Triggerwarnung: Im folgenden Text wird das Thema Sterbehilfe beschrieben, was für Leser:innen belastend und retraumatisierend sein kann.
Schon direkt zu Sendungsbeginn kündigt Moderator Steffen Hallaschka einen emotionalen Abend an, denn die Sendung am 12. April widmet sich komplett dem Thema Sterbehilfe. Schon 2020 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Sterbehilfe in Deutschland neu geregelt werden muss. Mit dem Urteil wurde die Sterbehilfe allerdings vorerst erlaubt, nur geregelt ist sie noch nicht.
Drei Gesetzesentwürfe gibt es dazu, die in der kommenden Woche im Bundestag thematisiert werden sollen. Doch das Team von "Stern TV" hat Sterbehilfe nicht nur politisch thematisiert, sondern hat eine sterbewillige schwer erkrankte Frau beim Sterben in der Schweiz begleitet.
Steffen Hallaschka besucht in der Schweiz Stephanie Kessel, die unheilbar an Mundhöhlenkrebs erkrankt ist und nur noch wenige Monate zu leben hätte. Doch die Frau hat sich für einen assistierten Suizid in der Schweiz entschieden, da für sie ihr Leiden einfach zu schmerzhaft ist. Die Krebs-Patientin muss bereits ein Beatmungsgerät mitführen und hat für sich beschlossen, sterben zu wollen.
Begleitet und unterstützt wird sie dabei von ihrem Ehemann. Sie hatten Zeit, sich auf den Tod einzustellen. Hallaschka begleitet die beiden aber nicht nur einen letzten Abend vor dem Freitod, sondern ist sogar beim assistierten Suizid selbst dabei, was nicht jedem Zuschauer gefällt. Da es doch ein sehr privater Moment zwischen den Eheleuten ist.
Stephanie Kessel erklärt in einem letzten Gespräch nochmal, wie schwer ihr Leid ist, und sie eben keine Lebensqualität mehr sieht, denn ihr Körper baut ab. Zwischen Krebsdiagnose und Freitod liegen letztendlich nur wenige Wochen. Hallaschka spricht auch mit der begleiteten Ärztin, welche Frau Kessel die zum Tod führende Spritze zur Verfügung stellt. Etwas selbst zu verabreichen, lehnt die Ärztin klar ab, die Patienten müssen die Entscheidung selbst treffen. Dafür braucht es auch viele wichtige Formulare im Vorfeld.
Insbesondere die Bilder von der direkten Sterbebegleitung sind sehr emotional. Im Nachgang erzählt der "Stern TV"-Moderator, dass diese Begleitung von Stefanie Kessel für ihn selbst der emotionalste TV-Moment seiner Karriere war. Ihr Mann Martin Kessel ist auch nochmal im Studio vor Ort und erzählt, wie es ihm inzwischen mit dem Tod seiner Frau geht. Ihm war wichtig, dass alles so abläuft, wie seine Frau es sich gewünscht hat.
Er hat nach der Diagnose zwar noch auf andere Optionen gehofft, aber den Wunsch seine Frau sofort unterstützt. Dabei stand der Plan mit der Sterbehilfe in der Schweiz sogar auf der Kippe, da die Ärztin nicht mehr lange als Sterbehelferin praktizieren möchte. Moderator Hallaschka fragte nach, warum sie so offen waren, was Kessel damit begründete, dass seine Frau auch ein Zeichen setzen wollte. Es war ihr schon länger ein Anliegen auf Sterbehilfe aufmerksam zu machen.
Hallaschka präsentiert noch einen weiteren traurigen Fall. Leann stirbt mit 22 Jahren ebenfalls an Krebs, allerdings entscheidet sich die junge Frau für eine Sedierung in einem Hospiz. Ihr Vater Stefan Röhrig ist bei "Stern TV" zu Gast und beschreibt, wie er die Begleitung seiner todkranken Tochter erlebt hat.
Für ihn war es vor allem ein Abschied auf Raten, da Leann bereits mehrere Monate in einem Hospiz untergebracht war. Die letzten zwei Tage waren besonders schwer, aber es war nun mal das erklärte Ziel, dass sie friedlich einschlafen und nicht mehr unter Schmerzen leiden soll. "Das haben wir in ihrem Sinne so entschieden", so ihr Vater.
Rührig betont, dass er seine Tochter auch bei einem assistierten Suizid begleitet hätte, für ihn wirkte es sehr würdevoll. Nach dem zweiten emotionalen Auftritt an diesem Abend eröffnet Moderator Hallaschka die Diskussion um Sterbehilfe und stellt auch eine Umfrage vor, die lautet: "Sollte die Beihilfe zur Selbsttötung erlaubt sein?" Im Studio vor Ort zur Debatte sind mit Marc Biadacz ein CDU-Poltiker, Sandra Martino, erste Vorsitzende des Vereins Dignitas, ein Verein für Sterbehilfe und Dr. Norbert Schürmann, Palliativarzt.
Insbesondere der CDU-Politiker fordert für die Sterbehilfe sehr hohe Hürden. Bei der Forderung nach mehrmaligen Untersuchungen im Drei-Monats-Rhythmus hakt Hallaschka kritisch nach, dass vielen Menschen aufgrund der Leiden gar nicht mehr so viel Zeit bleibt. Hauptsächlich der Mann von Stefanie Kessler ermahnt den CDU-Politiker und bittet den Bundestagsabgeordneten auf das damalige Urteil vom Bundesverfassungsgericht zu achten.
Schließlich ging es seiner Ansicht da auch um die Freiheit des Einzelnen. Zu keinem Zeitpunkt wird der Patient gefragt, was er eigentlich will, so Martin Kessler. Auch der Palliativmediziner Schürmann legt den Entwurf aus den CDU-Reihen ab. Einerseits betont er, wie gut die Palliativmedizin in Deutschland ist, vielen Menschen wird damit geholfen, aber Fälle wie der von Frau Kessel zeigen, dass Palliativ eben nicht immer reicht. "Ihr Tod war würdevoll, ihr Leben nicht mehr."
Sandra Martino betont, dass Hürden eher zu noch mehr Probleme führen, erkrankte Personen suchen Do-It-Yourself-Lösungen oder gehen am Ende doch in die Schweiz. Für Martino ist klar, dass der Bundestag noch einige Dinge regeln muss. Vereine dürfen Medikamente zur Selbsttötung anbieten, Ärzte jedoch nicht, das verhindern die Ärztekammern, betont Arzt Schürmann. Vorm Gesetz wird er bei einem Einsatz nicht bestraft, würde aber Berufsverbot bekommen. Dabei sagt er, seien ein Großteil der Ärzte dazu bereit bei Sterbehilfe zu unterstützen.
Auch das Publikum von "Stern TV" äußern sich zustimmend zur Sterbehilfe. Nur ein Prozent der Umfrage-Teilnehmer äußern sich gegen die Beihilfe zur Selbsttötung. Knapp ein Drittel der Befragten beschränken die Sterbehilfe auf lebensverkürzende Erkrankungen, während über die Hälfte sogar auch bei chronischen Erkrankungen den assistierten Suizid ermöglichen würden. Nun liegt es am Bundestag eine gesetzgebende Lösung zu finden.