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Wegen Dreadlocks: Fridays for Future lädt Musikerin wieder aus

Ronja Maltzahn darf nicht beim globalen Klima- und Friedensstreik in Hannover auftreten, weil sie weiße Dreadlocks hat.
Ronja Maltzahn darf nicht beim globalen Klima- und Friedensstreik in Hannover auftreten, weil sie weiße Dreadlocks hat.screenshot/instagram/ronjamaltzahn
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Wegen ihrer Haare: Fridays for Future lädt Musikerin wieder aus

23.03.2022, 18:10
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Am Freitag steht der globale Klima- und Friedensstreik der Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" (FFF) an. In zahlreichen deutschen Städten werden dann Tausende Menschen auf die Straße gehen, um ihre Stimmen für besseren Klimaschutz und für Frieden in der Ukraine zu erheben. Auch in Hannover. Hier sollte ursprünglich auch die Musikerin Ronja Maltzahn auftreten. Doch die junge Frau wurde kurzfristig ausgeladen – der Grund dafür macht viele Menschen sauer.

FFF Hannover hat den Auftritt abgesagt, weil Ronja Maltzahn als weiße Frau Dreadlocks trägt. Das hat die Künstlerin jetzt auf Instagram offenbart. "Weiße Menschen sollten keine Dreadlocks tragen", heißt es in der Nachricht, die FFF an Maltzahn schickte und die diese dann veröffentlichte. Die Klimaschützer nennen dafür einen Grund, der mittlerweile weithin bekannt sein dürfte, da er seit Jahren von Schwarzen Menschen weltweit genannt wird: Als weißer Mensch hätte die Künstlerin nicht die systematische Unterdrückung erlebt, die die Frisur symbolisiert.

Zum Hintergrund: Dreadlocks sind Filzsträhnen, die vor allem durch die Rastafari-Kultur an Popularität gewonnen haben – sie haben aber eine weitreichendere Geschichte: Sie galten unter anderem in Zeiten der Sklaverei als schwarzes Widerstandssymbol gegen die Unterdrückung durch Weiße. Noch heute haben sie Symbolkraft.

Maltzahn würde sich die Dreadlocks "kulturell aneignen" und das passe nicht zum "antikolonialistischen und antirassistischen Narrativ" der Veranstaltung, schreibt FFF. Eine Sprecherin der Bewegung hatte gegenüber der Zeitung "Neue Presse" die Echtheit der Nachricht bestätigt.

Ronja Maltzahn bedauert die Einstellung der Klimaschützer. "Wir hatten uns darauf gefreut, ein Zeichen für Frieden und gegen Diskriminierung mit unserer Musik setzen zu dürfen. Schade, dass wir aufgrund von äußerlichen Merkmalen davon ausgeschlossen werden", kommentiert sie die Absage.

Zu den Vorwürfen der kulturellen Aneignung schreibt die Sängerin: "Wir möchten keinen Menschen aufgrund von seiner/ihrer kulturellen Herkunft diskriminieren, sondern vielmehr kultureller Vielfalt eine Bühne geben, sie wertschätzen und zelebrieren."

FFF sieht das offenbar anders. Nur, wenn sich die Künstlerin dafür entscheiden sollte, ihre Dreadlocks abzuschneiden, dürfe sie auf die Bühne, heißt es in der Nachricht weiter.

In der Kommentarspalte zu Maltzahns Beitrag bei Instagram reagieren viele Menschen verärgert auf die Nachricht. "So ein Quatsch, wie kann eine Frisur 'kulturelle Aneignung' sein?", fragt auch TV-Moderator Kena Amoa, dessen Vater aus Ghana stammt. Auf Twitter werfen viele Menschen FFF Doppelmoral vor. Sie verweisen dabei auf die Klimaschutzaktivistin Carola Rackete, die als Weiße ebenfalls Dreadlocks trägt und schon mehrfach für Fridays for Future auftreten durfte.

Andere User machen sich über die Entscheidung von FFF lustig. Während das Ultimatum der Klimaschützer einen an die Show "Germanys Next Topmodel" erinnert, mutmaßt ein anderer, dass jetzt wohl auch ein berühmter "The Simpsons"-Charakter Hausverbot auf FFF-Demos haben dürfte.

Trotz der öffentlichen Kritik steht Fridays for Future weiterhin zu der strittigen Entscheidung. Eine Sprecherin ließ auf Anfrage von watson verlauten: "Wir wollen keinen Platz lassen für die Reproduktion von Diskriminierung und kultureller Aneignung." Für die Kurzfristigkeit und die Formulierung der Absage bittet die Hannover-Gruppe Ronja Maltzahn aber um Entschuldigung.

(nik)

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