Der Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke redet sich in Rage.bild: screenshot ard
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Der Krieg in der Ukraine hat zu erheblichen Preissteigerungen geführt. die Bundesregierung versucht diese mit einem Entlastungspaket zu mildern. Sandra Maischberger spricht über Tankrabatt, Neun-Euro-Ticket und die Perspektiven im Ukraine-Krieg mit diesen Gästen. Einer von ihnen irritiert mit einem seltsamen Vergleich:
- Hubertus Heil, Bundesarbeitsminister (SPD)
- Claudia Major, Sicherheitsexpertin
- Frederik Pleitgen, CNN-Journalist
- Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin der Hauptstadtredaktion des Redaktionsnetzwerks Deutschland
- Nikolaus Blome, Politikchef von RTL und n-tv
- Hannes Jaenicke, Schauspieler
Bundesarbeitsminister Hubertus Heilbild: screenshot zdf
Eigentlich ist Hubertus Heil (SPD) ja Bundesarbeitsminister. Bei Sandra Maischberger spricht er diesmal aber nicht über Qualifizierungsmaßnahmen oder Fachkräftemangel. Er ist eingeladen, um über das Entlastungspaket der Bundesregierung zu verteidigen. Maischberger spielt ihm den Ausschnitt einer Bahn-Pendlerin vor, die den Ansturm von Freizeitfahrern mit 9-Euro-Ticket fürchtet. "Es wird irgendwo rumpeln", gibt der Minister zu. Aber angesichts von 7-8 Prozent Preissteigerung wollte die Regierung man die mittleren und unteren Einkommen entlasten.
Hubertus Heil macht keine gute Figur
Heil wirkt an diesem Abend nicht besonders glücklich mit seiner Rolle, Ansprechpartner für das von allen drei Ampel-Parteien bunt zusammenschnürte Paket zu sein.
So spricht er vom "Tankrabatt, den Christian Lindner vorgeschlagen und durchgesetzt hat", um dann zu beteuern: "Aber ich stehe trotzdem zu dem Paket." Der Staat könne nicht alles ausgleichen. "Aber es kann das Leben im Sommer ein Stück weit einfacher machen."
Leider wurden in der Eile allerdings auch Fehler gemacht. Vergessen wurden zum Beispiel die Rentner, die nicht ohne Weiteres ans Energiegeld kommen. Der Grund laut Heil: Es wäre "technisch kurzfristig so nicht möglich gewesen".
Er selbst arbeite daran "dauerhaft Entlastung zu schaffen." Und er versichert: "Wir werden niemanden, der es braucht, im Stich lassen." Denn er ist sicher:
"Energiepreise werden nie wieder so runtergehen wir vor Krisenniveau."
Hubertus Heil
Wann denn seine Vorschläge kämen, will Maischberger wissen. "Zeitnah", antwortet Heil kurz angebunden und Maischberger witzelt: "In meinem Kalender steht kein Monat 'zeitnah'." Aber ein Datum kann sie ihm damit auch nicht entlocken.
Maischberger fragt ihn weiter, warum es denn angesichts steigender Lebensmittelpreis nicht die Mehrwertsteuer bei Grundnahrungsmitteln ausgesetzt wird. "Ich bin nicht sicher, ob es bei den Leuten ankommt", sagt Heil. Sprich: ob die Konzerne nicht einfach die Steuersenkung einkassieren. Genau das ist ja die Befürchtung, die es beim Tankrabatt gibt. Darum kontert Maischberger spitz: "Bei den Ölkonzernen darf es landen?"
Sicherheitsexpertin Claudia Major und Journalist Frederik Pleitgen analysieren die Lage in der Ukraine.bild: screenshot ard
Einsatz von Atomwaffen unwahrscheinlich
Im Doppelgespräch geht es diesmal nicht um gegensätzliche Positionen, wie sonst üblich bei Sandra Maischberger. Sondern um zwei sich ergänzende Einschätzungen der Lage in der Ukraine. Sicherheitsexpertin Claudia Major hat die Befürchtung, dass "der Krieg nicht schnell vorbei sein wird".
"Wir sehen, dass Russland einen Vernichtungskrieg führt – eine Zerstörung der gesamten Region."
Claudia Major
Es sei "ein Angriff ohne Rücksicht auf Verluste". Sie warnt auch davor, sich falscher Erwartungen hinzugeben. "Zu hoffen, dass es sich nur auf den Donbass und die Landbrücke zur Krim beschränken wird, halte ich für illusorisch". Russland würde zwar mittlerweile eingestehen, dass es nicht nach Plan läuft, "aber es rückt nicht ab vom Plan, die Ukraine als eigenständigen Staat zu vernichten." Die Nutzung von taktischen Atomwaffen hält sie trotz oder gerade wegen 20 nuklear-verbaler Drohungen, die sie in den letzten Wochen gezählt hat, für unwahrscheinlich. Weil Russland damit auch riskieren würde, dass sich die USA direkter in den Krieg einschalten und China von Russland abrückt.
