Der Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder, bei dem Bushido als Zeuge und Nebenkläger auftritt, dauert nun schon ein halbes Jahr. Am Montag war bereits der 22. Verhandlungstag – und noch immer stand Bushido im Zeugenstand und sagte gegen seine ehemaligen Geschäftspartner aus. Es ging erneut um die Künstlerverträge der Rapper, die bei ihrem gemeinsamen Musiklabel unter Vertrag standen. Nachdem vor der Verhandlungspause bereits die Arbeitspapiere von Shindy, Laas Unltd. und Ali Bumaye beleuchtet worden waren, sollte es nun um die von Samra und AK Ausserkontrolle gehen.
Doch bevor Bushido wieder in den Zeugenstand gerufen wurde, verlas einer der Verteidiger von Abou-Chaker erstmal einen Antrag. Aus einem Tweet eines "Bild"-Reporters, der laut Angaben des Zeugen der Anklage selbst ein guter Freund von Bushido ist und außerdem dessen Doku "Unzensiert" produziert hat, schließe er, dass besagte Doku bereits fertiggestellt sei, sagte er. Er beantrage, dass diese noch vor Veröffentlichung dem Gericht zur Ansicht ausgehändigt werde.
Die Staatsanwältin zeigte sich skeptisch. Es handele sich doch bestimmt um hunderte Stunden Filmmaterial, wandte sie ein. Der Verteidiger erklärte, er habe nicht vom Rohmaterial, sondern von der fertigen Doku gesprochen, die ja sicherlich nicht hunderte Stunden dauern werde. Das Gericht traf vorerst keine Entscheidung über den Antrag.
Danach konnte Bushido mit seiner Aussage fortfahren. Der Vertrag zwischen ihm und Samra wurde auf eine Leinwand projiziert – lesen konnte man ihn im Saal jedoch nicht. Doch die Staatsanwältin trug vor, was darin vereinbart worden war: Vier Alben umfasste das Papier. Ob davon überhaupt eines erschienen sei, wollte sie wissen. "Nein", antwortete Bushido.
Samra habe ihn 2018 um die vorzeitige Auflösung des Vertrags gebeten, so der ehemalige Gangster-Rapper weiter. Zwar habe sich Samra als einziger der von ihm und Arafat betreuten Rapper nach der Trennung für seine, Bushidos, Seite entschieden. Doch nun habe er, nachdem Arafat aus der Untersuchungshaft entlassen worden sei, Angst bekommen, erklärte Bushido weiter. Sein früherer Geschäftspartner habe übrigens nicht seinetwegen im Gefängnis gesessen, sondern wegen der Aussage seiner Cousine. Diese hatte zunächst erklärt, Arafat wolle Bushidos Kinder entführen, revidierte ihre Aussage später aber.
Wie denn überhaupt der Kontakt zustande gekommen sei, wollten die Verteidiger wissen. Über Arafat, erklärte Bushido knapp. Dieser Umstand passte natürlich nicht so ganz in das Bild, das er von seinem Geschäftsverhältnis zu Abou-Chaker zeichnen möchte. In seiner bisherigen Aussage war Bushido stets bemüht gewesen, den Beitrag von Arafat zum Musikgeschäft als gering darzustellen.
Auch jetzt unterstellte er ihm keineswegs musikalisches oder geschäftliches Interesse. "Es ging Arafat nur darum, einen Soldaten zu rekrutieren, den er gegen Farid Bang und Kollegah schicken konnte", behauptete Bushido. Von Musik habe sein ehemaliger Geschäftspartner ohnehin keine Ahnung, es sei ihm nur um den Beef mit den beiden Rivalen aus NRW gegangen.
Da Bushido auch durchblicken ließ, dass Samra nach Shindy wohl der zweitlukrativste Künstler auf seinem Label hätte werden können, wollten die Verteidiger wissen, warum er dann der Vertragsauflösung so schnell zugestimmt habe. "Geld ist nicht alles", erwiderte Bushido zum Erstaunen vieler Zuhörer. Er erklärte weiter, man könne einen Künstler nicht zum Musikmachen zwingen.
Die Aussage Bushidos sowie die Fragen der Anwälte drehten sich im folgenden auch um die Personen, die bei den jeweiligen Treffen zu den Vertragsauflösungen ebenfalls dabei waren. So waren beim Treffen mit Shindy laut Bushido sowohl Veysel K. als auch Ashraf R. zugegen, beide als Begleiter von ihm selbst. Derselbe Ashraf sei aber beim Treffen mit Samra als dessen Begleiter aufgetreten – eine Tatsache, die bei den Verteidigern Verwunderung auslöste. "Wem ist die Person denn nun zuzuordnen?", wollte einer wissen.
Bushido wich aus, betonte, er habe bis heute ein freundschaftliches Verhältnis zu Ashraf. Dieser war, genau wie Veysel K., bereits Thema der Verhandlung. Beide sollen laut Bushido am Abend nach dem angeblichen Vorfall im Januar 2018, um den sich die Anklage hauptsächlich dreht, zu ihm nach Hause gekommen sein und ihm ihre Unterstützung angeboten haben. Veysel K. soll außerdem bei dem Vorfall, bei dem Bushido beleidigt, bedroht und geschlagen worden sein will, zeitweise dabei gewesen sei.
So richtig klar wurde ihre Rolle bei den Vertragsauflösungen nicht. Für Verwirrung sorgte zudem, dass Bushido erklärte, bei dem Treffen mit Shindy habe dieser Angehörige des Rocker-Milieus mitgebracht. Die Verteidiger wollten wissen, ob sich der Schwabe von Bushido denn bedroht gefühlt habe. Nein, so Bushidos Antwort, sondern von Arafat. Der allerdings war bei dem Treffen gar nicht dabei.
Alles eine recht zähe Angelegenheit also. Für Auflockerung sorgte jedoch ein kurzer Exkurs zur neuen Musik von Bushido. Am Freitag war ein neuer Song seines Schützlings Animus erschienen, auf dem die beiden gemeinsam mit einem alten Weggefährten Bushidos ordentlich gegen andere Rapper austeilen.
Ob er hinter den ganzen Beleidigungen stehe, die dort gerappt würden, wollte ein Verteidiger wissen. Das seien keine Beleidigungen, sondern Gangster-Rap, erwiderte Bushido. "Wir können uns den Song ja mal anhören hier", schlug der Anwalt daraufhin vor. "Bitte nicht", entfuhr es Bushido, was für Heiterkeit im Saal sorgte.
Zum Schluss ging es dann noch um den Vertrag von AK Ausserkontrolle. Dazu hatte ausnahmsweise mal niemand viele Fragen, dafür meldete sich der Angeklagte zu Wort. Bisher hatte er zwar schon einige Male das Geschehen mit halblauten Bemerkungen kommentiert, aber dieses Mal wandte er sich direkt an seinen ehemaligen Freund und Geschäftspartner Bushido: "Sag das doch laut, was du gerade gesagt hast", fuhr er ihn an. Bushido gab sich ahnungslos, was gemeint sei. Offenbar wollte Arafat eine verächtliche Bemerkung in seine Richtung gehört haben. "Du brauchst nicht so zu tuscheln", setzte er nochmal nach. Wenig später vertagte der Richter die Verhandlung auf den nächsten Prozesstag am kommenden Mittwoch.