Der Juni ist schon fortgeschritten, und damit auch der alljährliche Pride Month. Die Regenbogen-Flaggen wollen die Städte in bunte Farben tauchen. Doch selbst der bunteste CSD kann eintönig wirken, wenn nicht die richtige Musik aus den Boxen dröhnt.
Eine Pride-Playlist ist dabei leichter gesagt als gemixt: Denn jede:r weiß, dass ein Klassiker wie "Vogue" von Madonna ebenso dazugehört wie Lady Gagas "Born This Way". Gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche talentierte Musiker:innen, die es noch nicht in den absoluten Mainstream geschafft haben.
Watson hat euch deshalb zehn schönste Songs queerer Musiker:innen rausgesucht, die ihr mit Sicherheit zum Teil schon liebt, und vermutlich zum Teil noch nicht kennt. Also nichts wie rein in die Playlist und die Boxen bis zum Anschlag drehen!
Den perfekten Einstieg in unsere Playlist liefert Shea Diamond mit "I Am Her", denn schließlich war dies auch der Einstieg in ihre Karriere – und ihr Durchbruch.
Die besondere Geschichte hinter dem Song: Diamond hat schon früh gemerkt, dass sie im falschen Körper geboren wurde. Als Folge war sie seit jeher starker Diskriminierung ausgesetzt. Im Alter von 20 Jahren raubte sie einen Lebensmittelladen aus, um sich eine Geschlechtsumwandlung leisten zu können. Für die nächsten zehn Jahre wurde sie daraufhin in Männer-Gefängnissen untergebracht – und dort weiter diskriminiert.
In dieser Zeit ist "I Am Her" entstanden. Bei so viel Demütigung: Kein Wunder, dass der Song so überzeugend daherkommt.
Bleiben wir beim Thema Durchbruch. Bei der norwegischen Sängerin Marie Ulven Ringheim alias Girl in Red war dies der Song "I wanna be your girlfriend" von 2018. Wie in vielen ihrer Stücke widmet sich Ringheim auch hierin der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft.
Als queere Ikone konnte sie sich mittlerweile so sehr etablieren, dass die Frage "Do you listen to Girl in Red" als Code innerhalb der Szene gilt, um nach der sexuellen Orientierung von Frauen zu fragen.
Ob dieser riesige Hit überhaupt als queerer Song durchgeht? Vielleicht nicht offiziell. Doch durch die etlichen Anspielungen im Text, das Video und sein lauter Schrei nach Freiheit und Unabhängigkeit – gesungen vom homosexuell lebenden Freddie Mercury – ist es womöglich eines der queersten Stücke der Rock-Geschichte. Und davon mal abgesehen auch einfach ein brillanter Song.
In einer Playlist queerer Songs darf auch King Princess nicht fehlen. Emotionale Lieder rundum die Themen Sexualität und Freiheit stehen hier an der Tagesordnung. Das bekannte Stück "1950" ist nur eines von vielen Beispielen – und wurde allein auf Spotify mehr als 500 Millionen Mal angehört. King Princess bezeichnet sich übrigens als nonbinär, bevorzugt jedoch weiterhin weibliche Pronomen.
Ebenfalls nicht fehlen darf die deutsche, jedoch in Los Angelos lebende Sängerin Kim Petras, auch wenn es hier inhaltlich schon deutlich offensiver zugeht als bei King Princess. Ihre sehr frühe Entscheidung für eine Geschlechtsumwandlung brachte ihr weltweite Bekanntheit ein. Heute ist es hingegen ihre Grammy-ausgezeichnete Musik, durch die sie im Rampenlicht steht – und in der sie kein Blatt vor den Mund nimmt.
Traurig, dass die Hintergründe dieser Songs oftmals mit Diskriminierungen aller Art zu tun haben. So auch bei Mike Hadreas alias Perfume Genius. Weil dieser schon mit 15 Jahren offen homosexuell lebte, haben Ausgrenzung, Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen dazu geführt, dass er nicht nur seine Heimat verließ, sondern auch ernste Drogenprobleme bekam. Mittlerweile hat sich Perfume Genius wieder gefangen. Seine Erfahrungen vertont er heute in seinen Liedern, etwa in "On The Floor".
Die Sängerin Wilhelmine betont immer wieder, in ihren Liedern authentisch sein zu wollen. Das setzt sie um, indem sie über eigentlich sensible Themen überraschend offen singt. Das kann, wie in dem Song "Du", entweder der Alkoholismus innerhalb der eigenen Familie sein, oder aber das selbstverständliche Sprechen über ihre lesbische sexuelle Orientierung. Der Song "Meine Liebe" von 2019 stellte dabei ihr Coming-out dar.
Mad Tsai scheint sie gefunden zu haben: die große Liebe. Denn Stacy ist begehrt, kann gut tanzen, und ist zudem die Beste in der Klasse. Wie nur soll er ihr klarmachen, dass er sich bei all ihren Treffen nicht in sie, sondern ihren Bruder verliebt hat?
Jonathan Andrew Tsai, wie der Musiker bürgerlich heißt, ist noch nicht im Mainstream angekommen. Im deutsch- oder englischsprachigen Wikipedia taucht er nicht auf. Drei Millionen Follower:innen auf Tiktok sprechen allerdings dafür, dass man hier durchaus mal reinhören sollte.
"Ich verliebe mich einfach in gute Menschen, deren Herz am rechten Fleck ist", sagte Brendon Urie, Sänger von Panic! at the Disco, als er sich vor einigen Jahren als pansexuell outete. "Girls/Girls/Boys" ist dabei nicht nur ein Song, der durch seine Bass-Linie enorm gut ins Ohr geht, sondern der auch die Grund-Message verbreitet, dass "Liebe keine Wahl" ist.
Und zum Abschluss noch etwas ganz Besonderes: Die deutsche Rapperin Sookee ist für ihre politischen Statements innerhalb ihrer Musik bekannt (auch wenn sie mittlerweile als Sukini auf Kinderlieder umgestiegen ist). Insbesondere der Sexismus ihres Genres war für sie schon immer ein Problem.
Sie selbst bezeichnet sich als queer, da sie – ähnlich wie Brendon Urie – kein Geschlecht, sondern Personen liebe. In ihrem Song "Queere Tiere" führt Sookee diverse Beispiele auf, in denen die Tierwelt dem Menschen aktuell noch voraus ist. Die queersten unter ihnen: die Seepferdchen.