CNN-Journalist optimisch, dass Ukraine Krieg gewinnt
Frederik Pleitgen, CNN-Journalist und Sohn des ehemaligen WDR-Intendanten, hat schon aus einigen Kriegen berichtet. Aber das, was er unter anderem in Butscha an Grausamkeit gesehen habe, sei "mit an der oberen Grenze".
Zugleich ist er "relativ zuversichtlich", dass die Ukrainer am Ende den Krieg gewinnen. Denn sie würden den Krieg des 21. Jahrhunderts mit "großen Guerilla-Element" führen, die Russen hingegen würden noch im 20. Jahrhundert stecken. "Die russischen Soldaten sind alle sehr jung und ihr Gerät komplett veraltet."
Zudem sei ein Großteil der vom Westen an die Ukraine gelieferten oder versprochenen schweren Waffen noch nicht im Einsatz. Und es gebe viel Unterstützung und Rückendeckung der Amerikaner, bei denen sich derzeit "die Besten" überlegen würden, wie man aktuell der Ukraine helfen könne.
Der Fortgang des Kriegs hänge nicht an Deutschland. Trotzdem habe er als Deutscher "schon heftige Fragen bekommen" angesichts der zögerlichen Haltung und Begründungen, warum man keine Panzer liefern könne. "Glaubt doch kein Mensch, dass man nicht weiß, wo man die Munition herbekommt."
Streit um Tankrabatt und Tempolimit
Maischbergers Kommentatoren-Runde bekommt sich rund um 9-Euro-Ticket und Tankrabatt etwas in die Haare. Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin der Hauptstadtredaktion des Redaktionsnetzwerks Deutschland, sieht das 9-Euro-Ticket skeptisch.
"Da werden 2,5 Milliarden Euro herausgeschleudert, die man besser in die Infrastruktur gesteckt hätte." Nikolaus Blome, Politikchef von RTL und n-tv, wertet das Ticket hingegen als "interessanten Feldversuch", ob man die Masse für den Öffentlichen Personenverkehr begeistern könne. Den Tankrabatt sieht er kritisch, weil es "keine Handhabe gegen kartellartiges Verhalten der Mineralölkonzerne" gebe.
Schauspieler Hannes Jaenicke hat nichts gegen teureres Benzin.bild: Screenshot ARD
Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke geht noch weiter: Er findet den Tankrabatt "klimatechnisch völliger Schwachsinn – das Geld können wir woanders viel sinnvoller einsetzen." Es gehe ja auch darum, weniger Öl zu verbrauchen. "Darum finde ich es gar nicht so schlimm, wenn die Sprit-Preise erst einmal steigen."
Diese Haltung geht seinen beiden Mitkommentatoren dann doch etwas zu weit. Kristina Dunz erinnert an Menschen, die auf dem Land leben und das Auto bräuchten. Doch Jaenicke kontert.
"Ich lebe auf dem Land und es wird ja immer so geredet als gäbe es bei uns keinen öffentlichen Verkehr. Es ist mühsamer, aber im Vergleich haben wir einen fantastischen Öffentlichen Verkehr."
Hannes Jaenicke
Nikolaus Blome, eigentlich nicht bekannt als Anwalt des kleinen Mannes, wirft Jaenicke elitäres Gehabe vor: "Das ist eine Diskussion aus der lichtdurchfluteten Altbauwohnung." Mit dieser "Es ist Pech für euch, aber es ist toll für uns alle"-Rhetorik verprelle Jaenicke viele Leute, anstatt sie für die gute Sache zu gewinnen.
Damit scheint Blome Recht zu haben, wie die Zuschauerstimmen bei Twitter zeigen. Neben vielen aggressiven und beleidigenden Tweets, gibt es auch resigniert-ironische.
Dass der Deutsch-Amerikaner Jaenicke in Amerika und Deutschland lebt und Reise-Dokus sowie Filme über bedrohte Tiere auf der ganzen Welt gedreht hat, schwingt mit, wenn eine Userin seine Mobilitäts-Aussagen kritisiert.
Manch ein User skizziert auch noch einmal die eigene Lage:
Eine geschmacklich sehr grenzwertige Formulierung Jaenickes bleibt beim Ärger über den Benzinpreis fast unbeachtet: Maischberger bringt das Tempolimit als Ölsparmaßnahme ins Gespräch. Und Jaenicke formuliert am Tag, nachdem ein Amokläufer an einer US-Grundschule in Texas 19 Menschen getötet hat: "Was dem Amerikaner seine Waffe, ist dem Deutschen sein Tempolimit. Das ist für mich eine absolut deutsche Neurose."
Nur Nikolaus Blome entgegnet empört: "Bei 19 Toten finde ich diesen Vergleich echt zynisch." Doch Jaenicke ist in Fahrt und lässt sich nicht stoppen. "Diese Diskussion ist in etwa so langweilig wie die grauenhaften Massaker in den USA und die Waffengesetzgebung." Für ihn steht fest: Das Tempolimit muss sein.