
Flamingos sind rosa, weil sie über ihre Nahrung sogenannte Carotinoide aufnehmen.Bild: imago images/ Dreamstime
Urlaub & Freizeit
Im italienischen Po-Delta kämpfen Reisbauern gegen eine wachsende Flamingo-Population. Was für Tourist:innen ein Naturschauspiel ist, bedeutet für die Landwirte Ernteausfall, Nachtschichten und Verzweiflung.
31.05.2025, 13:2631.05.2025, 13:26
Abends ist der Himmel über Ferrera manchmal rosa. Doch statt der untergehenden Sonne lässt sich hier ein anderes Naturschauspiel beobachten. Eines, das für die Bevölkerung in der italienischen Region Emilia-Romagna nicht Gutes verheißt.
Während sich der Tag allmählich dem Ende neigt, werden die Reisbauern dieser Tage erst wach. Es knallt, es blitzt, es hupt. Die Landwirte, die Nacht für Nacht ihre Felder verteidigen wie Markus Söder den Fleischkonsum.
Die Flamingos, eigentlich Touristenattraktion, haben sich zur Plage entwickelt.
In Norditalien treiben Flamingos ihr Unwesen
"Wir haben 80 Prozent der Ernte verloren", sagt Giampaolo Cenacchi der Zeitung "Il Resto del Carlino". Er ist Reisbauer, Vizepräsident des Reiskonsortiums im Po-Delta und regionaler Vorsitzender der Reisbauer beim Bauernverband Confagricoltura.
Was man bei den Tieren für ein Schauspiel halten mag, und das tun viele Tourist:innen, ist für ihn existenzbedrohend. "Hier sind wir es, die vom Aussterben bedroht sind. Wir, die seit Generationen diese Kultur verteidigen."
Schlaf sei zur Nebensache geworden. "Wir wachen", sagt Cenacchi. Er und seine Kollegen haben sich organisiert. Wenn sie sehen, wie die rosa Wolke am Himmel dichter wird, springen sie in ihre Autos, hupen, feuern mit Schreckschusspistolen, leuchten mit Fernlicht auf die zarten Reispflanzen.
"Wir patrouillieren nachts oder frühmorgens, stehen um fünf auf. Das Ziel ist, möglichst viel Lärm zu machen, damit sie aufsteigen und verschwinden."
Aber wenn die Quälgeister verschwinden, landen sie nicht selten im nächsten Feld, und der Kreislauf beginnt von vorn. "Gerade deshalb haben wir uns zusammengeschlossen, um all unsere Reisfelder zu verteidigen", sagt Cenacchi.
Urlaub in Italien: Reis oder Touristen?
Die Flamingos fressen Muscheln, Insekten und kleine Krebstiere. Das Problem ist: Auf Nahrungssuche pflügen sie den Boden um. Für Reispflanzen ist das eine Katastrophe. "Eine Verwüstung", ergänzt Cenacchi. "Die Flamingos sind der letzte Tropfen nach Dürre und Starkregen."
In den vergangenen Jahren hatten die Landwirte mit extremen Wetterereignissen zu kämpfen. Auf anhaltende Trockenphasen folgten schwere Niederschläge, die lokal zu Überschwemmungen führten. Saatgut wurde weggeschwemmt oder begann zu faulen, Böden verdichteten sich, Ertrag viel aus. Und nun also auch noch Flamingos.
Um die Plage loszuwerden, kommen mittlerweile sogar Knallkanonen zum Einsatz. Die führen allerdings zum nächsten Problem und legen den Zielkonflikt der Flamingo-Causa offen: Anwohner:innen beschweren sich wegen des Lärms. Und manche sind schlicht auf die Anwesenheit der Flamingos angewiesen.
"Wir stehen vor einer Dichotomie", sagt Claudia Guidi, Vizepräsidentin des Bauernverbands Confagricoltura Ferrara. "Auf der einen Seite die Bauern, auf der anderen eine Tierart und der Tourismus."
Die Flamingos seien ein Naturschauspiel, ihr Rosa im Delta eine Magie, die Tausende anzieht. Für Guidi steht fest: "Beide Welten müssen geschützt werden."
Im Flugzeug heißt es für die meisten: abschalten. Wer in der Crew an Bord arbeitet, muss allerdings immer ein offenes Auge und Ohr haben. Eine Flugbegleiterin berichtet, was sie in ihrem Job alles erlebt.
Dass die Freiheit über den Wolken wohl grenzenlos sein muss, davon hat man schon in den 1970er Jahren geträumt (wahrscheinlich auch schon früher, aber damals hat es mit Reinhard Mey dann mal jemand angesprochen).