Die deutsche Planung für den ESC steht auf dem Prüfstand. 30 Jahre lang hatte der NDR die Teilnahme organisiert, was vor allem die Auswahl geeigneter Kandidat:innen für den europäischen Musikwettbewerb einschloss. Dem NDR wurde eine traditionell hohe Musik-Expertise zugemessen, vor allem aufgrund der Radio-Jugendwellen.
Die Kritik am NDR war in den vergangenen Jahren aber immer lauter geworden. Das regelmäßig schlechte, maximal durchschnittliche, häufig blamable Abschneiden deutscher ESC-Teilnehmer:innen hatte auch bei Verantwortlichen für ein Grummeln gesorgt. Daraus ist nun ein Beben geworden.
Wie der Mediendienst "DWDL" berichtet, gibt der NDR die Organisation des Eurovision Song Contest an den SWR ab. Die Änderung tritt 2026 in Kraft, also ab dem nächsten Jahr. Damit erfolgt nach dem erneuten Eintritt von Stefan Raab in die Planung des Vorentscheids der nächste große ESC-Einschnitt.
Der Wechsel muss mit dem Sparprogramm in Einklang gebracht werden, das derzeit alle öffentlich-rechtlichen Sendergruppen betrifft. SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler erklärte: "Um das finanziell ohne zusätzliche Mittel leisten zu können, haben wir intern umgeschichtet und werden mit anderen ARD-Häusern kooperieren"
Was genau der Wechsel für die Kooperation des NDR mit RTL und Stefan Raab bedeutet, ist unklar. Der Moderator und Produzent hatte den Vorentscheid nach seinem Comeback wieder an sich gerissen. RTL und ARD teilen sich die Ausstrahlung der vier Shows, die unter dem Titel "Chefsache ESC" laufen werden.
ARD-Programmdirektorin Christine Strobl lobte den NDR in einem Statement zunächst für seinen Beitrag zur Entwicklung des ESC als "Lagerfeuermoment, der Millionen über alle Generationen hinweg begeistert". Ihr Blick in die Zukunft lässt aber die Frage offen, ob Raabs ESC-Comeback nur ein Intermezzo bleibt.
Der NDR werde "nun in Zusammenarbeit mit Stefan Raab einen sicher grandiosen Schlusspunkt setzen [...]", erklärte Strobl. "Wir haben uns in der ARD versprochen, Schwerpunkte zu setzen. Wir suchen nach Synergien und Arbeitsteilungen. Das bedeutet zuweilen auch, Liebgewonnenes loslassen zu müssen – so wie den ESC."
Konkretes zur künftigen Ausrichtung gibt es noch nicht zu vermelden, auch nicht vom SWR, der im Frühsommer mit der Planung beginnen will. SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler: "Uns ist bewusst, dass wir in große Fußstapfen treten und die vielen Fans zu Recht ebenso anspruchsvoll wie kritisch sind."
Womöglich wartet man auch den Ausgang des ESC 2025 ab, bei dem sich herausstellen wird, ob Raab wirklich der Heilsbringer ist, der in ihm erkannt wird und als der er sich selber sieht. Am 14. Februar läuft die erste Vorentscheid-Show bei RTL. Der Privatsender zeigt zwei weitere Ausgaben, bis die ARD am 1. März das Finale übernimmt.
3281 Bewerbungen seien eingegangen. So viele wie seit 15 Jahren nicht mehr, als Raab zum ersten Mal den ESC-Vorentscheid betreut hatte.