Ikkimel und SXTN reagieren auf Deutsch-Rap-Zoff um "Fotzen"-Feminismus

Rapperin Ikkimel eckt mit ihrem Reclaiming des Worts "Fotze" an.Bild: imago images / mix1

"Fotze": Wirbel um Feminismus im Deutsch-Rap – Ikkimel und SXTN reagieren

Dariusch Rimkus

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Rap war schon immer eines der polarisierendsten Musik-Genres – vor allem im verschnarchten Schland der Dichter und Denker: An dieser Stelle muss auch nicht gegendert werden. Deutschland legte lange keinen großen Wert auf seine weiblichen Künstlerinnen.

Auch innerhalb des Hiphops beherrschte (toxische) Männlichkeit lange das Game. Das Duo SXTN hingegen war eines der ersten wirklich erfolgreichen weiblichen Rap-Projekte.

Juju und Nuran machten sich frauenfeindliche Klischees zu eigen und wandelte diese in selbstbestimmte Botschaften um. Unter anderem nannten sie sich selbst häufig "Fotzen" – genau wie heutzutage Rapperin Ikkimel.

Doch wie feministisch ist diese Art des Raps wirklich? Und warum gibt es plötzlich Stress zwischen den ähnlichen Berliner Rapperinnen aus verschiedenen Generationen? Watson erklärt's.

Juju und Nura feierten als SXTN große Erfolge.Bild: imago images/ POP-EYE

Ikkimel und SXTN: Kann "Fotze" feministisch sein?

Bereits zu SXTNs Hochzeiten zwischen 2014 und 2018 gab es Kritik an den beiden – und zwar nicht nur von slutshamenden Männern. Juju und Nura rappten über sich als selbstbestimmte Fotzen und Bitches, die tun, was sie wollen. Es gab es zahlreiche Debatten-Beiträge darüber, ob man ihren Rap als feministisches Werk einordnen kann.

Feminismus-Diskussion um SXTN und Ikkimel

Die Befürworter:innen sagten damals: Songs wie "Er will Sex" feiern die Selbstbestimmung von Frauen, Kritiker:innen wiederum stießen sich an den zum Teil diskriminierenden Zeilen der beiden Frauen – und an ihrer Übernahme sexistischer Klischees.

Ähnliches passiert heute rund um die Songs von Rapperin Ikkimel, die sich etwa im Song "Bikini Grell" die "allergrößte Fotze der Stadt" nennt. Mittlerweile kennen fast alle halbwegs jungen Menschen die Newcomerin, die auch ihr im Februar veröffentlichtes Debütalbum ausgerechnet "Fotze" nannte.

Selbst Monate später wird sowohl in Hiphop- als auch Feuilleton-Redaktionen fleißig in die Tasten gehackt, wenn es um lebensnah-pragmatische bis besonders geistreiche Begründungen dafür geht, warum der Begriff "Fotze" bei Ikkimel feministisch ist – oder warum eben nicht.

Ikkimel will ebenso wie SXTN selbstbestimmte "Fotze" sein

Die meisten Meinungen befinden sich jedoch wie so häufig in der ambivalenten Mitte. Auf der einen Seite wirken Ikkimels derbe Lyrics häufig willkürlich aneinander gereiht, statt eine klare feministische Botschaft zu transportieren.

Andererseits: Wie schon SXTN gibt auch Ikkimel wenig darauf, was ihr von außen für Rollenbilder aufgezwängt werden, egal von wem. Sie betont stets, dass sie einfach so ist, wie sie sein will – und betrachtet als Privatmensch ihr Alter-Ego "Ikkimel" sowieso nochmal mit künstlerischer Distanz.

Den Begriff "Fotze" und damit das Konzept selbstbestimmter Freizügigkeit und weiblicher Lust will sich Ikkimel jedenfalls nicht von alten sexistischen Männerschubladen kaputt machen lassen – und ihn quasi für die Frauen zurückerobern.

Ikkimel supportet Juju – die lacht darüber: Gibt es Zoff?

"Pionierarbeit" hätten sie damals geleistet, schimpft nun plötzlich Juju und fühlt sich zu wenig respektiert. Unterstützung bekommt sie überraschenderweise nach jahrelangen Spannungen von Nura – und von Ikkimel, der Nachfolgerin des feministischen Fotzen-Raps von SXTN. Doch Juju gefällt das so gar nicht.

So postete sie kürzlich in ihrer Insta-Story ein langes wutentbranntes Statement (in Großbuchstaben), in dem sie Respekt für sich und Nura einforderte. "Keiner in dieser toten Szene gab und gibt uns den Hak, den wir verdienen", tobte Juju darin etwa.

Hiphop-Medien würden sie ignorieren und auch einige "weibliche und männliche Artists, die unseren Film seit Jahren kopieren", hätten ihnen kein einziges Mal öffentlich Respekt gegeben:

Nura teilt Statement, auch Ikkimel kommentiert – doch Juju lacht

Was für viele Fans von SXTN komplett überraschend war: Auch Nura teilte das Statement von Juju wiederum in ihrer Story. Zuvor herrschte zwischen den beiden ehemaligen Partnerinnen wohl jahrelang ein angespanntes Verhältnis, wie Statements der beiden zur SXTN-Trennung vermuten ließen.

Auch zu einem von zahlreichen Fans so sehr erhofften Comeback kam es nie. Stattdessen arbeiteten beide Künstlerinnen an ihren Solo-Karrieren weiter, konnten an den SXTN-Erfolg jedoch nur bedingt anknüpfen.

Nun also der Support Nuras für Jujus Brandrede. Doch damit war die Show noch nicht vorbei. Unter einem Instagram-Post der Magazins "hiphop.de" zu Jujus Rage kommentierte auch Ikkimel. Doch auch Ikkimel unterstützte Jujus Statement mit dem Kommentar: "Period!"

Juju sah darin wiederum anscheinend eine gewisse Ironie. Ikkimel könnte in den Augen Jujus möglicherweise eine der von ihr erwähnten Artists sein, "die unseren Film seit Jahren kopieren". Dafür spricht nämlich, dass Juju auf Ikkimels Unterstützung mit Sideeye-, Applaus- und Lach-Emojis antwortete. Ausgerechnet Ikkimel müsste sich wohl von Jujus Rant angesprochen fühlen.

Dennoch bleibt unklar, ob sich daraus nun ein für die Hiphop-Szene typischer Beef entwickelt. Für SXTN-Fans bleibt wohl die relevantere Frage, ob das kleine Zeichen des gegenseitigen Supports zwischen Juju und Nura jetzt doch das erste Anzeichen eines möglichen Comebacks ist.