Wer in Deutschland einen Mord begeht, muss damit rechnen, geschnappt zu werden. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2022 hatten die Behörden bei "Straftaten gegen das Leben" eine Aufklärungsquote von rund 90 Prozent.
Trotzdem gibt es immer wieder Fälle, bei denen die Polizei auch nach jahrzehntelanger Ermittlungsarbeit keine:n Täter:in festnehmen kann. Einige dieser ungelösten Fälle landen gut alle sechs Wochen in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY". Los geht es dort stets mit den Worten "Jetzt bittet die Polizei wieder um Ihre Mithilfe".
"Aktenzeichen XY"-Moderator Rudi Cerne hat oft solche "Cold Cases", also ungeklärte Kriminalfälle, auf dem Tisch – immer in der Hoffnung, Tatverantwortliche doch noch zu ermitteln. Ein solcher "Cold Case" wurde in der vegangenen Sendung noch einmal thematisiert. Darin geht es um den mysteriösen Mord an einem Jugendlichen, der mittlerweile 33 Jahre her ist. Wie die Polizei am Tag nach der Ausstrahlung bekannt gab, gibt es zwei konkrete Hinweise auf eine Person aus dem persönlichen Umfeld des Opfers.
Wörth am Main im Jahr 1990: Klaus Berninger ist 16 Jahre alt und mit der Schule fertig. In der Bäckerei seiner Eltern hat er eine Lehre begonnen. An einem Tag im Dezember, gegen 15 Uhr, wird Klaus nach der Arbeit von einem Freund abgeholt.
Sie fahren gemeinsam zu einem Jugendtreff und landen gegen 16 Uhr im Pub "Nachtfalter". Es ist noch nicht spät, aber Klaus Berninger erwähnt mehrmals, dass er pünktlich nach Hause kommen will. Er verabschiedet sich und verlässt den Pub. Dort trifft er noch auf einen der beiden Gesellen, der mit ihm in der Bäckerei seiner Eltern arbeitet. Diese Begegnung ist das letzte Lebenszeichen von Klaus Berninger. Gegen 18 Uhr verliert sich seine Spur. So zeigt es der Film in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY".
Seiner Eltern beginnen nach ihrem Sohn zu suchen, als dieser nicht nach Hause kommt. Sie finden sein Moped – der 16-Jährige aber bleibt verschwunden. Daraufhin wenden sich die Eltern an die Polizei. Doch nicht die wird Berninger finden, sondern zwei Reiter. Drei Tage nach seinem Verschwinden, einen Tag vor Weihnachten, wird seine Leiche am Schneesberg entdeckt. Der Fundort liegt nur wenige Kilometer von Wörth am Main entfernt. Die Leiche zeigt: Klaus Berninger wurde geschlagen und hat Stichverletzungen. Letztlich wurde ihm die Kehle durchgeschnitten.
Beamt:innen durchsuchten den Wald im Jahr 2022 noch einmal. Damals wurde in der Nähe des Tatorts ein altes Klappmesser mit braunem Holzgriff und gebogener Schneide gefunden. Es muss schon viele Jahre dort gelegen haben. Ob das etwas mit dem Mord zu tun hat, ist bisher unklar.
Könnte ein Streit der Ausgangspunkt des Verbrechens sein? Davon gehen die Ermittler aus Aschaffenburg aktuell aus. Mit der Tat zu tun haben könnte auch ein Einbruch, der sich wenige Monate vor der Tat ereignet hat. Damals war in die Bäckerei von Berningers Eltern eingebrochen worden. Dort stand ein Tresor – und der Täter wusste, wo der Schlüssel für diesen versteckt ist.
Eine Theorie der Ermittler:innen der Soko Berninger ist nun, dass Klaus erfahren haben könnte, wer in die Bäckerei eingebrochen war. Mit dieser Person könnte er in einen Streit geraten sein. Die Polizei ist davon überzeugt, dass der Täter aus dem näheren sozialen Umfeld kommt und es Mitwisser:innen gibt.
Diese werden von der Polizei aufgefordert, sich zu melden. Alle anderen Straftaten rund um den Mord sind nämlich verjährt. Nur der Mörder selbst habe noch eine Strafe zu befürchten, denn Mord verjährt nicht. Für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat führen, ist eine Belohnung von 10.000 Euro ausgesetzt.
Wie das Polizeipräsidium Unterfranken in einer Pressemitteilung berichtet, gingen noch am Mittwochabend rund 200 neue Hinweise ein. "Unmittelbar nach der Ausstrahlung des rund 24-minütigen Beitrags zum Mordfall Klaus Berninger am gestrigen Mittwoch klingelten die Telefone sowohl im Studio selbst, aber auch bei der Kriminalpolizei ununterbrochen", heißt es in dem Bericht.
Ein Großteil der Hinweise bezog sich auf das im Jahr 2022 gefundene Messer in der Nähe des Tatorts. Zwei konkrete Hinweise aber bezogen sich auf eine Person aus dem persönlichen Umfeld von Klaus Berninger. Diesen und allen anderen Hinweisen geht die Polizei nun nach. Im Vorfeld zur Sendung hatte die zuständige Polizei in den Orten Wörth, Elsenfeld und Erlenbach Flyer verteilt. Mit denen wies sie auf die Sendung am Mittwoch hin, um so viele Menschen aus der Region auf die Sendung aufmerksam zu machen.