Katharina (Name geändert), 24 Jahre, macht einen Master in Betriebswirtschaftslehre. Sie ist Werkstudentin in einer Unternehmensberatung und verdient dort 866 Euro netto. Davon zahlt sie:
Das macht 710 Euro. Den Rest gibt sie für Studium, Büro-Kleidung, Medikamente, Haushalt und Hygieneartikel aus. Zurücklegen kann sie nichts.
Sie kommt aus einer Arbeiterfamilie und muss ihr Studium komplett selbst finanzieren.
Ich weiß, dass ich mehr verdiene, als so manche Werkstudenten in anderen Branchen. Andere sind also ärmer. Allerdings ist Beratung eigentlich eine Branche, in der man mehr verdient und im Vergleich zu meinen festangestellten Kollegen verdiene ich als Werkstudentin sehr wenig. Die anderen Werkstudenten werden alle finanziell von ihren Eltern unterstützt und sehen das Gehalt eher als Extra-Geld.
Gleichzeitig wird von mir erwartet, dass ich gepflegt und hochwertig gekleidet zur Arbeit erscheine, Reisekosten auslege und an jedem meiner Arbeitstage mit den Kollegen essen gehe. Ich versuche so gut wie möglich mitzuhalten, aber eigentlich schaffe ich es nicht. Auf der Arbeit versuche ich zu verstecken, dass ich so wenig Geld habe.
Ich bin nur Werkstudentin und obwohl ich fast die gleichen Aufgaben wie meine festangestellten Kollegen übernehme, bekomme ich viel weniger Gehalt. Am Anfang war ich richtig stolz auf meine Stelle in der Unternehmensberatung. Ich habe mich angestrengt und hatte viel Verantwortung. Dann habe ich irgendwann gemerkt, dass die Bezahlung nicht gerechtfertigt ist für das, was ich dort leiste. Auch, weil ich viele Überstunden gemacht habe und dadurch mein Studium litt.
Richtig enttäuscht war ich, als mein Chef mir sagte, dass er mich trotz guter und verlässlicher Arbeit nach dem Studium nicht übernehmen wird, weil meine Noten zu schlecht sind. Das Spannungsverhältnis zwischen guten Noten, Studium schnell abschließen, aber auch Geld verdienen und Arbeitserfahrung sammeln, macht mir zu schaffen.
Bafög bekommt nur, wer maximal 450 Euro neben dem Studium verdient. Ich verdiene ja mehr und kann daher kein Bafög beantragen. Ich will es auch nicht, denn auf meine Stelle bei der Unternehmensberatung will ich nicht verzichten. Ich komme aus der Arbeiterklasse und habe immer gesagt bekommen: "Bildung ist der beste Weg um den sozialen Aufstieg zu schaffen".
Das lässt mich kämpfen. Mit der Erfahrung als Werkstudentin bei einer Beratung bin ich im Endeffekt qualifizierter und erhoffe mir dadurch später bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Auch wenn ich jetzt dafür viel weniger Geld zur Verfügung habe. Trotz der finanziellen Probleme würde ich jedem raten zu studieren. Ich studiere wahnsinnig gerne.
Wenn ich im Supermarkt einkaufe, muss ich darauf achten, dass es nicht zu teuer wird. Bei Aldi kann ich für fünfzehn Euro die Woche Essen einkaufen, in andere Supermärkte gehe ich nur, um mir ab und zu Produkte zu kaufen, die bei Aldi nicht angeboten werden.
Ich habe das Glück, ein paar Freunde im Nachtleben zu haben, die mich manchmal auf die Gästeliste schreiben. So kann ich ab und zu auch ausgehen oder ein Konzert besuchen. Es macht mich schon fertig, so wenig Geld zu haben. Es ist einfach ein ständiger Kampf.
Ich mache gelegentlich bei Filmdrehs als Komparse mit. Dafür bekomme ich 60 Euro für zehn Stunden. Das ist ziemlich undankbar: Wenn ich Pech habe, muss ich stundenlang draußen in der Kälte stehen. Gleichzeitig verpasse ich einen Uni-Tag oder schenke einen der wenigen freien Tage her, die mir zwischen Vorlesungen, Arbeit und Lernen zur Verfügung stehen.
Nachdem mein alter Laptop kaputt ging, musste mir einen Neuen "gönnen", um überhaupt studieren zu können. Er hat 1300 Euro gekostet. Den konnte ich mir nur kaufen, weil ich mir vorher einen Studienkredit bei der KfW geholt hatte. Hätte ich den Kredit nicht gehabt, hätte ich nicht weiter studieren können.
Als ich den Studienkredit noch nicht hatte, habe ich ab Monatsmitte alles mit Kreditkarte bezahlt. Da war ich dann richtig in der Schuldenfalle drin. Denn jeden Monat lebst du dann noch früher vom Kredit. Die Kreditkarten-Schulden habe ich nun mit dem Studienkredit ausgeglichen.
Es müssten mehr junge Leute in den Bundestag, damit Probleme nicht nur von alten Leuten angegangen werden und die Bedürfnisse von Studenten und Schülern stärker berücksichtigt werden.