
In das Dorf Sirmione am Gardasee kommen pro Jahr über 1,3 Millionen Tourist:innen.Bild: imago images / Depositphotos
Leben
Ob Barcelona, Venedig oder Dubrovnik – beliebte Reiseziele erleben seit Jahren einen regelrechten Besucheransturm. Doch so manch kleines Dorf muss sich noch viel mehr schützen als die Großstädte. Am Gardasee wird nun auf geschultes Personal gesetzt.
16.06.2025, 11:3716.06.2025, 11:37
Städte ächzen, Strände platzen aus allen Nähten und in so manchem Altstadtgässchen kommt eher Festival-Gefühl statt Urlaubs-Sorglosigkeit auf: Der Massentourismus hat Europa fest im Griff.
Nach dem pandemiebedingten Einbruch hat der Tourismus nicht nur wieder Fahrt aufgenommen, sondern vielerorts neue Rekorde erreicht. Günstige Flüge, Instagram-Hotspots und Kreuzfahrtschiffe tun ihr Übriges.
Für viele Gemeinden bringt das Geld in die Kassen – aber auch Lärm, Müll und Frust bei den Einheimischen. Immer mehr Städte suchen deshalb kreative Wege, um die Touristenströme in den Griff zu bekommen, ohne gleich alle Türen zuzuschlagen.
Vom Eintrittsgeld bis zur Besucher-App ist alles dabei. Und manchmal reicht vielleicht schon ein Lächeln in Gelb – wie im italienischen Sirmione.
Urlaub in Italien: Gardasee-Ort setzt Touristen-Lotsen ein
Im italienischen Touristenort Sirmione setzt man gegen den Massentourismus jetzt auf ein ungewöhnlich charmantes Mittel: sogenannte "Street Tutors".
In knallgelben Westen mit dem Aufdruck "Keep calm and enjoy" lenken sie durch die engen Gassen der Altstadt – idealerweise mit einem Lächeln auf den Lippen. "Auf diese Weise erhalten wir Ergebnisse", erklärt Claudia Pagani, die selbst als Lotsin arbeitet, der britischen Zeitung "Guardian".
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Der Auftrag Paganis und ihrer Kolleg:innen: Gäste freundlich daran erinnern, sich ordentlich zu verhalten. Darunter fällt etwa, nicht mitten im Weg stehenzubleiben, nicht oberkörperfrei herumzulaufen und die historischen Straßen nicht zur Picknick-Zone zu machen.
Statt Verbote zu brüllen, setzt Sirmione mit seinen Lots:innen auf persönliche Ansprache und eine "menschliche Note", wie Bürgermeisterin Luisa Lavelli es demnach bezeichnet. Ein bewusster Kontrast zur harten Gangart in Städten wie Venedig, wo Tourist:innen mittlerweile häufig Eintritt zahlen müssen. Auch darüber hatten Politik und Wirtschaft in Sirmione nachgedacht, sich dann aber doch dagegen entschieden.
Ein Einheimischer machte gegenüber dem "Guardian" aber noch einen weiteren Vorschlag: "Die Einfahrt nach Sirmione sollte für Autos völlig verboten werden." Das "Hauptproblem" seien die Autos, die "reiche Leute" an Hotels absetzen – "weil sie nicht 10 Minuten zu Fuß gehen wollen".
Massentourismus: Proteste auf Mallorca und in Barcelona
Besonders an Feiertagen wird es im idyllischen Dorf Sirmione mit seiner einzigartigen Wasserburg eng: Zuletzt dauerte es bis zu 40 Minuten, um die kleine Brücke zur Altstadt zu überqueren. Videos der Menschenmassen verbreiteten sich rasend schnell in sozialen Netzwerken – und mit ihnen die Kritik. Sirmione zählt gerade einmal 200 Einwohner:innen, wird aber jedes Jahr von über 1,3 Millionen Tourist:innen überrannt – Tagesausflügler:innen sind dabei noch nicht einmal mitgerechnet.
Mittlerweile formiert sich in vielen Touri-Hotspots in Südeuropa wie dem kleinen Dorf Sirmione am Gardasee, aber auch in Großstädten wie Barcelona, immer größerer Protest gegen den Massentourismus. Erst am Sonntag gab es parallele Demonstrationen in vielen Städten in Italien, Spanien und Portugal.
Allein rund 8000 Menschen zogen laut Polizei am Abend durch Mallorcas Inselhauptstadt Palma. In Barcelona demonstrierten hunderte Menschen und ärgerten Besucher:innen mit Wasserpistolen.
Die Probleme sind überall ähnlich: Unter anderem der Wohnungsmarkt verschärft sich durch den Zulauf an Tourist:innen vielerorts massiv. Wichtiger Wohnraum wird durch Ferienwohnungen und Airbnbs blockiert und die Mietpreise steigen rasant in die Höhe – von der Lautstärke und dem zusätzlichen Müllaufkommen in den Touri-Hochburgen ganz zu schweigen.
In Palma schrieben Menschen daher unter anderem "Wer Mallorca liebt, zerstört es nicht!" auf ihre Plakate, "Massentourismus tötet die Stadt" war etwa in Barcelona zu lesen.
(mit Material der dpa)
Mallorca im Jahr 2050: Kein Platz mehr am Strand, überlastete Kläranlagen, Touri-Drohnen am Pool. Der neue Umweltbericht warnt. Wenn jetzt nichts passiert, erstickt die Insel an ihrem eigenen Erfolg.
Urlaub auf Mallorca im Sommer 2050 könnte ein dystopisches Bild abgeben. Die Sonne ballert wie eh und je über die Playa de Palma, aber Schattenplätze sind inzwischen so begehrt wie Festival-Tickets im Vorverkauf. Am Strand drängeln sich die Handtuchbesetzer, Sonnenschirme stehen so eng wie Regenschirme im Londoner Dauerregen. Über den Hotelpools schwirren Drohnen, die Cocktails und Sonnencreme liefern.