Sandra Maischberger meldet sich aus der Sommerpause zurück. Und es sitzt wieder Publikum bei ihr im Studio. Nicht soviel wie vor der Pandemie, aber immerhin. Für ihren Start hat sich die ARD-Talkerin ein illustres Panel eingeladen:
Zum Warmwerden diskutiert das Kommentatoren-Panel erst einmal über das Locken zur Corona-Impfung mit Bratwürsten, wie es in Thüringen geschehen ist. Amelie Fried fand das zuerst problematisch. "Eine Impfung gegen eine potentiell tödliche Krankheit sollte Geschenk genug sein", urteilte die Autorin anfangs. Mittlerweile hat sie aber ihre Meinung geändert und würde noch ein Bier dazu spendieren. Sie findet: "Impfen ist mehr als eine private Entscheidung". Eine Impfpflicht für Lehrer kann sie sich vorstellen, wer sich nicht impfen lässt, müsse eben mit Einschränkungen leben.
Welt-Journalist Robin Alexander hat auch die Schulkinder im Blick. "Warum sollen meine Kinder jetzt wieder zu Hause bleiben? Auch Geimpfte und ihre Kinder haben Rechte."
Entspannter als seine Kollegen sieht es Verleger Wolfram Weimer. "Die Impf-Kampagne läuft doch eigentlich ganz gut“, meint er . Ein "Nein" zum Impfen müsse man akzeptieren. In England sänken die Zahlen trotz Lockerungen, so Weimer. "Vielleicht ist diese Pandemie in ihrem Endstadium?", mutmaßt er sogar.
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Einig sind sie sich die drei Kommentatoren bei der Causa Aiwanger. Markus Söders Wirtschaftsminister war aus der strikten bayerischen Corona-Linie ausgeschert und hatte sich abwartend bis skeptisch gegenüber dem Impfen positioniert. Für Amelie Fried wurde er so zum "Verlierer der Woche". "Er fischt in trüben Gewässern", sagt sie und bezieht sich damit u.a. auf Querdenker.
Robin Alexander sieht darin politisches Kalkül. Aiwanger habe sich ein Thema gesucht, um sich bundesweit positionieren zu können. So sieht es auch Weimer: "Ein Versuch, bundesweit Profil zu gewinnen", sei das und Aiwanger sowas wie der "Wolfgang Kubicki des Südens".
Gut, dass Maischberger dann Hubert Aiwanger selbst zu Wort kommen lassen kann. Beim Gespräch mit Aiwanger, der mehrfach in einer Mischung aus ver- und gespielter Überlegenheit lacht, kommt wenig heraus. "Impfen ist richtig, ich bin auch froh, das wir die Impfung haben, trotzdem müssen wir das Recht des Einzelnen auf seinen Körper beherzigen", erklärt er seine Position. Als Maischberger ihn nach seinen Gründen fragt, antwortet er erst, dass alle Argumente, die er vorbringen würde "zerlegt werden" und sagt dann: "Man muss dazu keine Begründung abgeben." Danach kokettiert er: "Ich wundere mich, warum die Person Hubert Aiwanger so interessant ist." Für die Zukunft schließe er eine Impfung für sich nicht aus.
Und so empfiehlt er: "Lasst den Leuten die Zeit, sich zu informieren und sich zu entscheiden. Übt keinen öffentlichen Druck aus."
Robert Habeck ist geimpft, wie er auf Nachfrage von Maischberger ("Darf man das fragen?") bekundet. Aber auch für ihn steht fest: "Wir sind nicht an dem Zeitpunkt, über eine Impfpflicht zu reden."
Aber natürlich ist bei den Grünen aktuell eher die innerpolitische Situation interessant, angesichts der fallenden Umfragewerte. Maischberger versucht Habeck bei seiner Eitelkeit zu packen. Ob die Grünen mit ihm als Kanzlerkandidaten eine Chance aufs Kanzleramt hätten, will sie wissen. Aber er pariert genauso souverän wie erwartbar: "Wir haben auch mit Annalena eine Chance aufs Kanzleramt." Nach den Qualitäten von Annalena Baerbock gefragt, fällt ihm allerdings nichts ein und als Maischberger wegen Baerbocks Fehltritten nachhakt, sagt er nur:
Es gebe innerparteilich keine Debatte darüber, ob Baerbock noch die Richtige sei. "Alle kämpfen dafür, dass die Entscheidung zu einer richtigen gemacht wird."
