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"Hart aber fair": Expertin warnt vor Atom-Panik – "Gibt keinen roten Knopf"

Claudia Major warnt vor Atom-Panik.
Claudia Major warnt vor Atom-Panik.bild: screenshot ard
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"Hart aber fair": Expertin warnt vor Atom-Panik – "Fürchten Eskalation genau wie wir"

10.05.2022, 12:06
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Mit Spannung schaute die Welt auf die diesjährige Militär-Parade in Moskau und Wladimir Putins Rede, mit der Russland alljährlich am 9. Mai den Sieg im Zweiten Weltkrieg feiert. Welche Auswirkung würden diese Feierlichkeiten auf den Ukraine-Krieg haben? Würde Putin das Ende des Krieges verkünden? Oder eine Offensive? Am Ende tat er nichts davon. "Putins Parade: Ist keine Drohung schon Grund zur Hoffnung?" lautet das Thema bei Plasberg mit folgenden Gästen:

  • Roderich Kiesewetter, CDU, Bundestagsabgeordneter; Mitglied im Auswärtigen Ausschuss; Oberst a.D.
  • Gesine Dornblüth, Journalistin, von 2012 bis 2017 Korrespondentin in Moskau
  • Michael Roth, SPD, Bundestagsabgeordneter; Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses
  • Claudia Major, Militärexpertin; leitet die Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik
  • Wolfgang Merkel, Politikwissenschaftler und Demokratieforscher

"Ein spannender, vielleicht entscheidender Tag. Keine Generalmobilmachung, keine neue Atomwaffendrohung. Ist das ein kleiner Sieg der Realität oder nur ein Täuschungsmanöver?", moderiert Plasberg an und sammelt dann Meinungen von seinen Gästen ein.

"Realitätscheck" in Putins Rede

Plasbergs Gästerunde
Plasbergs Gästerundebild: screenshot ard

Der CDU-Abgeordneter Roderich Kiesewetter glaubt, Putin habe heute seine letzte Chance verpasst, gesichtswahrend einzulenken. Für ihn steht fest: Man müsse sich auf einen längeren Krieg einstellen. "Das dauert Jahre."

Die ehemalige Moskau-Korrespondentin Gesine Dornblüth sieht in Putins Rede "ein lavierendes 'Weiter so'". Sie glaubt: "Er hält sich da ein Türchen offen, um auf weitere Entwicklungen reagieren zu können."

Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel findet: "Es hätte besser kommen können." Aber immerhin sei der schlimmste Fall, die Generalmobilmachung, ausgeblieben.

Die differenzierteste Betrachtug hat Militärexpertin Claudia Major. Sie hat in Putins Rede einen "Realitätscheck" ausgemacht. Weil der russische Präsident von den "gefallenen Söhnen" gesprochen und Unterstützung für deren Familien angekündigt habe. Damit gestehe er erstmals indirekt ein, "dass es nicht ganz nach Plan läuft". Aber insgesamt klang es für sie eher nach einer Bestätigung und Fortschreibung der bisherigen Politik. "Es ist keine Abkehr von den Zielen, der Krieg wird gerechtfertigt und verteidigt."

Putin macht keine Anstalten zum Rückzug und die westliche Welt versorgt die Ukraine weiter mit Waffen. So könnte der Krieg noch eine ganze Weile dauern und viele Menschenleben kosten. Prominente um die Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer haben in der vergangenen Woche einen offenen Brief geschrieben, in dem sie sich gegen die Lieferung von schweren Waffen aussprechen und auf Friedensverhandlungen drängen.

Wolfgang Merkel befürchtet Eskalation Putins

Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel ist gegen die Waffenlieferugen.
Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel ist gegen die Waffenlieferugen. bild: screenshot ard

Einer der Unterzeichner war Wolfgang Merkel. "Wir müssen mit sehr vielen Toten rechnen. Uns steht ein langer, blutiger Krieg bevor. Kann man dann sagen: alles auf Waffen konzentrieren und nicht mehr politisch denken?", fragt er und ist damit natürlich der Meinung, dass die politische Lösung die bessere wäre.

