Zum letzten Mal vor der Sommerpause verhandelte Sandra Maischberger die Themen der Woche. Es geht um den Sieg der CDU in Sachsen-Anhalt, die Krise der SPD und auch nochmal um Corona. Folgende Gäste waren dabei:
Markus Söder ist zugeschaltet. Seltsamerweise leuchtet im Hintergrund ein Baum im Tageslicht und er hat seine Spiderman-Kaffeetasse parat. "Spiderman ist cool, hat mir immer gut gefallen", verrät der Filmtassenfan. Aber zum abendlichen Sendetermin will die Kaffeetasse so gar nicht passen. Normalerweise kündigt Maischberger an, wenn sie Interviews vorab aufgezeichnet hat.
Söder findet, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) habe "mit einem sehr klaren Kurs die Wahl gewonnen". Haseloff habe "eine Brandmauer gegen die AfD" errichtet, sich aber auch andrerseits sehr klar bei den Themen platziert, zur Not auch gegen die Haltung der Bundes-CDU.
Natürlich geht es auch nochmal um Söders Bewerbung als Kanzlerkandidat der Union. Söder tut so, als wäre das alles schon lange her und fast vergessen. "Als CSU-Chef ist man unter normalen Bedingungen ausbefördert." Er hätte die Kanzlerkandidatur nur bei Rückhalt "von fast 100 Prozent der CDU" gemacht. Nun gut, da hat die Öffentlichkeit aber in den vergangenen Wochen einen komplett anderen Eindruck gewonnen. Aber Söder findet, dass es am Ende ein "gutes Ergebnis ohne Schaden" gewesen sei.
Ob denn Armin Laschet nun "Kanzlerkandidat der Herzen für die Bayern" sei, will Maischberger wissen. Söder zögert, aber sagt dann: "Auf jeden Fall, wieso zweifeln Sie da?".
Und dann geht es um den Vorwurf, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn minderwertige FFP2-Masken unter anderem an Obdachlose verteilen lassen wollte. Sie sind dann aber nach Protest von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Notfallreserve gelandet. Söder dreht den Sachverhalt komplett um. Wenn Heil zugestimmt habe, "dann müsste diskutiert werden, ob Hubertus Heil noch im Amt bleiben kann“. Wahlkampf kann der Söder Markus.
Der Spiegel hatte die Geschichte um die minderwertigen Masken aufgebracht. Melanie Amann, Leiterin des "Spiegel"-Hauptstadtbüros, stellt klar: "Diese Masken können ok sein. Aber es gab kein ordentliches Prüfverfahren, weshalb manche ok sind und manche nicht." Dem Spiegel liege Schriftverkehr zwischen dem Bundesgesundheitsministerium und dem Arbeitsministerium vor, in dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, den Vorschlag unterbreitet, die Masken an u.a. Obdachlose zu verteilen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) drängt darauf, die Masken zuvor zu prüfen. Dazu kam es nicht. Die ungeprüften Masken im Einkaufswert von einer Milliarde Euro wurden offenbar "stillschweigend ins Lager als Notreserve" geschafft. Seit Tagen wird in Deutschland darüber diskutiert.
Welt-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld findet das höchst unverständlich:
Ex-Sportmoderator Gerhard Delling hingegen hofft vor allem auf Aufklärung: "Ich kann keine Ränkespiele mehr ertragen. Ich möchte Fakten hören."
Bevor SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zu Wort kommt, spielt Maischberger einen alten TV-Ausschnitt ein, in dem Scholz noch mit langen Locken eine politische Rede hält. "25 Jahre her, kaum wieder zu erkennen und Sie sind es trotzdem", findet sie. Scholz lacht, dem Anschein nach ebenso amüsiert wie bewegt.
Im folgenden Aufwärmgeplänkel gesteht er, dass er nie einen Joint geraucht habe. "Nein, das habe ich nie gemacht". Ab dann wird es aber ungemütlich für ihn. Seitdem er Kanzlerkandidat ist, dümpelt die SPD mehr oder minder bei 15 Prozent herum und damit deutlich hinter den Grünen. Maischberger fragt den Kanzlerkandidaten ungewohnt provokant: "Ab wann wird so ein Satz lächerlich: 'Ich will Kanzler werden.'"
