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"ZDF Magazin Royale": Jan Böhmermann zieht eindeutige Bilanz zu Till Lindemann

Jan Böhmermann im Studio.
Am Freitagabend widmete sich Moderator Jan Böhmermann dem Thema "Cancel Culture".Bild: ZDF und Jens Koch
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"ZDF Magazin Royale": Jan Böhmermann zerlegt Cancel-Culture-Debatte

25.11.2023, 06:4625.11.2023, 08:04
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Sei es die britische Autorin J. K. Rowling, die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart oder der deutsche Comedian Luke Mockridge – sie alle sind in den vergangenen Jahren mit dem Schlagwort "Cancel Culture" in Verbindung gebracht worden. Der Begriff taucht immer dann auf, wenn eine mehr oder weniger große Gruppe von Menschen das (vermeintliche) Fehlverhalten einer Person oder Organisation anprangert und zu deren Boykott aufruft.

Doch wie funktioniert diese angebliche Cancel Culture? Wer cancelt wen? Und was darf man heutzutage überhaupt noch sagen? Diesen Fragen widmete sich Jan Böhmermann in der neuesten Ausgabe des "ZDF Magazin Royale" am Freitagabend.

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Um niemanden im Dunkeln stehen zu lassen, liefert Böhmermann zu Beginn eine kurze Begriffsdefinition. Dafür bezieht er sich aber nicht auf medienwissenschaftliche Fachliteratur, sondern bedient sich an Aussagen einiger älterer, weißer Herren zu diesem Thema; darunter Friedrich Merz, Boris Palmer und Dieter Nuhr. In deren Sinne sei Cancel Culture folgendermaßen zu definieren:

"Eine das Berufsleben bedrohende Zensur der Meinungsfreiheit und eine Gefährdung der Demokratie durch Mächtige – mit dem Ziel, andere hörig zu machen."

Aktivist:innen der Cancel Culture würden Karrieren zerstören, geben Kritiker:innen häufig zu denken. Böhmermann zitiert dazu den Medienanwalt Ralf Höcker, der später in der Sendung noch sein Fett wegbekommen soll: "Ich habe immer wieder erlebt, dass diese Leute mit einem totalen Vernichtungswillen operieren." Doch stimmt das?

Luke Mockridge und Till Lindemann als Opfer?

Wenn es nach Böhmermann geht, eher nicht. Um die Karrieren zweier Opfer einer (angeblichen) Cancel Culture steht es nämlich nicht allzu schlecht: Luke Mockridge führt seine erfolgreiche Tour aus diesem Jahr durch Deutschland, Österreich und der Schweiz 2024 fort. Aktuell sind laut dessen offizieller Website über 30 Shows geplant. Und auch Till Lindemann tritt 2024 voraussichtlich wieder mit Rammstein auf.

Der ZDF-Moderator lenkt daher die Aufmerksamkeit auf einige Fälle, auf die die eigens für die Sendung zusammengeschusterte Definition eher zutreffen würde. Da wäre der Fall des Hannes Kuhn, Gründer des Unternehmens Solar Millennium, der vor einigen Jahren die "Süddeutsche Zeitung" auf 78 Millionen Euro verklagt hat. In einem Artikel hatten zuvor zwei "SZ"-Journalisten über einen möglichen Insiderhandel im Zusammenhang mit Aktiengeschäften innerhalb von Kuhns Unternehmen berichtet.

Wer cancelt hier eigentlich wen?

Der finanzielle Schaden hätte die Zeitung in den Ruin getrieben. In Anspielung auf seine eigene Definition hält Böhmermann daraufhin fest: Statt die kritische Berichterstattung auszuhalten, habe Kuhn geklagt und damit nicht nur enormen Druck auf die Meinungs- beziehungsweise Pressefreiheit ausgeübt, sondern auch das Berufsleben der Journalist:innen bedroht. Cancel Culture par excellence?

Am Ende hat die "Süddeutsche Zeitung" zwar Recht bekommen, aber der Prozess dauerte insgesamt acht Jahre. Und dabei handele es nicht um einen Einzelfall, betont Böhmermann. In Leipzig ist eine Hochschulzeitung nach einem kritischen Artikel von einem Immobilienunternehmen verklagt worden. David gegen Goliath, könnte man meinen.

Kurz vor Verhandlungsbeginn zog das Unternehmen die Klage zurück, nachdem weitere Medien über den Fall berichtet hatten. Eine spendenfinanzierte Zeitung aus aus Stuttgart erlebte Ähnliches.

Mitarbeitende dieser beiden Medien berichten im "ZDF Magazin Royale", dass die Klagen nicht nur finanzielle Ressourcen und Arbeitskraft bänden, sondern auch viel Zeit kosten würden, die sie eigentlich in die Zeitung stecken würden.

Journalist:innen sowie Aktivistin:innen würden durch solche Prozesse mürbe gemacht. Gerade kleine Medien würden im Zweifelsfall eher einknicken und eine Unterlassungserklärung unterzeichnen, als das Risiko einzugehen, vor Gericht zu scheitern und einen großen finanziellen Schaden davonzutragen.

Dabei sind viele dieser Klagen von Anfang an aussichtslos. Für diese Vorgehensweise gibt es mittlerweile sogar einen Fachbegriff: "Strategic Lawsuit against Public Participation" (kurz: SLAPP), was auf Deutsch so viel bedeutet wie "Strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung".

Show-Gast hat Erfahrung mit Medienanwälten

Böhmermann betont, dass selbstverständlich nicht jede Klage gegen ein Medium ein Einschüchterungsversuch darstelle und es durchaus legitime Gründe gebe – zum Beispiel, wenn es um das gefälschte Interview mit Michael Schuhmacher geht. In den Augen des bereits erwähnten Medienanwalts Ralf Höcker scheint aber die beschriebene Einschüchterungsstrategie legitim zu sein.

Der veröffentlichte nämlich vor einigen Jahren einen Text mit der Überschrift: "Journalisten-Bedrohung ist okay!". Auf Nachfrage von Böhmermanns Redaktion schreibt er: "Wie jeder anderen Berufsgruppe darf man auch Journalisten mit Klagen drohen, wenn sie das Recht brechen". Der ZDF-Moderator sieht darin das Ausspielen oder vielmehr den Missbrauch von Macht.

Damit hat auch Böhmermanns Überraschungsgast schon einige Erfahrungen gemacht: Günter Wallraff arbeitet seit Jahrzehnten als Investigativ-Journalist und musste schon Dutzende Male vor Gericht erscheinen, weil ihn Unternehmen wegen seiner brisanten Recherchen verklagten.

Der Rechtsstreit zu seiner verdeckten Recherche bei der "Bild"-Zeitung führte ihn bis zum Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht, das eine folgenreiches Urteil fällte: Verdeckt recherchieren dürfen Journalist:innen dann, wenn ein überragendes Interesse der Öffentlichkeit an den Informationen besteht, die sich nicht anderweitig beschaffen lassen.

Das war nicht nur ein Sieg für Wallraff, sondern auch für die Pressefreiheit. Auf das "Lex Wallraff" können sich bis heute alle Investigativ-Journalist:innen berufen.

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