Das klingt dann doch etwas skeptisch. Und Habeck gibt auch zu, dass die Grünen nun als Partei "aus einer zerbrechlichen Phase in eine stabile Phase" kommen wollten. Sie müssten jetzt Vertrauen aufbauen.
Maischberger wechselt zum Thema Energiegeld. Das wollen die Grünen laut Wahlprogramm jedem Bürger zahlen, um klimaschutzbedingte Verteuerungen teilweise abzufedern. 75 Euro sind geplant. "Ich brauche es nicht“, outet sich Maischberger als Besserverdienerin und fragt, warum Gutverdiener wie sie das auch bekommen sollen. Der Einfachheit halber meint Habeck. Als Maischberger wegen den genauen Zahlungsmodalitäten der 75 Euro nachhakt – etwa, ob es einen Scheck gibt, oder ob die Bürger erst etwas vorauszahlen müssen – benutzt Habeck ein Wort, dessen problematische Herkunft in heutiger Zeit allen bekannt sein könnte. Die Berliner Bürgermeisterkandidatin Bettina Jarasch hatte etwa davon gesprochen, dass sie als Kind "Indianerhäuptling" werden wollte, sie entschuldigte sich später dafür. Habeck hatte die Problematik des lange unbedacht benutzen Wortes offenbar nicht auf dem Schirm, er sagt: "Das Geld geht trotzdem zurück, großes Indianerehrenwort." Die große Empörung bleibt bei Twitter aber zunächst aus. Dafür gibt es Spott gegenüber Befürwortern eines sensiblen Sprachgebrauchs und sogar Sympathiebekundungen für Habeck.
Immer mal wieder hat Maischberger Gäste in ihrer Sendung, die mit Politik erstmal nichts zu tun haben, wenn ihr Name nur groß genug ist. Quotengarant Hape Kerkeling ist so ein Kandidat. Er hat sich 2014 aus dem TV zurückgezogen und nun ein Katzenbuch geschrieben. Zum Einstieg gibt es eine Szene, in der er als Kellner auf dem CDU-Parteitag der jungen Angela Merkel ungefragt einen Eisbecher serviert. Die spätere Kanzlerin erkennt ihn aber und serviert ihn lässig ab. "Sie hat Humor gezeigt – das zeugt von starken Nerven." Kerkeling hat durchaus Sympathien für Angela Merkel, sagt aber auch: "Ich glaube, 16 Jahre sind mehr als genug – egal wie gut die Kanzlerin war." Er ist für eine Zeitliche Beschränkung der Kanzlerschaft auf acht oder zehn Jahre. Maischberger fragt ihn zu Karl Lauterbach. Sein Tipp: "Weniger ist mehr. Ein Auftritt pro Woche reicht. Und er braucht eine neue Frisur. Seine Frisur geht nicht."
Aber eigentlich soll es um Kerkelings Katzenbuch gehen. Kurz nach dem Selbstmord seiner Mutter bekam er schon als kleines Kind – auch zur Trauerbewältigung – eine Katze. Insgesamt ist er mittlerweile bei seiner siebten Katze angekommen. "Katzen helfen uns, bessere, barmherzigere Menschen zu werden. Katzen verfügen über eine Feinsensorik, die der Mensch nicht hat. Jeder, der mit Katzen lebt, weiß, dass Katzen telepathisch sind und Fähigkeiten haben, die man bewundern kann", schwärmt der Entertainer. Er telefoniere sogar mit seinen Katzen, wenn er nicht zu Hause ist.
Und am Ende geht es noch um Kerkelings TV-Comeback. Es wird noch in diesem Jahr zwei Serien mit ihm geben, eine fiktionale für RTL, über die er noch nichts verraten darf, und eine dokumentarische für Vox über europäische Kleinstaaten und ihre skurrilen Eigenheiten. Eine Rückkehr zu seiner Journalisten-Figur Horst Schlämmer "wird es irgendwann geben" verspricht Kerkeling. Nur mit der großen Unterhaltung hat er abgeschlossen.
Transparenzhinweis: In einer früheren Version des Textes war von einem "verbotenen" Wort die Rede. Das Wort ist selbstverständlich nicht verboten. Es geht um sensible, inklusive Sprache, die niemanden diskriminiert oder entmenschlicht.