Olaf Scholz ist einer der begabtesten Rhetoriker in der Bundesregierung. Besser noch als Jens Spahn. Dem merkt man oft eine genervte Überheblichkeit an, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt. Scholz bleibt immer freundlich. So auch diesmal. "Die Kurve geht nach oben. Ich glaube, dass wir diese Chance haben." SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher habe in Hamburg auch einen Überraschungssieg mit "weit über 30 Prozent" geschafft, obwohl die Umfragen das vorab nicht hergaben. Außerdem erfahre er als Kandidat viel Zustimmung und hoffe, "dass sich die Werte für die Partei annähern". Wie so oft verweist Scholz auf seine Erfolge, aktuell etwa die globale Mindestbesteuerung. "Sie verteidigt unser Wirtschaftsmodell. Es gibt keinen Steuersenkungswettbewerb auf der ganzen Welt, das ist gut für die Arbeitsplätze hier."
Sandra Maischberger will den Kandidaten aber noch in die Enge treiben. Ob Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zurücktreten müssen nach dem Schrott-Masken-Problem. "Das ist ein Thema, mit dem man sich jetzt gut auseinandersetzen muss“, antwortet Scholz mit einer Nicht-Antwort. Ob er für den Wirecard-Skandal die politische Verantwortung trage, piekst Maischberger weiter. Er trage die Verantwortung für die zuständigen politischen Institutionen, aber der Fall Wirecard sei ein "schlimmes Verbrechen", das auch von Finanzprüfern nicht bemerkt wurde. "Die Institutionen sind nicht vorbereitet auf so etwas." Er habe jetzt die Reform der Finanzaufsicht BaFin vorangetrieben. Ob er bei einer Niederlage in die Opposition geht? "Wir wollen ein Mandant von den Bürgern bekommen" – mehr als diese Stanze ist aus ihm trotz Nachhakens nichts herauszubekommen.
Am Ende reicht es Maischberger. "Die Fragen könnte man mit Ja und Nein beantworten. Ich habe heute wenige Antworten bekommen“, verabschiedet sich Maischberger vom freundlich lächelnden Scholz.
Der Virologe Hendrik Streeck ist für den letzten Blick auf die Corona-Pandemie vor der Sommerpause geladen. In Deutschland sinken die Inzidenzen, die Geimpften werden täglich mehr, die Stimmung ist gelöst. Doch in Großbritannien stieg nun die Inzidenz innerhalb einer Woche von 20 wieder auf 46. Die sogenannte "Delta-Variante" aus Indien habe 40 Prozent mehr Übertragungswahrscheinlichkeit, sagt Streeck, vielleicht seien es sogar 60 Prozent. Aber dazu gebe es noch zu wenige Daten. Aufhalten könne man die Variante nicht. Auch wenn man alle Flughäfen schließt, würde das nur einen Aufschub von "einigen Tagen" bringen. Außerdem räumt er mit dem Mythos der Herdenimmunität auf. Er spreche lieber von "Herdeneffekten". Der Grund:
Denn auch in den Rachenabstrichen von Geimpften finden sich noch immer wenige Viren, an denen sich aber trotzdem Ungeimpfte infizieren können. Ob es denn dann eine gute Idee sei, die Fußball-WM in verschiedenen europäischen Städten vor Publikum durchzuführen, will Maischberger wissen. Streeck ist dafür: "Das Virus wird im Herbst nicht weg sein, es wird auch im nächsten Jahr nicht weg sein." Er ist fürs Ausprobieren "und dabei bietet sich der Sommer an" – am besten in Kombination mit einer wissenschaftlichen Begleitung.
Maischberger macht jetzt, auch wegen der Fußball-EM erstmal Sommerpause, die nächste Ausgabe ist für den 23. August geplant.