Kai ist alleinerziehend und lebt vom Geld seiner Kinder
Kai (Name geändert), 50 Jahre, ist alleinerziehender Vater von drei Kindern im Alter von neun, 11 und 22 Jahren. Weil er sich um die Kinder kümmert und keinen Teilzeitjob findet, lebt er von Hartz IV. Davor war er selbstständig in der Gastronomie. Monatlich hat er 1811 Euro netto zur Verfügung. Sein ältester Sohn verdient selber Geld.
knapp 750 Euro Gehalt erhält. Er wohnt noch zu Hause, zählt aber aufgrund des
eigenen Gehalts nicht in den Hartz-IV-Satz rein. Da er sehr hohe Fahrtkosten
hat, kann er seinem Vater kein Geld abgeben.
Für sich und seine anderen beiden Kinder hat er also pro Person durchschnittlich 603 Euro.
Der Gesamtbetrag von 1811 Euro setzt sich zusammen aus:
- 1173 Euro Hartz IV, abzüglich 140 Euro Sanktionen für eine zu große Wohnung, macht 1033 Euro vom Jobcenter
- 410 Euro Unterhaltsvorauszahlung von der Stadt, da die Ex-Frau keine Unterhaltskosten zahlt
- 368 Euro Kindergeld
Die monatlichen Fixkosten betragen:
- Miete inkl. Nebenkosten: 770 Euro
- Strom: 179 Euro
- Telefon: 35 Euro
- ca. 500 Euro für Lebensmittel
- ca. 200 Euro für Kleidung und Gesundheitskosten
- Rest für Schulkosten wie Hefte, Bücher, Mittagessen
Wir haben Kai gefragt, wie er mit seinem Geld auskommt.
Würden Sie sich selbst als arm bezeichnen?
Wenn ich in andere Länder schaue, dann würde ich mich selbst nicht direkt als arm bezeichnen. Denn wir leben ganz gut und wir haben eine Wohnung. Ich versuche eine kleinere Wohnung zu bekommen, aber das ist in dem Bezirk, in dem wir wohnen, aufgrund der steigenden Mietpreise finanziell sehr schwierig.
Woran merken Sie täglich, dass Sie arm sind?
Faktisch lebe ich von dem Geld von meinen Kindern. Mich setzt es schon unter Druck, dass ich immer jeden Euro umdrehen muss. Beim Einkaufen im Supermarkt rechne ich immer mit.
Das ist jetzt ein krasser Unterschied. Aber ich habe mich nach der Trennung von meiner Frau bewusst für die Kinder entschieden, ich wollte sie bei mir haben und das würde ich auch jederzeit dem Geld vorziehen.
Ein Mensch gilt als von Armut bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Lebenssituationen zutrifft: (Quelle: Leben in Europa EU-SILC).
1. Das Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze. 2015 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1033 Euro, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2170 Euro im Monat.
2. Der Haushalt ist von erheblicher materieller Entbehrung betroffen. Das bedeutet, dass jemand zum Beispiel nicht in der Lage war, Rechnungen für Miete, Hypotheken oder Versorgungsleistungen zu bezahlen, die Wohnungen angemessen zu beheizen oder eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren.
3. Der Mensch lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.
Wie lange dauert es, bis das Geld knapp wird?
Das kommt ganz auf den Monat an. Wenn Ostern, Weihnachten oder Geburtstage anstehen, dann bin ich die gesamte Zeit am Rechnen. In normalen Monaten ist es meistens die letzte Woche, die kritisch ist. Aber Essen zum Beispiel gibt es bei uns immer. Ich bin gelernter Koch und koche jeden Tag frisch, das ist kein Problem.
Was war das krasseste, was Sie mal gemacht haben, um an Geld zu kommen?
Ich habe sehr viele Sachen von früher verkauft, um an Geld zu kommen und mich von meiner Zippo-Feuerzeug-Sammlung getrennt – damit habe ich 750 Euro verdient. Aber ich habe auch das Glück, dass ich noch viele Dinge wie Möbel von damals habe und die Kosten dadurch nicht so krass sind.
Was haben Sie sich zuletzt gegönnt?
Ich gebe mein Geld lieber für meine Kinder aus und kaufe ihnen schöne Kleidung oder etwas für ihre Zimmer.
Was müsste sich Ihrer Meinung nach in Deutschland ändern, um Ihre Situation zu ändern?
Weil ich starke Diabetes habe, habe ich inzwischen 10 Augenoperationen hinter mir und sehe kaum noch. Deshalb kann ich nicht mehr als Koch arbeiten. Ich würde gerne wieder arbeiten, aber das ist als alleinerziehender Vater sehr schwierig. Es müsste mehr Teilzeitstellen geben, die es ermöglichen würden, dass ich meine Kinder morgens und abends gut versorgen kann. Wenn ich Schicht arbeiten würde, dann wäre ich den ganzen Abend weg und könnte mich nicht mehr um meine Kinder kümmern.