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"Hart aber fair": Bei Gorbatschow platzt Henry Maske plötzlich der Kragen

Henry Maske hat ein emotionales Verhältnis zu Russland.
Henry Maske hat ein emotionales Verhältnis zu Russland. bild: screenshot ard
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"Hart aber fair": Bei Gorbatschow platzt Henry Maske der Kragen

26.10.2022, 15:52
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ARD-Reporterin Jessy Wellmer, 1979 in Güstrow geboren, hat sich aufgemacht, um die Stimmungslage in ihrer alten Heimat zu erkunden. In ihrer Reportage "Russland, Putin und wir Ostdeutsche" erkundet sie, warum Ost- und Westdeutsche so unterschiedlich auf Russland, den russischen Angriff auf die Ukraine und die westliche Politik dagegen blicken. Gleich nach ihrer Reportage ist sie dann in Frank Plasbergs "Hart aber fair" zu Gast. "Eine Frage der Herkunft: Warum sehen Ost- und Westdeutsche Russlands Krieg so anders?" heißt das Thema mit folgenden Gästen:

  • Henry Maske (ehem. Boxweltmeister; heute als Geschäftsführer für ein Sporttechnologie-Unternehmen tätig)
  • Ralf Fücks (Publizist; Leiter der Denkfabrik "Zentrum Liberale Moderne"; seit 1982 Mitglied der Grünen)
  • Jessy Wellmer (Journalistin und Moderatorin; Autorin der ARD-Reportage "Russland, Putin und wir Ostdeutsche")
  • Antje Hermenau (Politikberaterin; Buchautorin "Ansichten aus der Mitte Europas: Wie Sachsen die Welt sehen")
  • Stefan Creuzberger (Historiker; Professor für Zeitgeschichte an der Universität Rostock; Buchautor "Das deutsch-russische Jahrhundert")
Jessy Wellmer wurde in der DDR geboren und hat eine Reportage über das Verhältnis der Ost-Deutschen zu Russland gedreht.
Jessy Wellmer wurde in der DDR geboren und hat eine Reportage über das Verhältnis der Ost-Deutschen zu Russland gedreht. bild: screenshot ard

Die Journalistin Jessy Wellmer sitzt bei "Hart aber fair" in der Mitte des Tresens, zwischen west- und ostdeutschen Studiogästen. Sie sei die Vermittlerrolle gewohnt, sagt die gebürtige Ost-Deutsche, die mit einem West-Deutschen verheiratet ist. "Das-Ost-West-Ding ist mein Lebensthema."

Für ihre Reportage hat sie zum Beispiel ihre Eltern, alte Nachbarn und Bekannte besucht, die zwar den Krieg verurteilen, aber Russland insgesamt nicht so sehr, wie das wohl der durchschnittliche West-Deutsche tut. Sie wolle verstehen, warum manche Ostdeutsche so ticken, wie sie ticken, sagt Wellmer. Ihrer Erfahrung nach sei es so: "Je älter die Befragten, desto russlandfreundlicher." Sie findet: "Wir müssen uns alle ein bisschen mehr bewegen, auch in meiner Generation, das wächst sich nicht von allein raus." Aber sie sei "hoffnungsvoll", dass ihre Generation den "Gesprächskanal öffnen kann".

Ritualisierte Völkerfreundschaft

Historiker Stefan Creuzberger glaubt, die Ost-Deutschen wurden von klein auf zur Völkerfreundschaft gebracht.
Historiker Stefan Creuzberger glaubt, die Ost-Deutschen wurden von klein auf zur Völkerfreundschaft gebracht.bild: screenshot ard

Auch der Historiker Stefan Creuzberger glaubt: "Wir müssen ins Gespräch kommen." Jene Ost-Deutschen, die sich selbst als Verlierer sehen, würden sich mit den Russen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion identifizieren. Die Russen seien in der DDR glorifiziert worden, DDR-Bürger hätten schon von früh mittels ritualisiertem Verhalten die Deutsch-Sowjetische-Freundschaft beigebracht bekommen. "Die DDR war von Anfang an bis zum Schluss von Moskaus Gnaden." Umgekehrt gelte: "Im Westen hat man wenig Ahnung vom Osten und von den Russen gehabt."

Aus Henry Maske bricht es heraus

Ex-Boxweltmeister Henry Maske hat gute Erinnerungen an russische Soldaten.
Ex-Boxweltmeister Henry Maske hat gute Erinnerungen an russische Soldaten. bild: screenshot ard

Der ehemalige gesamtdeutsche Boxweltmeister Henry Maske wurde in Brandenburg geboren. Er hat noch Erinnerungen, wie er als Sechsjähriger russische Soldaten getroffen haben, die Tomaten gepflückt haben. Sie haben ihn eingeladen und ihr Weißbrot mit ihm geteilt. "Was angenehm war." Eine Woche nach Kriegsbeginn habe er sich noch mit Vitali Klitschko, dem Bürgermeister von Kiew und ehemaligen Boxer, ausgetauscht. Er findet: "Es gibt keinen Krieg, der erklärbar ist – weil es immer Menschen gibt, die damit nichts zu tun haben und betroffen sind."

