Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni hat eine amerikanische Ehefrau, die den amerikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump verachtet, ihr Vater hingegen ist Trump-Anhänger. Vor den letzten Wahlen hat der ARD-Journalist seine angeheiratete Familie und ihre politische Zerrissenheit in einem Film porträtiert. Vor den Halbzeitwahlen hat er seine amerikanischen Verwandten nun wieder besucht für die Reportage "Trump, Biden, meine US-Familie und ich". Gelingt Donald Trump die Rückkehr ins Weiße Haus? Und werden auch hier in Europa die Populisten immer stärker, befeuert von Krieg und Krisen? Frank Plasbergs Sendung direkt nach der Reportage behandelt diese Fragen mit folgenden Gästen:
Ingo Zamperoni, der auch schon USA-Korrespondent war, sieht die Lage in Amerika gerade mit Sorgen. "Zurzeit ist es wirklich schwierig." Aber ganz aufgeben will er das Land nicht. Er habe die Hoffnung, dass die Demokratie in Amerika "nicht am Ende ist, sondern nur nicht vollendet", sagt er zum Ende seiner Reportage. Auf Nachfrage von Plasberg gesteht er aber, dass das möglicherweise das Wunschdenken sei und dass die Spaltung Amerikas viel tiefer reiche als viele denken.
Seine amerikanische Familie habe die Entscheidung getroffen, sich nicht über Politik zu zerstreiten. Aber für viele Menschen in Amerika sei die Frage, wo man politisch stehe, eine existentielle Diskussion. "Fast wie das Überleben."
Frank Plasberg lässt erschreckende Umfrageergebnisse der University of California einfließen: Sieben Prozent der Amerikaner würden Gewalt anwenden, um politische Ziele durchzusetzen und die Hälfte der Amerikaner glaubt, dass es in den kommenden Jahren zu einem Bürgerkrieg kommt.
Ingo Zamperoni glaubt zwar nicht, dass es zu einem klassischen Bürgerkrieg komme, aber die Gewaltbereitschaft sei erheblich. "Es gibt eine Menge Menschen, die das Potential haben, dass da was passiert." Der Stiefbruder seiner Frau sage mittlerweile: "Ich sorge immer dafür dass ich einen gültigen Pass in der Schublade habe" und eine Freundin aus Upstate New York habe geklagt: "Es ist eine beängstigende Zeit, um in Amerika zu leben."
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen findet mit Trumps Anhängern "keine gemeinsame Position". Aber er lege schon Wert darauf, "mit beiden Seiten zu sprechen", auch wenn er engere Beziehungen zu Leuten pflege, die ihm politisch näherstehen.
Für ihn sei die Grenze erreicht, wenn jemand das demokratische Mehrheitssystem nicht anerkenne. Zamperoni liefert die bedenkliche Zahl, dass 70 Prozent der Republikaner von einem "gestohlenen Wahlsieg" sprechen, weil nicht Trump sondern Joe Biden Präsident geworden ist. Doch für Röttgen war das ein großes Glück.
Trump hätte seiner Einschätzung nach eine ganz andere Haltung an den Tag gelegt beim Ukraine-Krieg: "Wenn euch an euerm Europa etwas liegt, dann verteidigt euch, das ist keine amerikanische Angelegenheit" hätte Trumps Maxime ausgesehen, ist Röttgen überzeugt.
Der Soziologe Aladin El-Mafaalani erklärt, dass Populisten weltweit, wie auch Trump, den Blick immer in die Vergangenheit lenken würden. "Heute steht die Zukunft eher für Horror. Die Gegenwart ist voller Horror, Krisen und Konflikten." Das Problem der AfD sei, dass es in Deutschland keine übereinstimmende Meinung gebe, "was ist die gute alte Zeit?", manche würden an die DDR denken, andere an die Adenauer-Jahre und Rechtsextremisten eben an die Nazi-Zeit. Aber er stellt auch klar: "Nur weil Populisten gewählt werden, muss das nicht heißen, dass die Gesellschaft gespalten ist".
Allerdings sei beispielsweise die europäische Flüchtlingspolitik nicht ganz so fern vom Umgang der USA an der Grenze zu Mexiko, wie man es sich vielleicht hierzulande einrede.
Die NZZ-Autorin Susanne Gaschke ist der Meinung, dass in Deutschland die Menschen nicht in großen Massen zu Populisten pilgern würden, sondern "zur Wahlenthaltung" neigen. Anders als in Amerika, wo man eben Trump wähle. Der habe sich mit Russlands Präsident Wladimir Putin "auf der Männerebene ganz gut" verstanden, glaubt sie.
Matthew Karnitschnig, Europa-Korrespondent des US-amerikanischen Online-Nachrichtenportals "Politico", ist sich nicht sicher, ob Putin unter Donald Trump als Präsident sich vielleicht den Angriff auf die Ukraine nicht getraut hätte. "Das ist eine gute Frage und durchaus möglich." Er hält es durchaus für wahrscheinlich, dass Trump nochmal bei der Präsidentenwahl antritt. Allein schon, damit die Staatsanwaltschaft nicht in diversen Verfahren gegen ihn ermittelt.
Zum Abschluss hat Frank Plasberg noch eine Aufgabe für seinen Kollegen Ingo Zamperoni: Normalerweise übergibt Plasberg am Ende seiner Sendung mit einem kurzen Geplänkel an die "Tagesthemen". Je nachdem, wer gerade moderiert, spricht er mit Ingo Zamperoni oder Caren Miosga einige Worte. Nun beauftragt er Zamperoni. "Eine Premiere bei 'Hart aber fair'!"‘
Kurz stutzt Zamperoni, ziert sich aber nicht und fragt seine Kollegin Caren Miosga: "Was habt Ihr denn auf dem Zettel?" Beide lachen und Caren Miosga antwortet: "Weil wir uns sonst nie treffen, ist es umso schöner, dass wir uns hier sehen." Und dann erzählt sie, weil die Zeit drängt, dann ganz professionell, dass es in den "Tagesthemen" einen Beitrag zu armen Menschen gibt, die ihre Armut nicht mehr verstecken wollen. Frank Plasberg ist zufrieden mit seinem Kollegen und lobt ihn:
Am nächsten Montag wird Plasberg dann wohl wieder selbst übergeben. Und möglicherweise an Zamperoni, wenn es der Dienstplan bei den "Tagesthemen" so will.
(Ark)