wie Personen, die schon als Kind ihre Barbie genüsslich verbrannt haben. Die rosa Glitzerwelt wird auf der einen Seite ironisch betrachtet und durch den Kakao gezogen und doch ist es natürlich ausgerechnet auch der Konzern Mattel, der von den Einnahmen mit profitiert. Wer damit leben kann, dass "Barbie" auf keiner Ebene wirklich konsequent ist, dürfte mit dem pinken Treiben auf der Leinwand trotzdem seinen Spaß haben.