Ein Sieg für Måneskin im Jahr 2021, zudem die Plätze zwei, vier, fünf und sechs: Italiens Musiker:innen dominierten mit ihren Auftritten die vergangenen Jahre beim Eurovision Song Contest. Diese Serie scheint sich 2024 fortzusetzen: Angelina Mango vertritt das Land am 11. Mai in Schweden – und die 22-Jährige erobert die Herzen schon jetzt im Sturm.
Mango setzte sich vor gut zwei Wochen beim legendären Musikfestival in Sanremo durch. 16 Millionen Menschen schauten zu – die Veranstaltung ist DAS TV-Highlight des Jahres in Italien und verbucht TV-Quoten, die sonst nur denkbar sind, wenn die italienische Nationalmannschaft bei einer EM oder WM weit kommt.
Angelina Mangos Sieg war dabei ein weiteres Zeichen, dass (auch in Sanremo) ein Generationenwechsel vollzogen wird: Sanremo war einst ein Festival für Schlager, die Liste der Gewinner:innen wird von Männern dominiert. Und sie ist überaus prominent besetzt: Eros Ramazzotti, Umberto Tozzi, Toto Cutugno, Adriano Celentano oder Al Bano und Romina Power – sie alle gewannen (mindestens einmal) in Sanremo.
Und jetzt ist da Angelina Mango, 22 Jahre jung, sympathisch und nahbar, die alles mitbringt, um Sprachrohr einer ganzen Generation zu werden.
In Schweden wird sie "La Noia" singen, ein Lied über die Langeweile. Ein gar nicht so untypischer Italopop-Song der Moderne, der in Italien in den Clubs und im Radio schon rauf und runter läuft und im Sommer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit viele, viele Strandbars beschallen wird.
Hier siehst du Angelina Mangos Auftritt mit "La Noia" in Sanremo:
Die Auftritte in Sanremo sind in den vergangenen Jahren immer politischer geworden, Themen wie Gleichberechtigung, Rassismus oder der Krieg in der Ukraine werden nicht länger ignoriert. Mango hingegen singt über ihre Gefühlswelt; über negative Schwingungen, die einen runterziehen; über die Angst vor der Langeweile; über schwierige Situationen, gegen die sie antanzen will. Denn: "Wenn ich riskiere zu stolpern, höre ich wenigstens auf, mich zu langweilen."
Die Sängerin stammt aus einer musikalischen Familie: Ihre Mutter ist Laura Valente, Sängerin der ehemaligen Band Matia Bazar, mit der sie in Sanremo ebenso auf der Bühne stand wie Angelinas Vater Pino Mango, der Mitte der Achtziger in Sanremo den Durchbruch schaffte.
Ihren jüngsten Erfolg, das betonte Mango zuletzt immer wieder, widmet sie auch ihrem Vater, der vor zehn Jahren verstarb. Der damals 60-Jährige erlitt bei einem Konzert in Policoro auf der Bühne einen Herzinfarkt. Er sagte noch "entschuldigt bitte" und brach zusammen. Er war tot, ehe der Krankenwagen das Krankenhaus erreichte.
Pino Mango durfte nicht miterleben, wie der Stern seiner Tochter in den vergangenen Jahren aufging. 2020 veröffentlichte sie ihre erste Single, 2021 wurde sie von Sony unter Vertrag genommen, 2022 wurde sie in der Castingshow "Amici di Maria De Filippi" Zweite, 2023 war sie zum ersten Mal auf Tour.
Auf Instagram hat Mango eineinhalb Millionen Follower:innen, auf Tiktok ist sie ähnlich erfolgreich, sie hatte schon Covershootings für die "Cosmopolitan" und die "Vanity Fair". 2022 noch wurde sie als Teilnehmerin fürs Festival von Sanremo abgelehnt, zwei Jahre später ist sie die strahlende Siegerin.
Am 11. Mai in Malmö wird Mango nun erstmals vor den Augen der Weltöffentlichkeit auftreten. Schenkt man den Wettbüros Glauben, gehört sie in Schweden zu den großen Favorit:innen auf den Sieg.
Die Nase vorn hat im Moment die Ukraine: Alyona Alyona und Jerry Heil mit "Teresa & Maria" liegen nach einer Analyse von "Eurovision World" auf Platz eins, gefolgt von der kroatischen Band Baby Lasagna ("Rim tim tagi dim") und Mango.
Halt gibt Mango in dieser Zeit ihr Freund Antonio Cirigliano, mit dem sie in Mailand zusammenlebt. Für ihn hat sie ihren ESC-Song geschrieben. "Die Liebe hat mich verändert", sagt Mango. "Früher war ich melancholisch, heute bin ich anders."
Bei den Zuhörer:innen verfängt diese Energie. Unter dem oben eingebetteten Youtube-Video überschütten sie Kommentierende mit Lob, auf Spotify wurde "La Noia" schon über 20 Millionen Mal gestreamt.
Und Mango? Versucht cool zu bleiben. "Ich habe keine allzu hohen Erwartungen an die Zukunft", sagte sie vor wenigen Tagen in einem Interview.
Doch sie spürt, dass die vergangenen Tage ihr Leben auf den Kopf gestellt haben: "Manchmal wache ich auf und sage mir: 'Es hat sich nichts geändert.' Das Haus ist dasselbe und mein Leben ist dasselbe. Dann gehe ich raus und verstehe, dass es anders ist."