"Wie viele Tote können wir uns leisten, bis es zu einem Waffenstillstand kommt? Wie lange soll der Krieg noch dauern?"
Wolfgang Merkel

Und er hat auch noch eine weitere Befürchtung: "Ein Putin, der vollkommen sein Gesicht verliert, steht mit dem Rücken zur Wand – dann können noch ganz andere Katastrophen geschehen." Wobei er später selbst zustimmt, dass es allein Sache der Ukraine sei, wie lang sie sich verteidigen kann und will. Eine Idee, wie Wladimir Putin an den Verhandlugstisch bekommt, liefert Merkel leider nicht.

Michael Roth, SPD-Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, ist sich deshalb auch ganz sicher, dass eine weitere kriegerische und westliche Waffenunterstützung für die Ukraine nötig ist. "Wenn die Ukraine fällt, geht das morgen weiter." Er meint damit, dass Putin weitere Staaten annektieren würde. "Überall hat Russland seine Finger mit im Spiel und erkennt nicht die Souveränität von Staaten an." Er findet: "Wir machen uns zu viele Gedanken um Putin und zu wenige um das Überleben der Ukraine."

Militärexpertin: Russland will nicht verhandeln

Im Einzelgespräch klärt Claudia Major einige Fragen zu Atomwaffen.
Im Einzelgespräch klärt Claudia Major einige Fragen zu Atomwaffen.bild: screenshot ard

Auch Militärexpertin Claudia Major sieht Bemühungen um Verhandlungen derzeit chancenlos. Die Ukraine werde keinen Frieden erleben, selbst, wenn die Waffen nicht mehr eingesetzt werden, aber Gebiete von russischen Truppen besetzt sind. Man habe ja gesehen, wie die russischen Truppen in der Besatzung mit den Ukrainern umgehen.

"Die Ukraine hat die Wahl zwischen Krieg und Vernichtung oder Unterwerfung."
Claudia Major

Sie glaubt auch nicht, das Russland derzeit überhaupt ein ehrliches Interesse an Verhandlungen habe. Die Russen würden nach dem Motto handeln: "Wir sind hier um zu bleiben, wir schaffen Fakten auf dem Boden, weil wir glauben, dass die Ukraine kein Existenzrecht hat." Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte weitreichende Zugeständnisse in Aussicht gestellt, doch die Verhandlungen wurden nach den von russischen Truppen verübten Massakern nicht fortgeführt. Es müsse der Ukraine nun gelingen, möglichst viele Gebiete zurückzuerobern, damit sie bei irgendwann stattfindenden Friedensgesprächen eine starke Verhandlungsposition hat.

"Es gibt keinen roten Knopf"

Für ein Gespräch über Atomwaffen löst sich Plasberg mit ihr aus der Runde und geht an den Einzeltisch. Da geht es um Fragen wie: Was will Putin damit bewirken, dass er bei der Siegesparade Atomwaffen präsentiert? Major weist darauf hin, dass dies neben dem offensichtlichen Wink in Richtung Westen auch ein Zeichen der Stärke an die eigene Bevölkerung ist, nach dem Motto: "Wir können auch atomar eskalieren."

Doch Major sieht keinerlei akute Gefahr: Putin drohe zwar, aber sein Außenminister fange diese Drohungen danach sprachlich wieder ein. Für sie ist es ein rhetorisches Schauspiel, um Eindruck zu machen. "Sie fürchten eine nukleare Eskalation genau wie wir." Und so ein Atomangriff sei auch keine Kurzschlussreaktion. "Es gibt keinen roten Knopf, auf den man einfach drauf drücken könnte."

In Russland gibt es ein Drei-Koffer-System. Putin, sein Generalstabschef und der Verteidigungsminister haben einen Koffer mit den Zünd-Codes. Russlands Präsident allein kann nicht den Einsatz von Atomwaffen anordnen. Die Droh-Gesten der Russen seien gezielt in Richtung USA und Nato gerichtet als Zeichen: "Mischt euch nicht ein." Und die hielten ich ja auch, bis auf die Waffenlieferungen, raus.

Man dürfe nicht einfach die russischen Narrative vom Dritten Weltkrieg übernehmen. "Natürlich gibt es eine Angst, die haben wir alle, aber der Mechanismus zielt genau drauf." Darum plädiert sie zwar für Vorsicht, aber trotzdem auch dafür, weiter zu agieren, statt den Kopf in den Sand zu stecken. "Wenn wir in Panik verfallen, machen wir de facto genau das, was Russland will."

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