Wie tief die emotionale Verbindung zur Sowjetunion selbst heute noch bei Maske ist, zeigt sich, als der Historiker Creuzberger die Rede auf den letzten sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow bringt. Er habe ja die Deutsche Einheit mit ermöglicht, dafür müsse man ihm dankbar sein. Plötzlich bricht es unvermittelt aus Maske heraus: "Wo ist der her?" Creuzberger ist irritiert und antwortet fast fragend: "Aus der Sowjetunion." Und Maske antwortet triumphierend:

"Der Russe war ja wohl nicht so schlecht, oder?"
Henry Maske

"Um Himmels Willen, darum geht es doch gar nicht", sagt Creuzberger, während Maske voller Genugtuung guckt.

Nicht immer gelingt die Trennung zwischen den aktuellen Ereignissen und der Geschichte, der Sowjetunion und Russland, russischen Bürgern und der Kriegspolitik von Waldimir Putin. Offenbar ist das selbst für einen erfolgreichen Geschäftsmann wie Maske nicht immer leicht. Später gibt der gebürtige DDR-Bürger auch zu, dass "ein Leben mit zwei Hymnen" nicht einfach gewesen sei, das Umschalten zum Bundesbürger habe nicht auf Knopfdruck funktioniert. "Selbstverständlich bin ich heute glücklich, dass es so ist, wie es ist." Er wolle das Rad nicht zurückdrehen. "Fakt ist, der größte Teil auch der neuen Länder würde das Rad nicht zurückdrehen wollen."

Zweifel an der deutschen Demokratie

Antje Hermenau hält nicht allzu viel von der deutschen Politik.
Antje Hermenau hält nicht allzu viel von der deutschen Politik.bild: screenshot ard

Antje Hermenau hat nach der Wende den Schnellgang gen Westen gewählt. Gleich nach der Wende trat sie den Grünen bei, heiratete einen Amerikaner. Nach vier Jahren ließ sie sich scheiden, 2015 trat sie nach 25 Jahren bei den Grünen aus. Heute ist Antje Hermenau Politikberaterin und Buchautorin ("Ansichten aus der Mitte Europas: Wie Sachsen die Welt sehen"). Sie ist allerdings mehr als unzufrieden mit der deutschen Politik in Bezug auf Russland:

"Wo kommt der abgrundtiefe Hass her, wenn unser Führungspersonal über Russland redet?"
Antje Hermenau

Sie findet: "Ich kann nicht ein ganzes Volk in Sippenhaft nehmen – ich selber halte den Krieg für völlig falsch und ich weiß auch nicht, warum er (Putin) den angefangen hat." Aber die Russen seien "nicht 100 Prozent Teufel". Zudem sehe sie die Entwicklung "wirtschaftlich": "Wer soll denn die Ukraine später wieder aufbauen, wenn wir uns selbstgerecht ins Schwert stürzen?" Man solle die Sanktionen "gerne mal durchdenken". Sie glaube, sie funktionieren nicht. "Weil wir uns selber ins Knie schießen."

Dann spielt Frank Plasberg eine Aufnahme von Hermenau von einer Rede auf einer Demonstration in Sachsen ein, wo sie davon spricht, dass "die Politiker" die Bevölkerung "zwei Jahre in Angst und Schrecken" gehalten hätten während der Pandemie und dass sie nicht glaube, dass die Bundesregierung einen Schießbefehl einführen wolle.

Schießbefehl? Das irritiert nicht nur Plasberg, der nachfragt. Hermenau erklärt, sie habe das nur gesagt, weil es vor ihrer Rede dieses Gerücht unter den Demonstranten gegeben habe, und sie wollte es nur richtigstellen. Allzu viel scheint sie von der Politik aber nicht zu halten, denn am Ende der Sendung wirft sie noch die Frage in den Raum, ob die Demokratie als Idee und deren Umsetzung in Deutschland "nicht zwei verschiedene Sachen sind".

Ralf Fücks gibt seiner ehemaligen Partei-Kollegin kräftig kontra.
Ralf Fücks gibt seiner ehemaligen Partei-Kollegin kräftig kontra.bild: screenshot ard

Der Publizist Ralf Fücks ist seit 1982 Grünen-Mitglied und kennt Hermenau noch aus der Partei und duzt sie. Und er ist immer wieder fassungslos aufgrund ihrer Aussagen: "Es ist eine Verantwortung von Leuten wie dir, nicht solche Ressentiments gegen die parlamentarische Demokratie zu füttern." Ihre Sicht auf Russland teilt er ebenfalls nicht: "Was mich irritiert, dass man so fest die Augen verschließt gegenüber der russischen Realität: Eine harte Diktatur nach innen, eine Kleptokratie, in der sich Machteliten hemmungslos bereichern und aggressive Kriegspolitik nach außen."

Russland habe doch im Krieg sofort begonnen, Gas als Waffe gegen den demokratischen Westen zu benutzen. "Viele im Osten haben doch die Freiheiten für sich genutzt. Warum kommt so wenig Wertschätzung für Demokratie und Freiheit für die man 1989 auf die Straße gegangen ist?", fragt Fücks fassungslos.

(Ark)

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