Ihr fragt euch sicher, ob ich watson schon reich gemacht
habe. Denn vor 2 Wochen steckte ich 300 Euro Redaktionsgeld in die
Digitalwährungen Bitcoin, Ethereum und Ripple.
Tatsächlich
haben wir sogar fast die Hälfte des Gelds verloren 😱
Unsere 0,01197294 Bitcoin und 0,16129352 Ethereum sind mittlerweile nicht mehr 200 Euro sondern nur noch 109 Euro wert. Auch bei Ripple läuft es nicht besser: Der Wert unserer 158 Ripple-Coins ist von 100 Euro zum Kaufzeitpunkt auf 62 Euro geschrumpft.
watsons Coinbase-Account am 24. März (links) und am 5. April (rechts)
Wie erkläre ich das meinen Chefinnen?
Dass ich watson zurzeit nicht reich, sondern arm mache ist
natürlich nicht mein Fehler, sondern liegt an den schlechten Krypto-Kursen. 2018
ist bislang kein gutes Jahr für Krypto-Fans. Der Gesamt-Wert des Markts hat
sich von 608 Milliarden US-Dollar Anfang dieses Jahres auf 301 Milliarden
Dollar halbiert. Bitcoin dümpelt unter 6000 Euro rum und hat seit dem
1. Januar 41% an Wert verloren. Ethereum hat mit 309 Euro pro Coin Anfang
dieser Woche den niedrigsten Wert im Jahr 2018.
Was tue ich nun?
Abwarten und Tee trinken? Man soll ja nicht ungeduldig sein. Alle Krypto-Pros wissen,
dass Kryptohandel ein Langzeit-Projekt ist und man vor allem die Nerven
behalten muss, wenn die Kurse fallen beziehungsweise stagnieren, so wie es
seit Wochen der Fall ist.
Ich bin leider zu ungeduldig zum Abwarten und Tee mag ich
auch nicht, also rufe ich einen Bekannten an, der jahrelang Online-Poker
gespielt hat und sich in der halbseidenen Krypto-Welt bestens auskennt. Er hat
keine Zeit mit mir zu reden, empfiehlt mir aber einer "Pump and Dump" Gruppe
auf Telegram beizutreten. Pump and Dump? Ich frage Google und bin gleichermaßen
fasziniert und schockiert denn:
In "Pump and Dump" Gruppen-Chats verabreden sich Leute um einen
bestimmten Coin zum selben Zeitpunkt zu kaufen (pump), und ein paar Minuten
später wieder zu verkaufen (dump)
Dadurch werden Leute angelockt, die sehen, dass der Wert
dieses Coins steigt und glauben, es sei der richtige Zeitpunkt um einzusteigen.
Der Preis ist jedoch künstlich manipuliert. Eingeweihte verkaufen ihre Coins zu
einem hohen Preis und machen bis zu 150% Gewinn, Nichtwissende verlieren ihr
Geld und werden verarscht.
Moment, das kommt mir bekannt vor. Das klingt nach
Insiderhandel. Und der ist an der normalen Börse in Deutschland und den meisten EU-Staaten verboten. Doch nicht in der Wild-West-Kryptowelt, die so
unreguliert ist, dass es kracht.
Irgendwo auf Seite drei meines iPhone-Displays versteckt,
finde ich die Telegram-Messaging-App. Telegram sieht aus wie Whatsapp, ist aber
komplett verschlüsselt und besonders bei Menschen, die anonym bleiben wollen, beliebt.
Ich finde eine Gruppe namens "Big Pump Signal". Sie hat knapp 80.000 Abonnenten und bezeichnet
sich selbst als größten "Crypto-Influencer" des Internets:
"We are the largest crypto influencers on the web. We have succeeded over 20 pumps, we have pumped more than 500 million dollar into the crypto market. We have made people rich, made people buy Lambos and changed people's lives."
"Big Pump Signal" https://bigpumpsignal.com/guide
Tatsächlich können sich
Menschen, die pumpen und dumpen luxuriöse Autos (Lambos = Lamborghinis) leisten.
Beim Gegoogle stoße ich auf ein anonymes Interview, in dem ein Typ erzählt, dass er mit dieser fragwürdigen Praktik so viel Geld verdient
hat, dass er sich einen Tesla (die kosten mindestens 70,000 Euro) davon kaufen konnte.
Zu meiner Freude ist für heute Abend ein Pump angekündigt. Um 21:00 geht es los. Obwohl ich unsere Krypto-Kasse gerne
auffüllen würde, kommt mir das Ganze zu kriminell vor und ich beobachte nur. Kurz vor 9 beginnt der Countdown: Noch 5 Minuten,
noch 2 Minuten.. dann wird ein Bild geschickt, der Coin, der gepumpt wird heißt "Iconomi", kurz ICN.
Auf Telegram wird der Pump angekündigt
Der Pump findet auf Binance.com statt, einer der größten (und
seriösesten) Krypto-Exchange-Börsen. Vor dem Pump ist der ICN-Coin 11089
Satoshi (62 Euro Cent) wert, zwei Minuten später schon 27000 Satoshi (1,51
Euro).
Und so sieht das aus:
bild: Binance.com
Die Administratoren der "Big Pump Signal" Gruppe sind
begeistert und feuern die Gruppenmitglieder (die Insider) an:
"Outsiders are coming in! Keep riding those waves! Easy money! Great job!"
Die Outsider wurden nun erfolgreich abgerippt. Auch weil
Mitglieder dazu animiert werden, exzessiv auf Social Media für den Coin zu
werben und sogar Fake-News-Artikel dazu zu erstellen. Tut das jemand besonders oft, kann er eine
VIP-Mitgliedschaft gewinnen (oder sie sich kaufen) und wird ein paar Sekunden vor den anderen Insidern
über den Pump informiert.
Ich fühle mich schmutzig und schließe die Telegram-App. Dann lieber arm bleiben.
Was machen wir mit dem Geld?
Da watson kein gieriges Unternehmen, sondern eine seriöse Redaktion ist, spenden wir unser Krypto-Vermögen (oder das, was davon übrig ist) Ende des Jahres an einen Verein für Spielsüchtige.
Und damit ihr am Wochenende euren Senf zu Bitcoin& Co. dazugeben
könnt, hier die interessantesten News aus dem Krypto-Universum:
Der Krypto-Small-Talk
John McAfee, Programmierer und Gründer der gleichnamigen
Anti-Virus-Software, wirbt ab und zu für Krypto-Produkte und Projekte auf
Twitter. Jetzt gab er bekannt, dass er pro Tweet 105,000 Dollar nimmt. Ganz
schön teure PR!
Google geht weiter gegen Kryptohandel vor.
Nachdem Krypto-Werbung auf Google (sowie auf Facebook und Twitter) verboten
wurde, sollen nun auch Krypto-Mining-Erweiterungen aus dem Chrome Web Store
entfernt werden.
"Sinochem", eine von Chinas vier großen staatlichen Ölgesellschaften, hat eine
Benzin-Lieferung von China nach Singapur zum ersten Mal vollständig mittels Blockchain-Technologie durchgeführt. Die Blockchain hat große Vorteile für die Logistik: Durch
die dezentral verteilte Datenbank der Blockchain können die an dem Netzwerk
Beteiligten direkt miteinander Transaktionen durchführen und die Historie aller
Transaktionen sehen.